FRANKFURT (ODER). Heimatforscher und Vertreter der Kriegsgräberfürsorge
haben auf einem brachliegenden Grundstück in Frankfurt (Oder) ein bisher
unbekanntes Massengrab entdeckt. Darin liegen nach Angaben von Heinz-Dieter
Walter, dem Sprecher der Stadt Frankfurt (Oder), die sterblichen Überreste
von mehr als 1 300 deutschen Soldaten. Jene Soldaten waren in den Jahren
1945 bis 1950 während ihres Rücktransportes aus sowjetischer
Kriegsgefangenschaft zu Tode gekommen oder im Auffanglager Frankfurt (Oder)
gestorben. Jenes Lager war seinerzeit vom sowjetischen Geheimdienst NKWD
betrieben worden. “Fast 1,9 Millionen Heimkehrer aus sowjetischer
Kriegsgefangenschaft sind in jenen Jahren durch Frankfurt geschleust
worden”, sagte Walter der Berliner Zeitung.
Die toten Heimkehrer sind damals in Massengräbern verscharrt worden. Später
diente das Gelände als kommunaler Friedhof. Als dieser Friedhof Anfang der
70er-Jahre aufgegeben werden sollte, haben die Verantwortlichen die
sterblichen Überreste dieser Menschen nicht auf den Frankfurter
Hauptfriedhof umgebettet. “Die Gebeine von mehr als 1 300 Soldaten sind bei
der Umbettung im Jahr 1973 offenbar nicht berücksichtigt worden”, sagte
Walter. Rolf Hübner vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und der
Heimatforscher Joachim Schneider gehen laut einem Bericht der “Bild am
Sonntag” davon aus, dass bei der Umbettung zu DDR-Zeiten mindestens 1 377
sterbliche Überreste von Soldaten einfach in den Massengräbern liegen
gelassen worden sind. “Aber auch bei den sterblichen Überresten, die
seinerzeit umgebettet worden sind, geschah das offenbar nicht vollständig”,
präzisierte Walter am Sonntag. Laut einem Forschungsbericht soll nämlich
häufig nur der Schädel umgebettet worden sein.
Unfassbar: Als Mitte der 90er-Jahre im Auftrag einer Hamburger Firma
Kanalarbeiten auf dem Gelände vorgenommen wurden, sollen Bauarbeiter nach
städtischen Angaben vom Sonntag menschliche Gebeine gefunden haben. Anstatt
aber die Behörden zu informieren, seien die Arbeiten in der Nähe des
Polizeipräsidiums einfach eingestellt worden.
Offen ist, was nun geschehen soll: Nach ersten Plänen der Stadt sollen die
Toten dort erst einmal weiter ruhen. “Erst wenn dort gebaut werden sollte,
werden die sterblichen Überreste umgebettet”, sagte Stadtsprecher Walter.
Allerdings rechnet man mit neuerlichen Suchaufträgen von Hinterbliebenen.
Denn noch immer gelten in Deutschland 1,3 Millionen Menschen als
kriegsvermisst. Zudem könnte die Brache, wo das Massengrab entdeckt wurde,
völkerrechtlich nun als Kriegsgräberstätte gelten. Solche Orte müssten dann
als Kriegsgräberstätte gepflegt werden. Das Potsdamer Innenministerium
stellte inzwischen für eine mögliche Umbettung Geld in Aussicht.