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Mausefallen-Strategie

Zu den Hak­en des Konko­r­dats zwis­chen dem Land Bran­den­burg und dem Heili­gen Stuhl

Am 12. Novem­ber will das Land Bran­den­burg mit dem Heili­gen Stuhl ein Konko­r­dat unterze­ich­nen. Das Volk, der Sou­verän, weiß davon bis heute nichts. Eine öffentliche Diskus­sion scheint die Lan­desregierung nicht zu wollen. Der Ver­trag­s­text ist auf den Inter­net­seit­en des Lan­des nicht zu find­en und auch auf Anfrage nicht ein­fach erhältlich. jW hat deshalb einen Fach­mann gesucht, der den Ver­tragsen­twurf kri­tisch gele­sen hat und unseren Leser vorstellt. Johannes Neu­mann ist emer­i­tiert­er Pro­fes­sor für Rechts- und Reli­gion­ssozi­olo­gie und lehrte an der Uni­ver­sität Tübin­gen u.a. Staatskirchenrecht.

(Junge Welt, Johannes Neu­mann) Neun Jahre nach dem Ver­trag zwis­chen dem Land Bran­den­burg und den evan­ge­lis­chen Lan­deskirchen in Bran­den­burg vom 8. Novem­ber 1996 will das Land mit dem Hl. Stuhl als Repräsen­tan­ten der Katholis­chen Kirche einen inter­na­tionalen Ver­trag, ein soge­nan­ntes Konko­r­dat, schließen. Man darf spekulieren, was Rom ver­an­laßt hat, so lange mit dem Abschluß zu warten.

Wer den Entwurf für den Ver­trag des Lan­des Bran­den­burg mit dem Hl. Stuhl nur flüchtig liest, stellt zweier­lei fest: Er ist in weit­en Teilen fast wörtlich aus dem Ver­trag zwis­chen dem Land Bran­den­burg und den evan­ge­lis­chen Lan­deskirchen in Bran­den­burg von 1996 über­nom­men. Und er zitiert die ein­schlägi­gen kirchen­poli­tis­chen Pas­sagen aus dem Grundge­setz und der Lan­desver­fas­sung. Der ahnungslose Leser glaubt nun, es werde lediglich ohne­hin gel­tendes Recht zitiert, und er lehnt sich beruhigt zurück. 

Die schein­bar gerin­gen Abwe­ichun­gen dürften fol­gen­schw­er sein. 

Für drei Prozent der Bürger

Erste Merk­würdigkeit: Ein eigen­er (inter­na­tionaler) Ver­trag für drei Prozent der Bürger. 

Dabei ist zuerst zu fra­gen, warum es eigen­er Verträge bedarf, wenn bere­its alles geset­zlich geregelt ist. Anders als ein­fache Geset­ze, die geän­dert wer­den, wenn es die gesellschaftlichen und poli­tis­chen Umstände erfordern, besitzen solche Verträge eine stärkere Sta­bil­ität, da sie ohne Ver­tragsver­let­zung nicht ein­seit­ig verän­dert wer­den kön­nen. Die Kirchen­verträge und Konko­r­date sehen zudem eine »Fre­und­schaft­sklausel« vor (Art. 23). Darin verpflicht­en sich die Ver­tragsparteien, »Mei­n­ungsver­schieden­heit­en über die Ausle­gung oder Anwen­dung ein­er Bes­tim­mung dieses Ver­trages auf fre­und­schaftliche Weise« beizule­gen. Der Staat kann also diese Bes­tim­mungen nicht ein­seit­ig ändern, etwa wenn poli­tis­che Umwälzun­gen, demographis­che Verän­derun­gen oder höher­rangiges Recht es erfordern. Er sitzt in der Mause­falle: Sieht er sich genötigt, etwas zu ändern, ist er gezwun­gen zu ver­han­deln und sich gegebe­nen­falls freizukaufen. 

