Mehr rechtsextremistische Angriffe verzeichnet
86 Gewalttaten / 906 politisch motivierte Straftaten
POTSDAM (Frankfurter Rundschau) Die Zahl rechtsextremistischer tätlicher Angriffe gegen Personen ist voriges Jahr in Brandenburg auf 77 gestiegen, wie Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) am Mittwoch in Potsdam bekannt gab. Im Vorjahr waren 72 registriert worden. Die Gesamtzahl aller von Rechtsextremisten verübten Gewalttaten blieb mit 86 konstant. Nach einer jetzt bundeseinheitlichen Zählweise registrierten die Brandenburger Behörden 906 von Rechtsradikalen begangene politisch motivierte Straftaten. Auf Grund der neuen, von Schönbohm kritisierten Erfassungsmethode, ließen sich die Zahlen nicht mit denen aus vorangegangenen Jahren vergleichen, hieß es. “Wenn auf dem Klo der Grundschule ein Hakenkreuz an die Wand gemalt wird, ist das jetzt schon eine politisch motivierte Straftat”, sagte der Minister. Ihm zufolge gehören bis zu 600 Personen zum harten Kern der Neonazis. Die Polizei habe den Druck auf die rechte Szene erhöht, erklärte der Minister. In Brennpunkten wie Guben, Rathenow, Frankfurt an der Oder und Königs Wusterhausen seien Sondereinheiten für die Bekämpfung extremistischer Gewalt personell verstärkt worden. Linksextremisten verübten 2001 in dem Land 21 Gewalttaten, davon elf gegen Personen. 2000 waren 18 solche Gewalttaten dieser Art, davon vier gegen Personen, registriert worden. “Gewalt von links ist zurzeit das kleinere Problem”, so Schönbohm.
Innenminister hofft auf Trendwende
Rechte Gewalt ließ zum Jahresende nach
POTSDAM (MAZ/Schauka) Der Kampf gegen rechtsextremistische Straftäter in Brandenburg zeigt offenbar Erfolg. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) äußerte gestern die “Hoffnung” auf eine “Trendwende”, als er die “Jahresbilanz Extremismusbekämpfung 2001” in Potsdam vorstellte. Während im ersten Quartal 321 rechtsextreme Straftaten gezählt wurden, waren es in den letzten drei Monaten nur 139. Das entspricht im Jahresverlauf einem Rückgang von 56 Prozent. Die rechtsextremen Gewaltdelikte sanken im selben Zeitraum um 40 Prozent von 25 auf 15.
In der Gesamtbetrachtung des Jahres 2001 hat sich die mögliche Trendwende noch nicht niedergeschlagen. Wie im Jahr 2000 wurden erneut 86 rechtsextreme Gewaltstraftaten registriert, von denen sich 77 gegen Personen richteten (2000: 5). Die Aufklärungsquote liegt mit 75 Prozent etwa doppelt so hoch wie im Bereich der politisch unmotivierten Gewaltkriminalität, wie der Direktor des Landeskriminalamts, Axel Lüdders, sagte.
Scheinbar sprunghaft angestiegen ist die Gesamtzahl der rechtsextremen Propagandadelikte. 820 Fälle wurden gezählt (2000: 293). Nach einhelliger Expertenmeinung ist dieser Zuwachs darauf zurückzuführen, dass politisch motivierte Straftaten 2001 bundesweit erstmals nach neuen Kriterien erfasst wurden. Seither gilt jedes, auch ein unbedacht hingeschmiertes Hakenkreuz pauschal als politisch motiviert.
Nach Schönbohms Einschätzung bleibt die Bekämpfung des Rechtsextremismus “die größte Herausforderung”. Der Minister machte deutlich, dass der enorme Verfolgungs- und Einschüchterungsdruck der Polizei auf die Szene im vergangenen Jahr ein Maß erreicht hat, das nicht mehr zu steigern ist. “Mit den Mitteln des Rechtsstaats und der Repression sind wir am Anschlag”, so Schönbohm. Allerdings werde auch künftig “mit Repression auf hohem Niveau” fortgefahren. Der gewaltbereite Kern innerhalb der rechtsextremen Szene umfasst laut Schönbohm nach wie vor 500 bis 600 Personen. Die Zahl ist seit Jahren relativ stabil.
Während sich in Brandenburg die Zahl rechtsextremer Straftaten auf hohem Niveau stabilisiert hat, sprechen die Innenministerien von Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern nach MAZ-Recherchen von einem Rückgang. Nach Auskunft von LKA-Chef Lüdders ist jedoch zu beobachten, dass nicht alle Länder die neuen, bundesweit verbindlichen Kriterien zur Erfassung politisch motivierter Delikte so konsequent anwenden wie Brandenburg. “Wenn das Ziel der neuen Kriterien war, eine bessere Vergleichbarkeit der Delikte unter den Ländern herzustellen, dann ist dieses Ziel gescheitert”, sagte Lüdders gegenüber der MAZ.
Ein Randproblem stellt weiterhin die linksextrem motivierte Kriminalität in Brandenburg dar. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 69 Straftaten registriert. Davon waren 48 Propaganda- und 21 Gewaltstraftaten (2000: 18). Von diesen 21 richteten sich 11 (2000: 4) gegen Personen. In der Regel handelte es sich dabei um gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der linksextremen mit der rechtsextremen Szene.