Die rechtsradikale DVU hatte bei der Landtagswahl im September in Lübben und
im Umland rund acht Prozent der Stimmen erhalten. Mit dem Soldatenfriedhof
in Halbe gibt es im Dahme-Spreewald-Kreis ein potenzielles rechtsradikales
Aufmarschgebiet, das besonders zum Volkstrauertag ins Blickfeld rückt. Beide
Ereignisse — Wahl und Volkstrauertag — waren Anlass für die RUNDSCHAU, bei
der Polizei nachzufragen, in welchem Maße Straftaten von Neo-Nazis im Kreis
eine Rolle spielen.
Es gibt nichts im Zusammenhang mit Rechtsradikalen, was sich als harmlos
einstufen lässt. Weder «Heil-Hitler» ‑Rufe oder das Hören
ausländerfeindlicher Musik, noch das Anbringen von Aufklebern oder das
Beschmieren von Wänden mit Hakenkreuzen. Immerhin steckt dahinter eine — wie
auch immer gefestigte — politische Anschauung mit einem gefährlichen Kern.
Das ist aus Gesprächen mit denen heraus zu hören, die sich mit Jugendlichen
und deren Ansichten beschäftigen.
Daneben gibt es die Dinge, die in einer Stadt wahrgenommen werden. Das sind
die nach außen sichtbar ihre Überzeugung tragenden jungen Menschen, die oft
in Gruppen auftreten. Das sind die Schmierereien und Aufkleber. In einer vom
Kreispräventionsrat initiierten Studie sind insbesondere diese Aspekte
aufgelistet worden, ergänzt durch Einschätzungen von Bürgern. Neben den
«Bauch» ‑Gefühlen über eine rechtsradikale Bedrohung gibt es objektive
Kriterien, die zumindest eine Aussage darüber geben, wie aktiv in bestimmten
Bereichen Rechtsradikale sind.
Im Gespräch mit dem Ersten Kriminalhauptkommissar Gert Ihlau vom
Kommissariat Jugend/Tomeg/Mega (Mega ist die Mobile Einsatzeinheit gegen
Gewalt und Ausländerfeindlichkeit, Tomeg sind Täter orientierte Maßnahmen
gegen extremistische Gewalt) erfuhr die RUNDSCHAU, was die rechtsradikale
Szene im Laufe eines Jahres an Straftaten begeht, wobei in dieser Übersicht
nicht die Gewalttaten aufgeführt sind.
Rechte «Kloppereien»
Diese Straftaten fallen in den Deliktbereich Körperverletzungen und kommen
besonders häufig im Nordkreis zwischen rivalisierenden Jugendgruppen
(Rechtsradikale kontra Aussiedler) vor. Das seien «Machtkämpfe» , in denen
jeder sein Territorium verteidige, so Ihlau. Im Südbereich gebe es diese
Konflikte deutlich weniger. Sie kämen schon mal als «Kloppereien von
Rechten» in Walddrehna vor, bestätigte Heinz Radan, Kriminalhauptkommissar
in Lübben.
Erfasst werden in der Übersicht der so genannten Staatsschutzdelikte
insbesondere das Tragen von verbotenen Abzeichen, das Verbreiten von
rechtsradikalem Gedankengut (so weit es durch das Gesetz verboten ist), der
«Heil-Hitler» ‑Gruß sowie das Aufkleben oder Aufsprühen von Hakenkreuzen.
Gerade diese Schmierereien hatte Lübben Mitte August stark zu spüren
bekommen, als an sehr markanten touristischen Punkten, darunter Brücken,
Hakenkreuze gespüht worden waren. Auch war ein Handwerksbetrieb in der
Kreisstadt teilweise verwüstet, waren Wände der Firma mit Hakenkreuzen
beschmiert worden.
In diesem Jahr, geht aus den von der Polizei zwischen Januar und September
erfassten Zahlen hervor, gab es im Schutzbereich Dahme-Spreewald insgesamt
87 Staatsschutzdelikte mit durchweg rechtsradikalem Hintergrund, von denen
46 aufgeklärt wurden. 68 Tatverdächtige waren Deutsche, einer Ausländer. Mit
etwa einem Drittel ist Lübben an den Straftaten beteiligt. Hier wurden 27
Staatsschutzdelikte erfasst, 16 aufgeklärt. Alle 17 Tatverdächtigen waren
Deutsche. Im Vergleich zum Vorjahr hat es eine deutliche Steigerung bei den
Straftaten selbst und bei der Aufklärung gegeben. Im Bereich des Altkreises
Lübben etwa wurden zwischen Januar und September 2003 zwölf Straftaten
erfasst, drei aufgeklärt, 16 Tatverdächtige ermittelt. Im gesamten Kreis
waren es vor einem Jahr 58 Straftaten, 22 von denen wurden aufgeklärt und 61
Tatverdächtige ermittelt.
Auffallend ist, dass die Straftaten zum allergrößten Teil von Jugendlichen
im Alter zwischen 15 und 21 Jahren begangen werden. Bei jüngeren
Verdächtigen ist die Zahl recht klein, auch ältere Tatverdächtige gibt es
deutlich seltener. Ob eine Straftat politisch motiviert sei (es gab fünf
linksradikale Straftaten vor einem Jahr) oder nicht, werde vom
Landeskriminalamt festgelegt, sagte Ihlau.
Aufmarsch für Halbe angemeldet
Zunächst keine Straftaten, aber rechtsradikales Engagement, sind die
alljährlich zum Volkstrauertag angemeldeten Aufmärsche in Halbe. In den
vergangenen Jahren hatte es immer wieder Genehmigungen und Ablehnungen durch
die Verwaltungsgerichte gegeben. Noch ist unklar, ob in diesem Jahr die
Demonstration der Rechtsradikalen in Halbe eine Chance hat.
Unabhängig davon sind in der Vergangenheit starke Polizeikräfte mobilisiert
worden, die schon im Umfeld nicht nur Rechtsradikale auf dem Weg nach Halbe
«abgefischt» und deren Symbole konfisziert hatten. Auch linke
Gegendemonstranten wurden von der Polizei unter Kontrolle gehalten. Bis zum
Halber Zentralfriedhof schafften es weder Rechtsradikale noch Linke.