Dabei stellen die Bürg­er katholis­chen Glaubens im Land Bran­den­burg lediglich einen Anteil von etwa 3,2 Prozent der Gesamt­bevölkerung. Das sind rund 83000 Men­schen. Etwa 520000 sind Protes­tanten (25,5 Prozent), und die restlichen etwa 71,3 Prozent dürften zum größten Teil Nichtchris­ten sein. Nun kön­nte man sagen, ger­ade Min­der­heit­en brauchen einen beson­deren Schutz. 

Doch im Gegen­satz zu den 71 Prozent kon­fes­sionell Nicht­ge­bun­de­nen, deren Exis­tenz durch staatliche und kirch­liche Repräsen­tan­ten immer wieder beklagt wird, sichert der Staat in diesem Ver­trag der Kirche zu, »daß in den Pro­gram­men der öffentlich-rechtlichen Rund­funkanstal­ten die sit­tlichen und religiösen Überzeu­gun­gen der Bevölkerung geachtet wer­den.« (Art. 10 Abs. 1). Wenn hier von »der Bevölkerung« die Rede ist, dann sollte diese Achtung auch den 71 Prozent ent­ge­genge­bracht wer­den, die kein­er Kirche angehören. 

Schmähun­gen der kirch­lich nicht gebun­de­nen Mit­bürg­erin­nen und Mit­bürg­er sind fast täglich zu vernehmen. Etwa: Reli­gion­slosigkeit führe zu Unmen­schlichkeit; »Men­schen ohne Gott sind niedriger als Tiere«. »Wo Gott keine Rolle spielt, spielt nichts eine Rolle – auch nicht der Men­sch« (Kar­di­nal Wet­ter). Unbe­wiesene Behaup­tun­gen wie: »Die Gesellschaft braucht Reli­gion« gehören zum All­t­agsreper­toire der kirch­lichen Polemik­er. Ja, es wird noch weit­er aus­ge­holt: Alle Mißstände unser­er Gesellschaft wer­den auf eine Ursache zurück­ge­führt: auf die Got­t­losigkeit. Ohne christliche Reli­gion könne kein Gemein­wohl beste­hen; die herrschen­den Zustände wür­den zur Genüge bele­gen, daß alle weltliche Autorität aus ein­er höheren abgeleit­et wer­den müsse. Darum habe auch die Ver­fas­sung aus­drück­lich auf Gott Bezug zu nehmen. 

Ent­ge­gen allen empirischen Befun­den scheinen immer mehr Mei­n­ungs­mach­er diesen gebetsmüh­le­nar­tig wieder­holten Polemiken zu fol­gen. Obwohl manche dieser Schmähun­gen der nichtchristlichen Mehrheit oft­mals den Tatbe­stand der Volksver­het­zung erfüllen, tritt nie­mand von jenen, die wortre­ich für Frieden und Ver­söh­nung plädieren, diesen Ver­leum­dun­gen ent­ge­gen. Im Gegen­teil: So ängstigte sich schon vor Jahren der Altlib­erale Otto Graf Lamb­s­dorff, dessen Partei ein­st­mals recht kirchen­fern war, vor dem »spir­ituellen Loch«. »Wenn der Staat (…) die Kirchen her­auskom­pli­men­tiert, (…) wer (soll) dann für die ethis­che Erziehung im Lande zuständig sein?« Damit wird aus unverdächtiger Quelle gezeigt (Der Spiegel 52/1997, Archiv, online), wohin ein poli­tis­ches Gemein­we­sen gelangt, wenn es zen­trale Auf­gaben der Bil­dung und die Ver­mit­tlung von Werten und ethis­chen Nor­men an andere Insti­tu­tio­nen – näm­lich die Kirchen – delegiert: Die Kirchen waren für die »guten Sit­ten«, die Erziehung zu Gehor­sam und Arbeit­samkeit und für die Wohlfahrt­spflege zuständig. Der Staat beschränk­te sich aufs Zahlen. Jet­zt ist nicht nur das Geld knapp, son­dern auch das Ver­trauen flöten. Also müssen Verträge den unsicheren Grund sichern. 

