Münchens Polizei vereitelt offenbar Attentat
Sprengstoff bei Rechtsextremisten gefunden / Ermittler nehmen sechs Tatverdächtige fest
(Berliner Zeitung) MÜNCHEN/POTSDAM. 10. September. Die Münchener Polizei hat fünf Männer und
eine 18-jährige Frau wegen des Verdachts festgenommen, einen
Sprengstoffanschlag geplant zu haben. Unter den Tatverdächtigen befindet
sich auch ein 37-jähriger Mann aus Brandenburg. Andreas J. war am
Dienstagmorgen in einem kleinen Ort in der Uckermark von der Polizei gefasst
worden. Er soll inzwischen wieder auf freiem Fuß sein. Bisher war er für die
Polizei ein unbeschriebenes Blatt. Er soll weder durch Gewaltstraftaten noch
durch Propagandadelikte aufgefallen sein.
Soko TNT
Wie die Polizei in München am Mittwoch mitteilte, seien zunächst bei der
Hausdurchsuchung im Süden Münchens zwei Handgranaten, Munition sowie rund 14
Kilogramm sprengstoffverdächtiges Material gefunden worden. “Darunter befand
sich mindestens 1,7 Kilogramm TNT-Sprengstoff”, sagte Münchens
Polizeisprecher Peter Reichl. Sprengstoff und Munition gehörten offenbar
einem 27-jährigen Rechtsextremisten, der bereits wegen eines versuchten
Tötungsdeliktes verhaftet worden war.
Da die Polizei nach diesem Fund von einem geplanten Sprengstoffattentat
ausging, wurde eine 20-köpfige Sonderkommission mit dem Namen “TNT”
gegründet. Die Ermittlungen der Soko führte die Beamten zu weiteren drei
Tatverdächtigen aus München, die der rechtsextremen Gruppierung
Kameradschaft Süd angehören sollen, einem Beschuldigten aus
Mecklenburg-Vorpommern sowie zu Andreas J. aus der Uckermark.
Am Dienstagmorgen wurden sie von der Polizei festgenommen, darunter auch
Martin Wiese. Der 27-Jährige ist laut Polizei eine bekannte Figur aus der
Neonazi-Szene und informeller Führer der Kameradschaft Süd. Der
rechtsextremistischen Gruppierung gehören rund 30 Neonazis und Skinheads an.
“Wiese hat hier schon mehrfach Demonstrationen angemeldet. Er ist für uns
kein Unbekannter”, sagte Polizeisprecher Reichl. So habe er sich besonders
gegen die Wehrmachts-Ausstellung in München engagiert.
Bei der Durchsuchung von Wieses Wohnung in München fanden die Beamten zwei
scharfe Schusswaffen, mehrere Stichwaffen, eine Streitaxt, Sturmhauben sowie
umfangreiches rechtsextremistisches Propaganda-Material. “Wann und wo der
Sprengstoffanschlag geplant gewesen ist, konnten wir noch nicht ermitteln”,
so Peter Reichl. Fest stehe, dass es sich um die bisher größte Menge
Sprengstoff handele, die je in Bayern entdeckt worden sei. Am 20. September
beginnt in München das Oktoberfest.
Gegen alle Beteiligten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
der Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens sowie eines Verbrechens nach
dem Kriegswaffenkontrollgesetz eingeleitet. Gegen die 18-jährige Frau sowie
die Männer aus München sei Haftbefehl beantragt worden. Der Polizeisprecher
schwieg zu der Frage, ob die Beschuldigten Geständnisse abgelegt haben. “Wir
sind noch mitten in einer großen Ermittlung und damit lange nicht am Ende”,
sagte er.
Im September 1980 hatte ein Rechtsradikaler einen Sprengstoffanschlag auf
das Münchener Oktoberfest verübt. Dabei waren 13 Menschen, darunter auch der
Attentäter, ums Leben gekommen.
