(Berliner Zeitung, 9.9.) POTSDAM. Die brandenburgische Staatskanzlei hat ausgerechnet das Duo Paul
van Dyk und Peter Heppner, Pioniere eines nationalen Deutsch-Pop, zur
zentralen Einheitsfeier nach Potsdam eingeladen. Dort sollen sie am Vorabend
des 3. Oktober gemeinsam mit dem Filmorchester Babelsberg ihren Song “Wir
sind wir” (Ein Deutschlandlied) darbieten. Brandenburg richtet den zentralen
Staatsakt dieses Jahr aus. In jenem Hit vom Sommer 2004 wird an das
Selbstwertgefühl der Deutschen appelliert — mit folgenden Textzeilen: “Wir
stehen hier aufgeteilt besiegt und doch / schließlich leben wir ja noch /
wir sind wir / wir stehen hier .… so schnell kriegt man uns nicht klein”.
In dem damaligen Video sind neben der Reichstags-Inschrift “Dem deutschen
Volke” auch Ausschnitte des Berner WM-Fußballfinales von 1954 und Bilder vom
Mauerfall zu sehen.
“Ich halte die Einladung für problematisch”, sagte Grünen Landeschef Joachim
Gessinger am Donnerstag der Berliner Zeitung. “Statt der Auseinandersetzung
mit Geschichte zelebriert die Band den hohlen Pathos der
Selbstvergewisserung”. Kritik kam auch von der Linkspartei: “Es ist
fraglich, ob die Politik einer solchen Band eine Bühne geben sollte”, sagte
Torsten Krause, der jugendpolitische Sprecher der PDS-Fraktion. Bands, über
die in der Öffentlichkeit wegen nationalistischer Tendenzen diskutiert
werde, sollten sich von solchen Vorwürfen distanzieren, so Krause. Auch
Heinz-Joachim Lohmann, Vorsitzender des Aktionsbündnisses gegen Gewalt,
Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ist besorgt: “Ich finde es fatal,
wenn man 60 Jahre nach Kriegsende den 8. Mai 1945 immer noch als Niederlage
und nicht als Befreiung darstellt”, sagte Lohmann mit Blick auf die oben
zitierte Textzeile.
Manfred Füger, Potsdamer Projektleiter der Einheitsfeier, wies die Kritik
zurück: Das Lied vermittele einen Aufbruch nach depressiver Stimmung und
werde von einem Ost-West-Duo interpretiert. Der Künstler Paul van Dyk, in
Eisenhüttenstadt geboren, gibt im Internet an, von einem Film über die WM
1954 zu dem Songtext inspiriert worden zu sein. DJ van Dyk: “Wie im Jahre
1954, so haben auch heute viele Deutsche in Ost und West Teile ihres
Selbstwertgefühls verloren.”