Bekan­ntlich wurde jenes Fach, das allen Schü­lerin­nen und Schülern all­ge­me­ingültige Werte ver­mit­teln und damit zum Frieden in der ange­focht­e­nen Gesellschaft beitra­gen sollte (LER), mit kräftiger Hil­fe des Staates und der Kirchen destru­iert, weil die Kirchen um ihren Ein­fluß fürchteten. Für den all­seits beklagten »Ver­fall der Sit­ten« wer­den nicht bes­timmte ökonomis­che Inter­es­sen­grup­pen und soziale Schiefla­gen oder die Habgi­er und Rück­sicht­slosigkeit in den Eliten als (mit-)ursächlich aus­gemacht, son­dern »die Gottlosigkeit«. 

Priv­i­legien wie in Bayern

Zweite Merk­würdigkeit: Obwohl weite Teile des Preußis­chen Konko­r­dats von 1929 und des Reich­skonko­r­dats von 1933 keinen Sinn mehr machen, wird aus­drück­lich auf sie verwiesen. 

Durch das Konko­r­dat soll »die Recht­slage der Katholis­chen Kirche dauer­haft geregelt« wer­den (Präam­bel). Artikel 1 sichert das freie Beken­nt­nis und die Ausübung des katholis­chen Glaubens zu. Das ste­ht ähn­lich in der Ver­fas­sung und kommt ganz arg­los daher. Doch durch diese Ver­tragsregelung ste­hen – nach katholis­ch­er Lehre – dem Staat im Extrem­fall keine Ein­griff­s­möglichkeit­en zu. Er hat auf sie verzichtet und die katholis­che Morallehre als verbindlichen Maßstab für das Ver­hal­ten der Katho­liken anerkan­nt. Der Text des Konko­r­dats ist im katholis­chen Kon­text zu lesen und nicht in der gle­ichen Weise wie der Kirchen­ver­trag von 1996 zu ver­ste­hen. Die Katholis­che Kirche verpflichtet näm­lich die katholis­chen Poli­tik­er, Beamten und Par­la­men­tari­er, grundle­gende »Glaubenswahrheit­en« offen­siv zu vertreten, den recht­en Glauben zu schützen, Eheschei­dung, Abtrei­bung und Homo­sex­u­al­ität, wenn nicht zu ver­bi­eten, so doch wenig­stens zu erschwer
en u.a.

Dritte Merk­würdigkeit: Das Land »gewährt der Katholis­chen Kirche« umfassende Rechte bezüglich des Reli­gion­sun­ter­richts und betra­chtet das Bil­dungswe­sen der Katholis­chen Kirche »als Bestandteil des plu­ral­is­tis­chen Bildungssystems«. 

Die Katholis­che Kirche hat das Recht – also nicht etwa die Eltern der Schü­lerin­nen und Schülern, wie Art. 7 Grundge­setz es vor­sieht, – »in allen Schul­for­men und Schul­stufen in den Räu­men der öffentlich getra­ge­nen Schulen« auf regelmäßi­gen katholis­chen Reli­gion­sun­ter­richt, der in die ordentliche Unter­richt­szeit zu inte­gri­eren ist (Art. 4 Abs. 1). Dadurch erhält der katholis­che Reli­gion­sun­ter­richt eine Rechts­grund­lage, wie sie höch­stens noch in süd­deutschen Län­dern bekan­nt ist. 

Da der Reli­gion­sun­ter­richt in allen Schul­for­men und ‑stufen regelmäßig zu erteilen ist, wer­den auf den Staat hohe Kosten zukom­men, die direk­te Sub­ven­tio­nen für diese Min­der­heit darstellen. Weil für die Erteilung dieses Unter­richts eine »hin­re­ichende Aus­bil­dung« (Art. 4 Abs. 2) voraus­ge­set­zt ist, wird das Land auch dafür aufkom­men müssen. Schließlich wird im Schlußpro­tokoll bes­timmt, daß spätestens nach drei Jahren die derzeit­ige Hand­habung des Reli­gion­sun­ter­richts zu über­prüfen und gegebe­nen­falls gebotene Änderun­gen »per Noten­wech­sel« fest­gelegt werden. 

