POTSDAM Im V‑Mann-Streit erhält Brandenburgs Innenminister Schönbohm nun Schützenhilfe von Justizministerin Barbara Richstein (beide CDU). Die Ressortchefin hat Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg offenbar untersagt, sich in der Angelegenheit öffentlich zu äußern. “Es besteht eine Vereinbarung mit dem Ministerium, dass von hieraus zunächst keine weiteren Verlautbarungen erfolgen”, erklärte der Sprecher des Generalstaatsanwalts gestern. “Das ist ein Maulkorb”, übersetzte der Vorsitzende des Brandenburger Richterbundes, Wolf Kahl, die diplomatisch gesetzten Worte.
Das Justizministerium will offenkundig verhindern, dass der Rechtsauffassung des Innenministeriums widersprochen wird. Schönbohms Juristen erklären, einem Spitzel seien Straftaten erlaubt, um sich vor Enttarnung zu schützen. Dagegen hatte Rautenberg betont, V‑Männer dürften ohne Ausnahme keine Straftat begehen. Gleichzeitig forderte er seine Amtskollegen zu einer Stellungnahme in der Rechtsfrage auf.
Von den 25 Generalstaatsanwälten in Deutschland haben sich nach Information der MAZ inzwischen fast alle geäußert — dem Vernehmen nach alle in Rautenbergs Sinn.
Das Potsdamer Justizministerium hat offensichtlich keine Haltung zu diesem Problem. “Wir kennen noch nicht alle Stellungnahmen der Generalstaatsanwälte”, hieß es als Antwort auf die Frage nach der Rechtsauffassung des Hauses. Vermutlich will das Ministerium die Tagung der Generalstaatsanwälte beim Generalstaatsanwalt in Karlsruhe in der nächsten Woche abwarten. Dort stehe das Problem von V‑Mann-Straftaten auf der Tagesordnung, so Sprecherin Frauke-Katrin Scheuten.
Der Prozess vor dem Berliner Landgericht gegen den ehemaligen V‑Mann Toni S. sorgt für neue Verstimmungen zwischen Berlin und Potsdam. Zwar wollte Innenminister Jörg Schönbohm gestern den Begriff “Schauprozess” nicht auf das Verfahren gemünzt wissen, wie er im Potsdamer Landtag betonte. Diese Äußerung sei “falsch”. Doch habe der Prozess “möglicherweise eine politische Dimension”.
Zugleich kritisierte der Minister die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert (SPD). Er warf ihr vor, seine Behörde nicht offiziell zu dem Prozess eingeladen zu haben.
Der Verfassungsschutz habe erst von den Aktivitäten des Ex-V-Manns Kenntnis erhalten, als die CDs “Noten des Hasses” schon produziert gewesen seien, sagte der Minister. Die Behörde sei dann nicht eingeschritten, weil die Vertriebswege aufgeklärt werden sollten. Er räumte ein, dafür habe sich der Verfassungsschutz in “Grenzbereiche” begeben.