“Fall Manzke” vor Gericht
Vier junge Männer unter Mordverdacht
POTSDAM/DAHLEWITZ (MAZ/Frank Schauka) Die Inschrift auf Dieter Manzkes Grab auf dem Friedhof in Dahlewitz deutet das
Verbrechen nur an. “Das hat kein Mensch verdient so zu
sterben”, ließen seine Töchter in den Stein
gravieren.Wie Dieter Manzke am 8. August 2001 ums
Leben kam, skizziert das Landgericht Potsdam, das den
“Fall Manzke” an elf Tagen heute ab 13 Uhr verhandelt,
so: “Die Angeklagten sollen am Tattag einen 61 Jahre
alten Obdachlosen mit Schlägen und Fußtritten
misshandelt haben. Einer der Angeklagten soll versucht
haben, dem Opfer einen Stock in den After einzuführen.
Ein anderer Angeklagter soll dem Opfer eine glühende
Zigarette in das Gesicht gedrückt haben, während ein
weiterer Angeklagter mit dem Feuerzeug Barthaare
abgesengt haben soll.” Anschließend schleiften die
fünf jungen Männer den regungslosen Körper aus der
Holzhütte, in der Dahlewitz einziger Obdachloser
seine letzten Monate zugebracht hatte, in ein Gebüsch
im Garten, wo der Geschundene verreckte.
Vier der fünf Angeklagten aus Dahlewitz, Mahlow und
Blankenfelde hat die Potsdamer Staatsanwaltschaft
wegen Mordes angeklagt. Der jüngste, ein 17-Jähriger,
steht nur deshalb wegen Totschlags vor Gericht, weil
er erst hinzukam, als seine Freunde den Obdachlosen
schon quälten. Die Staatsanwaltschaft hält dem
17-Jährigen zugute, dass er noch nicht dabei war, als
die anderen sich zum Angriff auf “Penner”
verabredeten, und ihm die niederen Beweggründen daher
unbekannt waren.
Weder um Geld noch um Rache ging es den jungen
Männern, als sie Manzke erschlugen. Sie hatten sich,
so die Staatsanwaltschaft, “durch den Obdachlosen
gestört gefühlt”, weil sie dessen “Lebensweise
missachten”. Sie hätten Manzke nicht töten wollen,
doch sei die Situation eskaliert, erklärt
Behördensprecherin Sigrid Komor.
Ob es sich um eine politisch motivierte Tat mit
rechtsextremem Hintergrund handelt, ist strittig. Die
Potsdamer Staatsanwaltschaft wertet die Tat als
unpolitischen Mord, auch das brandenburgische
Innenministerium hat für das Jahr 2001 kein
rechtsextremes Tötungsverbrechen veröffentlicht.
Erstaunlich ist das deshalb, weil die neuen,
verfeinerten Kriterien zur Erfassung politischer
Kriminalität auf den “Fall Manzke” anwendbar wären.
Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums gilt
eine Tat insbesondere dann als politisch motiviert,
“wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung des
Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen
eine Person aufgrund ihrer politischen Einstellung,
Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe,
Religion, Weltanschauung, Herkunft, sexuellen
Orientierung, Behinderung oder ihres äußeren
Erscheinungsbildes bzw. ihres gesellschaftlichen
Status richtet”. Die zwei letzten Kriterien könnten
auf den Mord an dem obdachlosen Alkoholiker Dieter
Manzke anwendbar sein.