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Nauen: Bürger_innenversammlung zu geplanter Asylunterkunft

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Am Abend fand in der Aula des Ober­stufen­zen­trums Havel­land in Nauen eine Bürger_innenversammlung zum geplanten Bau ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende und Flüchtlinge im Ort statt. Land­kreis, Vertreter_innen der Kom­mune und der Polizei informierten die kün­fti­gen Anwohner_innen des Heimes und beant­worteten ihre Fra­gen. Die Ver­samm­lung war allerd­ings nur hal­böf­fentlich. Nur Anwohner_innen, die sich auch als solche auswiesen, und die Presse waren zuge­lassen. Grund hier­für war die Eskala­tion ein­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung am 12. Feb­ru­ar 2015. Damals hat­ten zum einen Neon­azis, die zum Teil aus einem anderen Land­kreis angereist waren, und „besorgte Bürger_innen“ eine öffentliche Sitzung, in der über den Verkauf eines städtis­chen Grund­stücks für die geplante Gemein­schaft­sun­terkun­ft an den Land­kreis entsch­ieden wurde, so gestört, dass der Saal polizeilich geräumt wer­den musste. Am heuti­gen Abend blieb es hinge­gen ruhig. Nur 50 Anwohner_innen waren gekom­men, 342 aus einem Umkreis von 200m um die geplante Unterkun­ft waren eigentlich eingeladen.
All­ge­meine Fak­ten zu Flucht, Asyl und Unterbringung
Nach der Begrüßung und ein­er kleinen Vorstel­lungsrunde begann Wolf­gang Gall, Sozialdez­er­nent des Land­kreis­es Havel­land mit ein­er ein­führen­den Präsen­ta­tion zum The­ma Flucht und Asyl. Dem­nach waren 2014 unge­fähr 46,3 Mil­lio­nen Men­schen, vor allem aus Afghanistan, Soma­lia, Sudan, Kon­go, Myan­mar und dem Irak, auf der Flucht, 8% mehr als im Vor­jahr. Diese fliehen aber offen­bar nur zu einem kleinen Teil nach Europa und noch weniger in die Bun­desre­pub­lik. Die meis­ten Flüchtlinge nehmen, laut Gall, Pak­istan (1.600.000), Libanon (1.100.000), der Iran (982.000), die Türkei (824.000) oder Jor­danien (737.000) auf. Die Bun­desre­pub­lik werde bis Jahre­sende „lediglich“ 450.000 Men­schen, darunter viele aus Syrien, aufnehmen. Im Land­kreis Havel­land wer­den bis Ende 2015 unge­fähr 1.150 Asyl­suchende erwartet. Diese sollen im gesamten havel­ländis­chen Raum unterge­bracht wer­den. Für die Unter­bringung, die je nach Sta­tus in Gemein­schaft­sun­terkün­ften oder Woh­nun­gen erfol­gt, gibt es momen­tan vier Stan­dorte: Rathenow, Prem­nitz, Rhi­now und Frie­sack. Ein weit­eres Heim wird zudem ger­ade in Falkensee gebaut. Nauen wäre dann der sech­ste Stan­dort. Darauf ging dann Mar­tin Fel­stow vom Amt für Gebäude- und Immo­bilien­man­age­ment des Land­kreis­es Havel­land näher ein. In ein­er sep­a­rat­en Präsen­ta­tion stellte er das Bau­vorhaben in Nauen näher vor. Gemäß sein­er Auskun­ft wird die Gemein­schaft­sun­terkun­ft, ähn­lich wie beim Heim­neubau in der Kreis­stadt Rathenow, eben­falls in Mod­ul­bauweise errichtet. Das Gebäude in Nauen wird ein- bis zweigeschos­sig und gemäß den geset­zlichen Stan­dards aus­gerüstet sein. Mit ein­er Bau­genehmi­gung wird bis August gerech­net, so Fel­stow. Anschließend erfolge die Auf­stel­lung der Mod­ule, im Oktober/November der Innenaus­bau und bis Feb­ru­ar 2016 die Fertigstellung.
Fragerunde
Nach den eher har­monisch ver­laufend­en Präsen­ta­tio­nen der bei­den Land­kreisvertreter, ver­lief die Fragerunde deut­lich polar­isiert­er ab. Mehrere ältere Men­schen melde­ten sich hier­bei zu Wort und fassten zunächst die üblichen Vorteile gegen Asyl­suchende in Fra­gen zusam­men, die in der fol­gen­den Diskus­sion allerd­ings auch wieder recht schnell aus­geräumt wur­den. Dies­bezüglich warb auch Nauens Bürg­er­meis­ter Detlef Fleis­chmann für eine Broschüre, die viele Fra­gen zum The­ma Asyl beant­worten soll. Eine Direk­torin, deren Schule in Nach­barschaft zur geplanten Gemein­schaft­sun­terkun­ft liegt, betonte zudem, dass Willkom­men­spro­jek­te in Pla­nung seien. Schließlich wäre die direk­te Kom­mu­nika­tion die beste Möglichkeit Äng­ste zu nehmen. Behar­rlich­er blieben die älteren Herrschaften jedoch in der Frage, warum nicht auch die Asylgegner_innen in der heuti­gen Bürg­erver­samm­lung zu Wort kom­men kön­nten, um ihre Mei­n­ung zu äußern. Ein­er trug dies­bezüglich sog­ar einen vorver­fassten Text vor, in dem er bekan­nte: „Wir wollen Deutsch sein und darauf sind wir stolz.“ Hier wurde allerd­ings noch ein­mal darauf hingewiesen, dass die freie Mei­n­ungsäußerung jed­erzeit möglich sei. Die Stadt habe zudem auch immer wieder Ange­bote des Dialoges gemacht. Eine Sit­u­a­tion wie zur Stadtverord­neten­ver­samm­lung am 12. Feb­ru­ar sollte sich heute jedoch nicht wieder­holen. Auch gin­ge es, laut Wolf­gang Gall, nicht mehr darum über den Bau der Unterkun­ft abzus­tim­men, wie es die älteren Herrschaften am lieb­sten hät­ten. Die heutige Ver­samm­lung diene einzig allein der Informierung der Anwohner_innen. Detlef Fleis­chmann sieht Nauen zudem in Ver­ant­wor­tung es endlich den anderen Kom­munen im Land­kreis gle­ich zu tun und Asyl­suchen­den auch hier eine Zufluchtsstätte zu bieten.  Dass dies freilich nicht alle Nauener_innen überzeugt, scheint absehbar.
Näch­ste Demo gegen Asy­lun­terkun­ft in Planung
Die Bürg­erini­tia­tive „Zukun­ft Nauen“, neben der von der NPD ges­teuerten Ini­tia­tive „Nein zum Heim in Nauen“, das Sprachrohr der Asylgegner_innen in der Stadt, mobil­isiert beispiel­sweise für Fre­itag, den 29. Mai 2015, zu ein­er Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Gegen die Willkür von oben“. Das daran auch wieder Neon­azis teil­nehmen wer­den, scheint abse­hbar. Sowohl „Nein zum Heim in Nauen“ als auch die „NPD Pots­dam-Mit­tel­mark“ wer­ben näm­lich eben­falls für die Teil­nahme an der Ver­anstal­tung. Eine Gegen­ver­anstal­tung soll allerd­ings auch schon in Pla­nung sein.
Fotos: hier

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