Keine Spur nach Sachsen
Dass der Fund in München mit dem Sprengstoffkoffer zusammenhängt, der Anfang
Juni dieses Jahres auf einem Bahnsteig des Dresdener Hauptbahnhofs gefunden
wurde, konnte die sächsische Polizei am Mittwoch ausschließen. “Wir haben
bei unseren bayerischen Kollegen nachgefragt, aber es gibt keinerlei
Bezugspunkte”, sagte Lothar Hofner, der Sprecher des sächsischen
Landeskriminalamtes, der Berliner Zeitung.
Münchner Polizei verhindert Bombenanschlag
Sechs Personen aus der rechtsextremen Szene festgenommen — Keine genauen Attentatspläne bekannt
(BM) München — Die Münchner Polizei hat einen offenbar von Rechtsextremisten
geplanten Bombenanschlag verhindert. Wegen des Verdachts der Vorbereitung
eines Sprengstoffverbrechens nahmen die Ermittler fünf Männer und eine Frau
fest. Vier von ihnen gehören nach Polizeiangaben der rechtsextremen Szene
an. Wie die Polizei weiter mitteilte, fanden die Beamten bei
Hausdurchsuchungen unter anderem rund 14 Kilogramm sprengstoffverdächtiges
Material — darunter 1,7 Kilogramm TNT -, Handgranaten, Schusswaffen,
Sturmhauben, Munition und umfangreiche schriftliche Unterlagen. Ob
tatsächlich bereits ein konkreter Anschlag geplant war, steht nach Angaben
von Polizeisprecher Peter Reichl bisher nicht fest. Innenminister Günther
Beckstein (CSU) wertete den Ermittlungserfolg als Zeichen für das
entschiedene Vorgehen Bayerns gegen Neonazis und Skinheads. Die
Staatsanwaltschaft leitete gegen ein Ermittlungsverfahren ein.
Nach Angaben von Polizeisprecher Reichl wurden die Verdächtigen am Mittwoch
“pausenlos” verhört. Ohne weiteres hätte aus dem sichergestellten Material
eine Bombe gebastelt werden können. Wann und wo ein Anschlag hätte
stattfinden sollen, sei allerdings noch unklar.
Auf die Schliche kam die Polizei der Gruppe nach einer Schlägerei im Juli,
bei der ein 23-Jähriger von zwei ehemaligen Skinhead-Kollegen vor einer
Münchner Gaststätte zusammengeschlagen wurde. Die beiden 27 und 33 Jahre
alten Männer wurden wegen versuchter Tötung verhaftet. Bei einer
Hausdurchsuchung wurden in der Wohnung des 27-Jährigen Sprengstoff und
Waffen entdeckt.
Eine wegen der daraufhin “nahe liegenden Gefahr eines geplanten Anschlags”
gegründete Sonderkommission verhaftete schließlich am Dienstag bei einer
groß angelegten Durchsuchungs- und Festnahmeaktion in München zwei Männer im
Alter von 27 und 23 Jahren und eine 18-jährige Frau. Außerdem wurden zwei
37-jährige Männer in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vorläufig
festgenommen.
Explosiver Fund in rechter Szene
Polizei fand bei Durchsuchungen in der rechtsextremen Szene in München 14
Kilogramm Sprengstoff. Fünf Neonazis in Bayern, Meck-Pomm und Brandenburg
verhaftet, darunter Anführer Martin Wiese. Ort und Zeit eines geplanten
Anschlags noch unklar
(TAZ) Die bayerische Polizei hat möglicherweise einen größeren Sprengstoffanschlag
von Mitgliedern der rechtsextremen Szene verhindert. Bei mehreren
Durchsuchungen im Münchner Süden und im Vorort Unterschleißheim stellten
Ermittler des Landeskriminalamtes und einer Münchner Kripo am Dienstag
insgesamt 14 Kilogramm Sprengstoff sicher, darunter 1,7 Kilogramm TNT. Nach
Angaben eines Polizeisprechers handelt es sich um einen der größten
Sprengstoff-Funde in der rechtsextremen Szene in Deutschland. Unklar ist
bislang, wo ein Anschlag verübt werden sollte. Dagegen stellte der Münchner
Polizeivizepräsident Jens Viering fest, “dass man mit dieser
Sprengstoffmenge einen Anschlag mit erheblichen Folgen hätte verüben
können”.
