(MAZ) POTSDAM — Innenminister Jörg Schönbohm und Justizministerin Barbara
Richstein (CDU) haben die neuerliche Schändung der KZ-Gedenkstätte
Ravensbrück scharf verurteilt. “Wir werden es nicht hinnehmen, dass die
Toten der Konzentrationslager auf diese Weise entehrt und verhöhnt werden
und in unserem Land ein Klima der Intoleranz erzeugt wird”, betonten sie
gestern. Zugleich setzten sie eine Belohnung von 3000 Euro für Hinweise auf
die Täter aus. Schönbohm versicherte, die Polizei werde alles tun, um der
Täter habhaft zu werden.
In der Nacht zum Sonntag war ein Denkmal der Gedenkstätte mit der Aufschrift
“C18” beschmiert worden. Außerdem war einer Skulptur ein Schild mit einer
antisemitischen Parole umgehängt worden. Die Aufschrift “C18” soll offenbar
auf eine extrem antisemitische Skinhead-Terrorgruppe hinweisen, die in den
90er Jahren in Großbritannien in Erscheinung getreten war.
Die Figurengruppe des Bildhauers Fritz Cremer zeigt drei weibliche
KZ-Häftlinge, die eine Bahre mit einer Kranken oder Toten tragen. Im
Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück waren von 1939 bis 1945 mehr als 150
000 überwiegend weibliche Häftlinge inhaftiert, von denen Zehntausende
ermordet wurden.
Im Vorjahr waren auf das Museum des Todesmarsches ein rechtsextremistisch
motivierter Brandanschlag verübt und das Mahnmal mit antisemitischen Parolen
geschändet worden.
“Eine unerträgliche Tat”
Landrat Schröter und andere Kreis-Politkier zum Anschlag in Ravensbrück
(MAZ) OBERHAVEL — Die Schändung des Denkmals “Müttergruppe” in Ravensbrück mit
antisemitischen und rechtsextremen Parolen in der Nacht zum Sonntag (die MAZ
berichtete) sorgt für Empörung im ganzen Kreis Oberhavel. Landrat Karl-Heinz
Schröter bezeichnete den Vorfall als “unerträgliche Tat angesichts der
Leiden Tausender Frauen dort. Sie zeigt einmal mehr, dass wir in unserer
Wachsamkeit und Unduldsamkeit gegenüber solchen Delikten nicht nachlassen
dürfen”.
Die FDP Oberhavel verurteilt aufs Schärfste die Schändung. “Derartige
Handlungen verletzen zum einen das Gedenken an die von den Nazis Ermordeten.
Zum anderen führen sie zur Verunsicherung der Lebenden. Sollte es sich aber
um unpolitisches Rowdytum handeln, dann muss sich unsere Gesellschaft schon
fragen, warum gerade diese Mahnmale als Ziele für Vandalismus und Tabubruch
herhalten müssen. Hierbei spielt der Zusammenhang zwischen Tabubruch und
Tabuerrichtung eine wesentliche Rolle. Aufgabe der Gesellschaft muss es
sein, diese Mahn- und Gedenkstätten so in das Leben der Menschen zu
integrieren, dass ihre Erinnerungs- und Erschütterungsfunktion erhalten
bleibt, sie aber auch nicht als völlige Fremdkörper betrachtet werden. Da
gerade die Stadt Fürstenberg auf gutem Wege dazu ist, muss eine solche Tat
als herber Rückschlag empfunden werden”, erklärt der Kreisvorsitzende der
FDP, Hans G. Oberlack.
“Es ist schlimm, dass es immer noch passieren kann und passiert. Wir sind
mehr als schockiert, und diese Reaktion geht einhellig durch die Reihen der
CDU”, sagt deren Kreisvorsitzende Annemarie Reichenberger. “Ich besuche
regelmäßig die Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück, nehme nach
Ravensbrück auch gern meine Tochter mit. Es macht Angst, wie Menschen in der
heutigen Zeit sich wagen, Geschichte ins Bodenlose zu ziehen. Wir möchten
allen Menschen, die die Gedenkstätten besuchen und besonders jenen, die dort
Häftlinge waren, Mut zusprechen. Sie haben viele Menschen neben sich, die
solche Taten genauso verurteilen!”
Gedenkstätte Ravensbrück geschändet
Belohnung von 3 000 Euo ausgesetzt
(Berliner Zeitung, Jens Blankennagel) RAVENSBRÜCK. Das Denkmal vor den Toren der Gedenkstätte des ehemaligen
Frauen-KZ Ravensbrück zeigt drei weibliche Häftlinge, die auf einer Bahre
eine Kranke tragen. Am Sonntag hatte eine Mitarbeiterin der Gedenkstätte
entdeckt, dass einer Figur ein Holzschild mit einem antisemitischen Symbol -
ein durchgestrichenet Davidstern — um den Hals gehängt worden war. “Die
Ermittlungen hat der für politische Strafttaten zuständige Staatsschutz
übernommen”, sagte Polizeisprecher Rudi Sonntag. Es sei eine mehrköpfige
Ermittlungsgruppe gebildet worden. “Derart schändliche Straftaten werden mit
Hochdruck bearbeitet”, sagte er.
An dem Denkmal für die 150 000 weiblichen KZ-Häftlinge wurden zwei weitere
Schmierereien entdeckt. Eine Frauenfigur trug die Aufschrift “C 18” — das
Zeichen der rechtsextremen Terrorgruppe Combat 18 aus England. Die Zahl 18
ist ein in der Neonazi-Szene gebräuchliches Symbol für den ersten und achten
Buchstaben des Alphabets — eine Abkürzung für Adolf Hitler. Zudem wurde die
Aufschrift “Tod der ZOG” gefunden, eine Abkürzung der Rechtsextremisten für
“Zionist Occupied Gouvernment” — zionistisch beherrschte Regierung.
“Wir werden es nicht hinnehmen, dass die Toten der Konzentrationlager auf
diese Weise entehrt und verhöhnt werden”, heißt es in einer Erklärung von
Innenminister Jörg Schönbohm und Justizministerin Barbara Richstein (beide
CDU). Es wurden 3 000 Euro für Hinweise auf die Täter ausgelobt.
Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch,
zeigte sich über den Anschlag “zutiefst schockiert und empört”. Er erhob
auch Vorwürfe gegen die Polizei. Morsch geht davon aus, dass es sich um
keine spontane Einzeltat handelt, sondern eine gut organisierte Gruppe
dahinter steht — ähnlich wie vor einem Jahr in Below. Bei dem bisher
schwersten Anschlag auf eine KZ-Gedenkstätte im Land hatten die Täter am 5.
September 2002 Brandsätze auf das Ausstellungsgelände im Belower Wald
geworfen. Es brannte fast vollständig aus. “Wir sind in höchstem Maße
beunruhigt, aber zunehmend auch ungeduldig, dass mehr als ein Jahr nach dem
schweren Anschlag keinerlei Erfolg bei der Suche nach den Tätern zu
verzeichnen ist.”
Die Polizei setzte 27 500 Euro Belohnung aus. Die Ermittler gehen von einer
Anschlagserie aus, bei der sechs Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern und
eine in Brandenburg geschändet wurden. “Wir ermitteln im Fall Below weiter”,
sagte Sonntag. Bisher gebe keine Anhaltspunkte, dass die Täter auch für den
Anschlag in Ravensbrück verantwortlich sind.