Er gilt als der härteste Gangster-Rapper Deutschlands. Viele seiner Texte
sind eine schnodderige Ode an die Gewalt. «Als Berliner boxt man sich halt
gern» , hat «Bushido» einmal in einem Interview gesagt. «Wenn du in einem
Ghetto lebst, ist der Sinn des Spiels, dass du immer der Erste bist, der
zuschlägt.» Bei «Bushidos» Gastspiel im Cottbuser Glad-House, dem Auftakt
einer geplanten Hip-Hop-Veranstaltungsreihe, ist in der Nacht von Mittwoch
auf Donnerstag aus diesem Spiel blutiger Ernst geworden.
Eigentlich soll der verbale Schlagabtausch zwischen Rappern und Publikum als
Ventil wirken, Aggressionen abbauen, verhindern, dass sich «echte Kerle»
immer gleich die Rübe einhauen. Doch einige rasteten nach dem heftigen
Wortgewitter, das von der Bühne auf sie niederging, aus. Noch während des
Auftritts kam es zu ersten Wortgefechten. So bat «Bushido» zum Beispiel
Hip-Hop-Radiomoderator André Langenfeld auf die Bühne, um «ihm die Fresse zu
polieren» . «Die haben getan, als ob sie die Größten wären. Das war alles
sehr provokant» , sagt Langenfeld. «Und dann spielten Alkohol und
Aggressionen im Publikum eine große Rolle.»
Das Feuerwerk wüster Beschimpfungen und Beleidigungen, das immer wieder über
die Köpfe hinweg prasselte, war für Langenfeld aber «nur Show, Getue. Ich
habe das gar nicht so ernst genommen» , sagt er. Andere im Publikum fühlten
sich indes «von der Band extrem provoziert» , wie die Polizei später zu
Protokoll nehmen sollte. «Fakt ist, dass eine Gruppe aggressive Stimmung
verbreitet hat im Saal» , bestätigt Ulf Hennicke, Leiter des
Glad-House-Veranstaltungsbüros. «So hat sich das Ganze langsam
aufgeschaukelt.» Und nach dem Konzert war noch lange nicht Schluss.
An der Bar flog dem Cottbuser Dirk F., wie Unbeteiligte bestätigen, eine
Flasche an den Kopf. Zudem sollen Bandmitglieder den Disput gesucht und ihn
bedrängt haben, wie er später aussagen wird. Es kam zu Handgreiflichkeiten.
Schließlich zog der 32-Jährige ein Schnitzmesser, stach wild um sich,
verletzte drei Männer im Alter von 18 bis 26 Jahren, die den Streit zum Teil
schlichten wollten — wohl aus Angst, vielleicht auch, weil ihn die
Erinnerung in diesem Moment einholte. Denn angeblich soll Dirk F. vor zehn
Jahren selbst Opfer einer Messerattacke gewesen sein. Damals verletzte ihn
eine Gruppe Rechtsextremer lebensgefährlich.
«Dirk F. hat bei der Vernehmung erklärt, dass er in Notwehr gehandelt hat» ,
sagt die Cottbuser Staatsanwältin Cäcilia Cramer-Krahforst. «Ein Haftbefehl
gegen ihn ist nicht erlassen worden. Dafür gibt es keinen Grund.» «Die
Aggression» , sagt einer der Verletzten, der am Donnerstag operiert wurde,
«ging an diesem Abend eindeutig von Aggro-Berlin aus. Das ist eben nicht
Hip-Hop, nicht in dieser Form.»
Die Veranstalter sind schockiert. Die geplante Veranstaltungsreihe
«Tonspielzeugtage — Ein Klang Party» ist abgesagt worden. «Wir wollten
Hip-Hop aus verschiedenen Städten und verschiedenen Nationalitäten
präsentieren, gerade weil diese Musik immer mit Gewalt in Verbindung
gebracht wird, um zu verdeutlichen: Es geht auch mit Toleranz» , erklärt
Glad-House-Leiter Jürgen Dulitz. «Doch wenn Gewalt zur
Selbstverständlichkeit wird, werden wir diese Szene als Kulturhaus nicht
mehr bedienen können. Dieses Ausmaß war erstmalig und einmalig.»