Auch das in Artikel 5 der Katholis­chen Kirche, ihren Ordens­ge­mein­schaften und Ein­rich­tun­gen zugesicherte »Recht, Hochschulen und Schulen in eigen­er Träger­schaft (…) sowie andere Aus‑, Fort- und Weit­er­bil­dung­sein­rich­tun­gen zu erricht­en und zu betreiben«, (Art. 5 Abs. 1) bekommt durch die Nen­nung in diesem Ver­trag eine beson­dere Recht­squal­ität. Da diese (pri­vat­en) Bil­dung­sein­rich­tun­gen nun ein anerkan­ntes »Recht« der Kirche sind, und die »Förderung aus öffentlichen Mit­teln« sich nach Lan­desrecht bes­timmt, wird der Staat – auch bei noch so leeren öffentlichen Kassen – diese Inter­essen der Kirche vor­rangig zu bedi­enen haben. Ein so hoch­pro­te­giertes kon­fes­sionelles Bil­dungssys­tem, das dadurch deut­lich monop­o­lis­tis­che Züge erhält, »als Bestandteil des plu­ral­is­tis­chen Bil­dungssys­tems« auszugeben (Art. 5 Abs. 2), kön­nte als scham­los beze­ich­net werden. 

Wenn auch die 71 Prozent kirch­lich nicht inter­essierte Men­schen nur zum Teil in human­is­tis­chen Weltan­schau­ungsver­bän­den organ­isiert sind, so ist es doch erstaunlich, mit welch­er Ver­bis­senheit die staatlichen Organe diesen bis heute die Erteilung eines ihnen entsprechen­den Leben­skun­de­un­ter­richts ver­wehren. Not­falls wird der Ver­weis auf die ver­tragliche Verpflich­tung diese Ungle­ichgewichtigkeit recht­fer­ti­gen und per­pe­tu­ieren. Wer wird es wagen, gegen einen inter­na­tionalen Ver­trag anzugehen? 

Geld­w­erte Vorteile

Vierte Merk­würdigkeit: Das Recht der Kirche, »im Sozial­bere­ich zu wirken und eigene Ein­rich­tun­gen zu unter­hal­ten«, wird anerkan­nt (Art. 7). 

Da die Katho­liken nur eine ver­gle­ich­sweise kleine Herde bilden, aber in manchen Sozial­bere­ichen ihren Anteil über­pro­por­tion­al aus­geweit­et haben, wird den Trägern »der Ein­rich­tun­gen, die dem Gemein­wohl dienende Auf­gaben erfüllen«, zugesichert, daß sie bei der Ver­gabe von För­der­mit­teln »in gle­ich­er Weise berück­sichtigt wer­den wie andere Träger, die ver­gle­ich­bare Leis­tun­gen erbrin­gen«. (Art. 7) Da die kar­i­ta­tive Arbeit das Image der Kirchen pos­i­tiv prägt, auch wenn nicht die Kirche, son­dern staatliche bzw. öffentliche Kos­ten­träger für Unter­halt und Durch­führung aufkom­men, macht es Sinn, sie hier aus­drück­lich zu erwäh­nen: Es kön­nte ja sein, daß der Katho­likenan­teil noch weit­er sinkt. Dank der Festschrei­bung in diesem Ver­trag behält die Kirche auch dann einen Recht­sanspruch auf Berück­sich­ti­gung im kar­i­ta­tiv­en Markt, wenn nie­mand mehr ihre religiösen Dien­ste nach­fra­gen würde. Ihr Recht­sanspruch auf Förderung bliebe bestehen. 

Fün­fte Merk­würdigkeit: »Kör­per­schaften des öffentlichen Rechts«. 

