Teilnahme an Veteranentreffen sorgt für politischen Wirbel / Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck fand klare Worte.
Der Vorgang sei «unerhört» , so seine Reaktion auf die Nachricht, dass Sprembergs Altbürgermeister, Stadtverordneter und CDU-Fraktionschef im Spree-Neiße-Kreistag, Egon Wochatz, kürzlich an einem Veteranentreffen der Waffen-SS-Division Frundsberg teilgenommen hat. Das fand am selben Wochenende statt, als in der Normandie des D‑Days, der Landung der
Alliierten gedacht wurde.
Die SS-Division Frundsberg hatte in der Normandie gegen die Alliierten
gekämpft. Ihre Veteranen und Sympathisanten trafen sich jedoch nicht zum
ersten Mal in Spremberg. Und auch Egon Wochatz hatte nicht zum ersten Mal
mit ihnen Kontakt. Nach seinen Angaben hatte er «wie jedes Jahr» an dem
Treffen teilgenommen.
Gedenkstein für SS-Truppe
Schon 1998 sorgte die SS-Division in Spremberg für Schlagzeilen, als bekannt
wurde, dass ein Gedenkstein für die SS-Soldaten im Spremberger Bauhof lag.
An den Stadtverordneten vorbei hatte Wochatz damals Monate vorher mit dem
Stifter des Steines verhandelt. Schon damals distanzierte sich der
christdemokratische Kommunalpolitiker nicht klar und deutlich von dem
dubiosen Veteranenkreis und der Waffen-SS. Mit dem Stein habe der Absender
nur seinen jungen Kameraden, die bei Spremberg gefallen seien, ein Denkmal
setzen wollen, sagte er damals nebulös.
Ein Jahr später sorgte Wochatz, der von sich sagt, er habe eine
«konservative Grundhaltung» , erneut für Schlagzeilen, weil er in einem
Interview über einen von Gubener Jugendlichen in den Tod getriebenen
Asylbewerber aus Algerien fragte, was der überhaupt nachts auf der Straße zu
suchen habe. Erst Wochen später nach öffentlichem Druck entschuldigte er
sich dafür. Gegenüber dem Berliner «Tagesspiegel» erneuerte Wochatz jetzt
jedoch diesen Vorwurf: «Wäre der im Heim geblieben, wäre ihm nichts
passiert» , so zitiert die Zeitung den 67-jährigen Spremberger.
Seine erneute Teilnahme am Veteranentreffen der Waffen-SS-Leute hatte Egon
Wochatz mit «historischem Interesse» und seiner Arbeit im Volksbund Deutsche
Kriegsgräberfürsorge begründet. An einer Kranzniederlegung, bei der junge
Männer, offenbar aus rechtsradikalen Kreisen, mit Stahlhelmen «Ehrenwache»
hielten, habe er jedoch nicht teilgenommen.
Während der in Spremberg außerordentlich beliebte Wochatz die
Gedenksteinaffäre und auch die Äußerung über den Tod des algerischen
Asylbewerbers politisch unbeschadet überstand, scheint seine Nähe zu den
SS-Veteranen in seiner neuen Funktion als CDU-Fraktionschef des Kreistages
nicht so leicht hingenommen zu werden. SPD-Landrat Dieter Friese informierte
Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) sowie Innenminister
und CDU-Parteichef Jörg Schönbohm darüber.
Bürgermeister auf Distanz
«Ich will mit solchen Leuten weder dienstlich noch privat Kontakt haben» ,
bezieht Klaus-Peter Schulze zu den Frundsberg-SS-Veteranen klar Position.
Schulze ist Amtsnachfolger von Wochatz im Spremberger Rathaus und ebenfalls
Christdemokrat. Die Nürnberger Prozesse hatten die Waffen-SS klar als
«verbrecherische Organisation» eingestuft. Damit ist für Schulze die nötige
Distanz selbstverständlich. Dass sein Parteifreund Wochatz mehrfach an
solchen Treffen beteiligt war, sei ihm bisher nicht bekannt gewesen.
Massaker von Oradour
Einheiten der Waffen-SS, einer anfangs aus Freiwilligen bestehenden
NS-Elitetruppe, waren an Kriegsverbrechen beteiligt und in den
Vernichtungskrieg der Nazis tief verstrickt. Angehörige der
Waffen-SS-Division «Das Reich» löschten die Bevölkerung des französischen
Ortes Oradour fast vollständig aus. In der Nähe von Spremberg hatte die
SS-Division Frundsberg im Frühjahr 1945 gegen die anrückende Rote Armee
gekämpft.
Die Brandenburger Landes-CDU ging gestern klar auf Distanz zum Spremberger
Altbürgermeister und bezeichnete seine Teilnahme am SS-Veteranen-Treffen als
«inakzeptabel» . Über Konsequenzen müsse jedoch sein Kreisverband
entscheiden.
Der wird sich morgen Abend in Forst mit dem Vorfall beschäftigen. Bis dahin
lässt Egon Wochatz sein Amt als Fraktionschef im Kreistag ruhen. Michael
Haidan, CDU-Kreisvorsitzender, will vor dieser Sitzung nicht viel sagen:
«Ein Funktionsträger der CDU sollte an so einem SS-Veteranen-Treffen
„nicht teilnehmen» . Es gebe jedoch noch Klärungsbedarf zu dem
Vorfall.
Auch die Spremberger CDU will erst mit Egon Wochatz reden, bevor sie über
Konsequenzen nachdenkt. «Ich finde es nicht richtig, dass er da hingegangen
ist, aber ich will ihm nicht hineinreden, was er privat macht» , sagte
Helmut Höhna, Spremberger CDU-Chef. Wochatz war gestern für die RUNDSCHAU
nicht zu erreichen.