Insgesamt wurden im Zusammenhang mit dem Fund drei Rechtsextreme in Bayern
sowie zwei in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verhaftet, ein weiterer
Tatverdächtiger saß bereits in Haft — er brachte die Polizei erst auf die
Spur. Im Juli dieses Jahres verprügelte der Skinhead zusammen mit einem
Freund einen Exkameraden, der sich von der rechten Szene losgesagt hatte.
Die Täter wurden kurz darauf verhaftet und sitzen wegen versuchter Tötung im
Gefängnis.
Durch Wohnungsdurchsuchungen und Vernehmungen verdichteten sich Vermutungen,
dass zumindest einer von ihnen Sprengstoff und Waffen versteckt haben
könnte. Neben dem Sprengstoff wurden auch Handgranaten, scharfe Pistolen,
Munition und ein Stahlrohr sichergestellt. Richard V&ou
ml;st vom bayerischen LKA
betonte, dass man mittels eines solchen Stahlrohrs eine gefährliche
Splitterbombe herstellen kann. Zwei ähnliche Bomben mit insgesamt 1,3
Kilogramm TNT hatte der Rechtsextremist Gundolf Köhler 1980 auf dem Münchner
Oktoberfest gezündet — damals kamen 13 Menschen um, darunter auch der
Attentäter. Dass möglicherweise ein erneuter Anschlag auf die in anderthalb
Wochen beginnende “Wiesn” geplant war, wies Polizeivizepräsident Viering als
“völlige Spekulation” zurück. Trotzdem ermittelt nun eine 20-köpfige
Sonderkommission namens “TNT”, ob weitere Sprengstoffanschläge geplant sein
könnten.
Laut Polizei lagen zunächst keine Erkenntnisse über genaue Anschlagspläne
oder ‑ziele vor. Derzeit werde das bei den Durchsuchungen beschlagnahmte
Material — darunter zahlreiche Aktenordner und eine Computer-Festplatte -
von Experten untersucht. Dabei werde auch ein möglicher Zusammenhang mit dem
vereitelten Sprengstoffanschlag auf den Dresdner Hauptbahnhof im Juni
überprüft. Bislang sei allerdings kein Zusammenhang erkennbar, sagte ein
Polizeisprecher. Nähere Erkenntnisse erhofften sich die Ermittler von der
Analyse des Sprengstoffs. Offenbar sei das TNT in mühsamer Kleinarbeit “aus
Granaten oder Minen herausgepult worden”, sagte LKA-Sprecher Vöst.
Bei den Festgenommenen handelt es sich um Angehörige der
Neonazi-Organisation “Kameradschaft Süd”, laut Polizei ein Zusammenschluss
von 30 bis 40 Rechtsextremen vorwiegend aus der rechten Skinhead-Szene. Auch
deren Anführer Martin Wiese, 27, wurde verhaftet. Er gilt als einer der
Drahtzieher der Neonazi-Szene in Süddeutschland. Im vergangenen November
meldete er zusammen mit den bundesweit bekannten Neonazis Christian Worch
und Steffen Hupka eine Demonstration gegen die Neuauflage der
Wehrmachtsausstellung in München an. Im März leitete Wiese vor dem
US-Truppenübungsplatz Grafenwöhr eine Kundgebung von Rechtsextremisten gegen
den Irakkrieg. Ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags gegen
ihn wurde eingestellt.
Wiese stammt wie die meisten Mitglieder der “Kameradschaft Süd” aus den
neuen Bundesländern. Trotz der offenkundigen Vernetzung zwischen
organisierten Neonazis aus dem Süden und dem Osten Deutschlands ermittelt
die Staatsanwaltschaft in München bislang nicht wegen der Bildung einer
kriminellen Vereinigung — es fehle an den nötigen Strukturen, sagte Sprecher
August Stern.