Es gehört zu den Blüten des deutschen staatskirch­lichen Sys­tems, daß die Kirchen durch die Über­nahme der Bes­tim­mung aus der Weimar­er Reichsver­fas­sung von 1919 »Kör­per­schaften des öffentlichen Rechts« bleiben (Art. 137 Abs. 5), obwohl sie im stren­gen Sinn nicht zur Staat­sor­gan­i­sa­tion gehören kön­nen. Kein noch so gelehrter Jurist ver­mag zu sagen, worin die juris­tisch-inhaltliche Begrün­dung für diese for­male Zuschrei­bung liegen kön­nte. Der Ver­trag set­zt noch eins drauf und stellt fest: »Ihr Dienst ist öffentlich­er Dienst eigen­er Art.« (Art. 11) Er unter­liegt nicht den staatlichen Nor­men für den öffentlichen Dienst, hat jedoch Anteil an seinen Prärog­a­tiv­en, etwa in ver­sicherungsrechtlichen Belan­gen eben­so wie in der Anrech­nung von Dien­stzeit­en. Was ein­mal Ent­ge­genkom­men des Staates in sat­ten Zeit­en war, wird jet­zt zum unver­lier­baren Recht. Im Schlußpro­tokoll (zu Art. 11) wer­den die dies­bezüglichen Einzel­heit­en festgelegt. 

Das bringt nicht wenige geld­w­erte Vorteile: Alle kirch­lichen Ein­rich­tun­gen, Kör­per­schaften und Stiftun­gen sind überdies von Gebühren aller Art befre­it (Art. 20). 

Sech­ste Merk­würdigkeit: Leis­tun­gen des Staates an die Kirche. 

Obwohl die Kirche gemäß Artikel 17 und 18 das Recht hat, nach Maß­gabe lan­desrechtlich­er Bes­tim­mungen durch die staatlichen Steuer­be­hör­den Kirchen­s­teuer und Kirchgeld zu erheben, zahlt das Land der Kirche für »Zwecke des Kirchen­reg­i­ments, der Pfar­rbesol­dung und ‑ver­sorgung« zusät­zlich 1000000 Euro jährlich; »erst­mals für das Jahr 2004«. (Art. 15 Abs. 1). »Nach fünf Jahren wer­den die Ver­tragsparteien eine Erhöhung (…) prüfen.« Es fällt auf, daß über­haupt nur eine Erhöhung ins Auge gefaßt wird. Außer­dem wer­den für den Unter­halt kirch­lich­er Gebäude jährlich weit­ere 100000 Euro zur Ver­fü­gung gestellt (Art. 15 Abs.2). Außer­dem zahlt das Land für die ehe­ma­lige Stift­skirche Neuzell einen jährlichen Betrag von 50 000 Euro und garantiert den baulichen Unter­halt (Art. 16 Abs. 1 und 2). 

Bei der »Pflege und der Erhal­tung der kirch­lichen Kul­tur­denkmale« wirken Staat und Kirche zusam­men (Art. 14 Abs. 1). »Das Land trägt zur Erhal­tung und Pflege der Denkmale nach Maß­gabe der Geset­ze und der ihm zur Ver­fü­gung ste­hen­den Haushaltsmit­tel bei.« (Art. 14 Abs. 4). 

Schließlich haben die staatlichen Melde­be­hör­den die Pflicht, »zwecks Ord­nung und Pflege des kirch­lichen Meldewe­sens« der »Katholis­chen Kirche die zur Erfül­lung ihrer Auf­gaben erforder­lichen Dat­en aus dem Meldereg­is­ter (zu) über­mit­teln.« Dabei sind solche Dat­en zu liefern, die nach staatlichem Recht die Zuge­hörigkeit zur Kirche begrün­den oder been­den. Auch diese Leis­tun­gen des Lan­des zugun­sten der Kirche erfol­gen »gebühren­frei« (Art. 21 Abs. 1 bis 4). 

Angesichts der gerin­gen Anzahl katholis­ch­er Gläu­bi­gen sind die staatlichen Zuschüsse für ein armes Land beträchtlich, zumal wenn die – hier nicht erwäh­n­ten – Kosten für den Reli­gion­sun­ter­richt und die Aus­bil­dung der Reli­gion­slehrer hinzugerech­net werden. 

