Nachwuchsnazis verunsichern Rathenow und Premnitz
Im Umfeld der verbotenen Kameradschaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“ tummelt sich eine neue rechtsextreme Gruppierung, die im Raum Rathenow/Premnitz für Unruhe sorgt. Neue Impulse gehen jedoch nicht von ihr aus, die Retro – Nazis setzen wie eh und je auf Gewalt und NS – Verherrlichung.
Zum Phänomen des Rechtsextremismus in Rathenow gehört es, das sich die Szene von Generation zu Generation immer wieder selbst reproduziert und 15 Jahre nach der Zusammenfindung der ersten Generation von Sauf – und Raufnazis diese in Art und Weise – plakativ Gewalttaten verüben und Naziparolen grölen – bemerkenswert versucht zu kopieren.
Derzeit gibt es neben den beiden festen (verbotenen) Kameradschaften „Sturm 27“ und „Hauptvolk“ (jetzt „Verbotene Freundschaft“) und dem Rathenower NPD Ortsverband eine neue Gruppe jugendlicher Rechtsextremisten, die seit einigen Wochen für Unruhe im Raum Rathenow / Premnitz sorgt.
Die Mitglieder, die sich zum Teil schon seit 2–3 Jahren in der Szene – aufgrund auch familiärer Bindung im Umfeld der beiden verbotenen Kameradschaften sozialisiert– bewegen sind keine Unbekannten und waren bereits in Bezug auf Übergriffe auf Ausländer und Linksorientierte auffällig.
Seit 2005 tritt diese neue ungefähr 20 – 25 köpfige Gruppe, von der bisher keine Eigenbezeichnung bekannt ist, und zu der u.a. Stefan D., Thomas K., Mick F., Benjamin Kö., Peer D. (Rathenow) sowie u.a. Christopher R., Sören S., Kevin H., Norman W., David Z. (Premnitz) gehören, jedoch zunehmend selbstbewusster auf.
Zwar fehlt noch der endgültige politische Schliff – beispielsweise wurden von der Gruppe einerseits während der diesjährigen Bundestagswahl NPD Aufkleber verklebt und andererseits einige Tage später Wahlboykottaufrufe des Schutzbund Deutschland verteilt — in der Frage der Gewaltbereitschaft und des Proletenimage steht sie dem Rest der regionalen rechtsextremen Szene in nichts nach.
Bisheriger Tiefpunkt in der Karriere der Gang war der versuchte Brandanschlag auf den Jugendclub Premnitz im Juni 2005, der dann so gleich zu einem Rundumschlag der Polizei – in Form einer Razzia von 18 Wohnungen – führte.
Jedoch ähnlich wie bei den Verboten der Kameradschaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“ fruchtete auch hier die polizeiliche Repression nicht. Spätestens am Dachsbergfest Ende August 2005 war die Gruppe wieder massiv unterwegs. Allein die Polizei verhinderte, eigenen Angaben zufolge, hier erneute Ausschreitungen. Erst nach dem Rathenower Stadtfest Anfang September 2005, als 15 Naziprovokateure um Benjamin Kö. und Peer D. nach dem abgrölen von Parolen vor einer größeren Gruppe Linksorientierter, des Platzes verwiesen wurden, herrschte einige Tage relative Ruhe.
Seit nunmehr drei Wochen ist die Gruppe um die oben genannten Personen nun wieder aktiver. Am Freitag, vor drei Wochen fuhr beispielweise ein bekannter roter PKW, in dem u.a. Mick F., Peer D., und Benjamin Kö. saßen, mehrmals vor der Diskothek „Musikbrauerei“ vorbei. Aus dem Auto wurde lautstark „Sieg Heil“ und plakativ der Hitlergruß skandiert und später noch eine Flasche später geworfen.
Am darauffolgenden Freitag wurden dann einige der Naziprovokateure, u.a. Mick F., Benjamin Kö. und Peer D. von mehreren Linken in der Rathenower Innenstadt angetroffen und verbal zur Rede gestellt. Da dies den Sieg-Heil-Brüllern aber unangenehm war, wurde sofort Verstärkung, u.a. Mitglieder der verbotenen Kameradschaft „Sturm 27“ und des NPD Ortsverbandes, mobilisiert um eine Großauseinandersetzung zu provozieren. Kurz vor der Eskalation unterbanden jedoch Polizeikräfte die Konfrontation.
Abschrecken konnten die polizeilichen Maßnahmen aber nur eine Woche. Vergangenen Freitag krachte es dann richtig.
In den frühen Abendstunden war eine Gruppe von ca. 6 Rechtsextremisten an einem Treffpunkt von mehrere jungen Linken am Körgraben vorbeigezogen und hatte einen der dort anwesenden Jugendlichen geschubst. Da dies aber offenbar nicht ausreichte, kamen die Personen, darunter Stefan D. Mick F. und Benjamin Kö., wieder und grölten Naziparolen. Dann fing die Gruppe an Flaschen zu werfen, musste sich aber aufgrund des ungünstigeren Zahlenverhältnisses zum Märkischen Platz zurückziehen, bevor schließlich das Eintreffen von Polizeipkws den endgültigen Abbruch der Auseinandersetzung bewirkte.
Das es in den nächsten Wochen weiterhin zu Auseinandersetzungen kommen könnte scheint vorprogrammiert, da sich die Gruppe offenbar in der Region etablieren will.