Wriezen (MOZ) Für mehr Zivilcourage und das Ende der Toleranz gegenüber Rassismus sind am Sonnabend, 19. Juni, etwa 80 Demonstranten durch die Innenstadt gezogen. Der von einem Großaufgebot der Polizei begleitete Protestzug war eine Reaktion auf den Übergriff von Anfang Juni, der auf dem
Wriezener Marktplatz einem 15-Jährigen fast das Leben gekostet hätte. Der geistig behinderte Junge syrischer Abstammung war aus einer Gruppe heraus fremdenfeindlich beschimpft und mit einer Rasierklinge verletzt worden.
Zu der Demonstration hatten die Bad Freienwalder Alternative und die ebenfalls in der Kurstadt ansässige Basisgruppe der Jungen Demokraten/Jungen Linken aufgerufen, die nach eigenen Angaben zusammen auf knapp 20 Mitglieder kommen. Für die Bad Freienwalder Alternative geißelte Kay Priefert (38)
nicht nur den Anschlag auf den Jugendlichen an sich, den er
menschenverachtend nannte. “Mich empört auch, dass keiner dem Opfer Hilfe anbot, als es unter Schock stehend und blutend quer durch die Fußgängerzone rannte”, sagte der Hauptveranstalter der Demo.
Für Sweta Meschkapowitz (17) von der Basisgruppe der Jungen
Demokraten/Jungen Linken steckt hinter dem feigen Übergriff System. “Wer nicht reinpasst, wer nicht deutsch ist, wer links ist, wer behindert ist, wer schwul oder lesbisch ist, ist ständig Pöbeleien ausgesetzt. Und wird zuweilen eben auch angegriffen, verprügelt und abgestochen”, rief sie ins
Megaphon. Dies sei brutale Realität im selbst ernannten toleranten Brandenburg, urteilte die Bad Freienwalderin.
Zu den wenigen Erwachsenen, die den Zug begleiteten, gehörte Regina Heinrich (47) aus Dannenberg. Die Verwaltungsleiterin der Fachklinik in der Kurstadt betonte, dass es wichtig sei, immer wieder Zeichen gegen Fremdenhass zu setzen.
Der Demonstration war die Aufmerksamkeit vieler sicher, die am Straßenrand standen oder aus dem Fenster schauten.
“Leute, lasst das Glotzen sein, kommt herunter, reiht Euch ein”, skandierten die Protestierenden bei ihrem Marsch — vergeblich. Es sei die Gleichgültigkeit, die Passanten zu Mittätern mache, urteilte Sweta Meschkapowitz.
Die Demo verlief friedlich. Auch danach gab es in Wriezen keine Ausschreitungen.