Mis­sion­ierung

Es gibt noch weit­ere Merk­würdigkeit­en. Zur Pflege ihrer Beziehun­gen wer­den das Land und die Insti­tu­tio­nen der Katholis­chen Kirche »ständi­gen Kon­takt unter­hal­ten.« (Art. 22 Abs. 1) Vor der Regelung von Angele­gen­heit­en, »die bei­der­seit­ige Inter­essen berühren«, wer­den sie sich miteinan­der ins Benehmen set­zen. Bev
or das Land all­ge­meine Fra­gen regelt, die die Belange der katholis­chen Kirche berühren kön­nten«, wird die Kirche frühzeit­ig gehört. Zur rei­bungslosen gegen­seit­i­gen Infor­ma­tion bestellt die Katholis­che Kirche einen Beauf­tragten bei der Lan­desregierung (Art. 22 Abs. 3). 

Damit die Katholis­che Kirche in keinem Fall zu kurz kommt, verpflichtet sich das Land, für den Fall, daß es »anderen Reli­gion­s­ge­mein­schaften über diesen Ver­trag hin­aus­ge­hende Rechte und Leis­tun­gen« gewährt, gemein­sam mit der Kirche zu prüfen, »ob wegen des Gle­ich­be­hand­lungs­grund­satzes Änderun­gen« des Ver­trags notwendig wer­den. Da die Weltan­schau­ungs­ge­mein­schaften in diesem Kon­text nicht erwäh­nt wer­den, darf gefol­gert wer­den, daß das Land nicht vorhat, mit diesen irgendwelche Verträge abzuschließen. Dies­bezüglich scheint der Gle­ich­heits­grund­satz keine Rolle zu spielen. 

Pikant sind schließlich die Fes­tle­gun­gen im Schlußpro­tokoll (zu Artikel 8) bezüglich der Seel­sorge in Ein­rich­tun­gen (Bewohn­er, Patien­ten, Insassen). Wenn Katho­liken in ein­er solchen Ein­rich­tung sind, ist vom Vor­liegen eines Bedürfniss­es nach seel­sor­glich­er Betreu­ung auszuge­hen, es sei denn, eine Per­son lehnt dies ab. Eben­so wer­den die Per­son­alien der unterge­bracht­en Per­so­n­en an den zuständi­gen Seel­sorg­er nur dann nicht weit­ergegeben, wenn der Betrof­fene aus­drück­lich wider­spricht. Damit ist der Mis­sion am Ster­be­bett Tür und Tor geöffnet. 

Dieser Text kann nur dann richtig gewürdigt werden, 

– wenn man den total­en Anspruch der Katholis­chen Kirche über den Glauben ihrer Gläu­bi­gen richtig wertet: Allein die Hier­ar­chie entschei­det darüber, was eine »richtige« Gewis­sensentschei­dung ist. Auch im poli­tis­chen All­t­ags­geschäft hat der Katho­lik sich an die verbindlichen Grund­sätze der Kirche zu hal­ten, Regelun­gen, die die Kirche ablehnt, darf er nur zus­tim­men, wenn sie das »kleinere Übel« sind. 

– wenn man ernst nimmt, was im Ver­trag ste­ht. Wenn dort vom »Recht der Kirche« die Rede ist, dann ist das mit allen Rechts­fol­gen auch so gemeint. Und wo die Kirche Rechte hat, muß der Staat dafür aufkom­men. Nur dafür braucht die Kirche Konkordate. 

Die gut­gläu­bi­gen und mit den Inter­pre­ta­tion­s­gepflo­gen­heit­en der Römis­chen Kurie offen­bar nicht ver­traut­en Poli­tik­er in Bran­den­burg wer­den erst im Laufe der Zeit merken, welchen Ver­trag sie da geschlossen haben. Doch dann ist es zu spät: Pacta sunt ser­van­da – Verträge sind zu hal­ten; darauf wird der römis­che Ver­tragspart­ner beste­hen. Wie Bran­den­burgs Poli­tik­er diesen Ver­trag vor ihren kirchen­freien Wäh­lern recht­fer­ti­gen, bleibt abzuwarten. Wahrschein­lich ist die Poli­tikver­drossen­heit bere­its so groß, daß selb­st dieser merk­würdi­ge Ver­trag kein großes Auf­se­hen mehr erregt! – Oder?

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