Vor zwei Wochen schändeten Unbekannte in Oranienburg eine Gedenktafel für den Todesmarsch. Am Freitag nun verübten zwei Rechtsradikale in der Gedenkstätte Sachsenhausen einen Anschlag und wurden von der Polizei gestellt. Mit dem Gedenkstättenleiter Günter Morsch sprach MAZ-Volontär Welf Grombacher über die Anschläge.
Die Täter schmierten ein Hakenkreuz in das Gästebuch?
Günter Morsch: Das ist kein Gästebuch im üblichen Sinn. Wir haben in der bereits 1992 durch einen antisemitischen Brandanschlag teilweise zerstörten Baracke ein ” Besucherbord” eingerichtet. Da können die Menschen ihre Gedanken auf einen Zettel schreiben und diesen dann an eine Wand stecken. Hier sagen die Besucher konkret ihre Meinung über das Museum und es kommt zu regelrechten Dialogen.
Deshalb entdeckte die Aufsicht auch sofort die Schmiererei und konnte umgehend die Polizei alarmieren?
Morsch: Ja, unsere Angestellten sind dazu angehalten, die Wand regelmäßig zu kontrollieren. Aufgrund der Hinweise unserer Mitarbeiterin konnte die Polizei die beiden Täter noch auf dem Gedenkstättengelände festnehmen.
Gehen Sie davon aus, dass es sich bei den Anschlägen in Oranienburg um organisierte Propagandadelikte handelt?
Morsch: Bei einem großen Teil dieser Taten handelt es sich sicherlich um spontane Aktionen. Doch die Häufung bestimmter Formen rechtsradikal-motivierter Delikte in diesem Jahr lässt uns befürchten, dass zumindest einige der rechtsextremistischen Anschläge längerfristig geplant waren oder vielleicht sogar in einem Zusammenhang stehen. So sind die Täter extra aus Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern angereist.
Hat es denn noch mehrere Anschläge in der Region gegeben?
Morsch: Das ging Anfang des Jahres mit der Zerstörung der Gedenktafel in Raben-Steinfeld los und kam sukzessive immer näher an Oranienburg heran. Der Gedenkstein in Wöbbelin wurde im März, die Mahnsäule in Below im September verwüstet. Der vorläufige Höhepunkt war der Brandanschlag auf das Museum des Todeslagers Anfang September. Schließlich folgten die Schändung der Todesmarschtafel in Oranienburg und die Hakenkreuzschmiererei auf dem Gedenkstättengelände am Jahrestag des Novemberpogrom. Eine Reihe von Anschlägen nimmt ihren Lauf, die sich von dem Endpunkt des Todesmarsches in Mecklenburg-Vorpommern bis zu seinem Ausgangspunkt hier in Sachsenhausen erstreckt. Das mag ja alles Zufall sein. Ich glaube allerdings nicht daran.
Gibt es ein Bekennerschreiben?
Morsch: Nein, gibt es nicht.
Welche Konsequenzen gibt es?
Morsch: Die Sicherheitsmaßnahmen wurden nach dem Brandanschlag auf das Todeslagermuseum in allen Gedenkstätten verstärkt.