NPD und „Freie Kräfte“ haben am heutigen Vormittag in der havelländischen Kleinstadt Nauen erneut gegen eine geplante Unterkunft für Asylsuchende Stimmung gemacht. Ungefähr 80 Neonazis hatten sich dazu in der Bredower Straße Ecke Straße des Friedens getroffen und eine Kundgebung durchgeführt. Die Versammlung soll einige Tage zuvor von Pierre Boddin, einem Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“, angemeldet worden sein. Gegen die Veranstaltung protestieren ungefähr 30 Menschen. Allerdings, aufgrund der polizeilichen Auflagen, erst in einer Entfernung von 100m zur Neonazikundgebung.
Stille Proteste
Schirmherr der Proteste war die Bürgerinitiative „Nauen für Menschlichkeit“. Diese hatte ebenfalls eine Kundgebung bei der Polizei angemeldet und sich am Bredower Weg Ecke Feldstraße versammelt. Die Proteste verliefen allerdings relativ still. Es wurden keine Slogans gerufen und keine Rede gehalten. Stattdessen wurde in kleiner Runde diskutiert sowie Plakate und Transparente gegen Rassismus und für die Aufnahme von Asylsuchenden gezeigt. An den Protesten beteiligten sich auch Nauens Bürgermeister Detlef Fleischmann (SPD), der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Hartmut Siegelberg (SPD), der Bundestagsabgeordnete Harald Petzold (DIE.LINKE), Mitglieder des Jugendclubs MIKADO e.V. sowie das Bündnis gegen Rechts Falkensee.
Organisierte Hetze
Die Veranstaltung der Neonazis wurde hingegen von der Initiative „Nein zum Heim in Nauen“ , hinter der sich mutmaßlich der lokale Ortsverband der NPD verbirgt, im Socialmedia beworben. Ebenfalls wurde in den Internetauftritten der „NPD Havel-Nuthe“, der „NPD Neuruppin“, der „NPD Oberhavel“ und der „NPD Potsdam-Mittelmark“ explizit auf die Kundgebung hingewiesen. Die einzelne Parteiverbände setzen damit das um, was unlängst auf dem Landesparteitag der NPD unter dem Motto „Protest muss Partei ergreifen“ beschlossen wurde, nämlich sich „ mit allen Initiativen, die friedlich gegen die Folgen der Masseneinwanderung protestieren“ zu solidarisieren. Allerdings geht es anscheinend nicht nur darum „Solidarität“ zu zeigen, sondern offenbar auch selbst in der Debatte aktiv mitzumischen.
Als einer der Drahtzieher der heutigen Veranstaltung gilt nämlich der Neuruppiner NPD Abgeordnete Dave Trick. Sein Name wird zumindest Impressum des virtuellen Flyers für die heutige Veranstaltung genannt. Eine Verbindung seinerseits nach Nauen wurde in der Vergangenheit durch offene Sympathien zu den „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“deutlich, an deren Veranstaltungen in der Stadt er schon mehrfach teilnahm. Zudem war Trick unlängst an den Tumulten bei einer Sitzung der Nauener Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar 2015 beteiligt, bei der u.a. über den Verkauf eines Grundstückes für die Errichtung der Asylunterkunft abgestimmt wurde. Dabei kam es auch zu einem Polizeieinsatz. Trick, weitere NPD Funktionäre, Sympathisant_innen der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ und andere Heimgegner_innen, hatten zunächst Parolen skandiert und anschließend gegen die Fensterscheiben des improvisierten Sitzungsgebäudes geschlagen. Daraufhin wurden sie durch angeforderte Bereitschaftspolizei des Geländes verwiesen.
Eine der damals skandierten Parolen war übrigens: „Wir sagen nein, zum Asylantenheim!“, also genau der Slogan mit dem im Socialmedia für die heutigen Veranstaltung gegen die Unterkunft für Asylsuchende mobilisiert wurde. Der Wiedererkennungswert der Parole hielt sich jedoch in Grenzen.
Nur wenige Nauener Heimgegner_innen, welche die Stadtversammlung am 12. Februar massiv störten, waren gekommen. Stattdessen reisten dutzende Neonazis aus den Landkreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming, Dahme-Spreewald, Oder-Spree und Spree-Neiße an.
Auch der erste Redner, der Kreistagsabgeordnete Michel Müller (NPD), war extra aus der 45km entfernten Stadt Rathenow angereist, um in einer kleinen Nebenstraße in Nauen die „sofortige Abschiebung aller Ausländer“, welche in der Bundesrepublik kein Anrecht auf Asyl haben, einzufordern sowie „das weltweit einzigartig einklagbare Recht auf Asyl sofort zu streichen“. Des Weiteren schürte er Überfremdungsängste und warnte vor kriminellen Asylsuchenden. Seine eigene kriminelle Karriere, die ihn u.a. für mehrere Jahre ins Gefängnis brachte verschwieg Müller hingegen.
Auch der aus Neuruppin zugereiste zweite Redner, Dave Trick, bediente zunächst die üblichen Klischees zum Thema Asyl, einschließlich der angeblich höheren Geburtenrate von Ausländern, um dann vor einem „Deutschland ohne Deutsche“, also dem drohenden „Volkstod“, zu warnen. Enden ließ er seine Rede schließlich mit einer Aufforderung zur Teilnahme am so genannten „Tag der Deutschen Zukunft“ (TDDZ). Diese jährlich an wechselnden Orten ausgetragene Großveranstaltung wird 2015 von den „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ in Neuruppin ausgerichtet.
Bereits seit Wochen läuft hierfür eine umfangreiche Mobilisierung im gesamten Bundesgebiet. Nauen liegt jedoch in besonderem Interesse der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“, da diese Gruppierung hier ihr zweites Standbein und sogar ein eigenes Postfach unterhält. Insofern wurde bereits im Aufruf zu der heutigen Veranstaltung explizit auf die Internetseite zum „TDDZ“ hingewiesen.
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