Aufgrund der nach wie vor steigenden Zahlen von in der Bundesrepublik ankommenden Flüchtlingen und Asylsuchenden, hat sich Wittstock/Dosse auf Bitten des Landkreises Ostprignitz-Ruppin entschlossen noch einmal 50 Menschen aufzunehmen und in der Stadt unterzubringen. Um dieses Vorgehen transparent für alle zu gestalten, hatte das Wittstocker Bürgerbündnis heute ab 19.00 Uhr zu einer Informationsveranstaltung in die Heilig-Geist-Kirche in der nördlichen Altstadt geladen. Ungefähr 50 Bürger_innen nahmen dieses Angebot an.
Bewährte Unterbringung
Eine Mitarbeiterin des Landkreises Ostprignitz-Ruppin führte zunächst mit einem allgemeinen Überblick in die anschließende Fragerunde ein. Gemäß ihren Ausführungen wird der Kreisverwaltung mehrmals im Jahr die Zahl der aufzunehmenden Asylsuchenden mitgeteilt. Dies geschieht nach einem Quotensystem, demnach 4,6 % aller im Land Brandenburg ankommenden Flüchtlinge vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin aufgenommen werden müssen. In diesem Jahr rechnet die Kreisverwaltung ungefähr mit 400 aufzunehmenden Asylsuchenden. Dies sind etwas mehr als 2014, da in großen Teilen der Welt nach wie vor Krieg und Vertreibung herrscht, so die Mitarbeiterin des Kreises. Bestrebt sei sie bzw. der Landkreis ansich, diese Menschen in erster Linie in Wohnungen unterzubringen, weil dies die geeignetste Art und Weise für eine erfolgreiche Integration ist. Allerdings klappt die Anmietung von Wohnraum nicht immer, da manchmal mehr Asylsuchende kommen als Wohnunterkünfte zur Verfügung stehen. Zurzeit sind jedenfalls immerhin 166 Menschen in Wohnungen im gesamten Landkreis untergebracht. Des Weiteren sind im Neuruppiner Heim für Asylsuchende 208 Personen untergebracht und in der seit Januar 2015 zur Verfügung stehenden Heimunterkunft in Wusterhausen/Dosse ungefähr 50. Dennoch wird dringend weiterer Wohnraum gesucht. Diesbezüglich hat sich wiederum Wittstock/Dosse angeboten, da der Kreis bereits bei der ersten Unterbringung von Flüchtlingen im Herbst vergangenen Jahres gute Erfahrungen gemacht hat. Damals wurden die Asylsuchenden übergangsweise zunächst im „B3-Center“ untergebracht, dort auf das Leben in der Stadt eingewöhnt und dann schließlich auf Wohnungen verteilt. Auf diese Erfahrungen soll jetzt aufgebaut werden und zum 1. April 50 weitere Flüchtlinge in ähnlicher Weise aufgenommen werden. Diesbezüglich bittet auch der Landkreis Ostprignitz-Ruppin die Bürger_innen den ankommenden Menschen zu helfen und sie aufzufangen.
Hilfsbereite Bürger_innen
Interessanter Weise stellte dies für den Großteil der auf der Bürgerversammlung anwesenden Menschen auch überhaupt kein Problem da. Die Fragen der meisten interessierten Bürger_innen zielten somit auch eher darauf ab, wie und wo konkret geholfen werden kann. Gibt es beispielsweise die Möglichkeit die Flüchtlingskinder sofort in die Kitas zu integrieren? Wie läuft die Integration in der Schule? Gibt es ausreichend Angebote für Deutschkurse? Wie sieht es mit Beschäftigungsmöglichkeiten aus? Können Patenschaften übernommen werden?
All diese Fragen wurden ruhig, sachlich und kompetent durch die im Podium sitzenden Experten beantwortet. Schließlich sollten alle Zweifel ausgeräumt werden, so dass aus etwaigen Missverständnissen keine Vorurteile entstehen. Auf die konkreten Fragen gab es dann auch genaue Antworten. Beispielsweise wird die Unterbringung von Flüchtlingskindern in Kita unbedingt angestrebt, obwohl hierfür kein Rechtsanspruch besteht. Anders verhält es sich hingegen mit der schulischen Ausbildung, hier gilt auch für Kinder von Asylsuchenden Schulpflicht, so dass auch hier eine bessere Integration ermöglicht werden kann. Zwar gibt es keine so genannten „Willkommensklassen“, wie beispielsweise in Großstädten, jedoch wird hierfür bereits nach einer entsprechenden Ersatzlösung gesucht. Gefunden wurden inzwischen schon Lösungen für das Angebot zusätzlicher Deutschkurse, die zurzeit beispielsweise von Lehrer_innen im Ruhestand betreut werden. Unterrichtsfall durch etwaige Mehrbelastung von in Dienst befindlichen, lehrenden Menschen wird so vermieden. Deutschkurse sind übrigens nicht nur Grundlage für eine gute Integration, sondern auch für die Aufnahme einer Tätigkeit. Diesbezüglich wurden ja die über Jahre geltenden, erschwerten Bedingungen erheblich gelockert. Asylsuchende dürfen demnach jetzt schon nach drei Monaten einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, wenn die Stelle nicht mit einem deutschen Staatsbürger oder einem Bürger aus der EU besetzt werden kann. Kontingentflüchtlinge dürfen zudem sogar sofort arbeiten.
Die beste Art der Integration ist aber immer noch der persönliche Kontakt zwischen den Menschen. Gelobt wurde deshalb der Vorschlag einer Bürgerin, Patentschaften für Asylsuchende zu übernehmen.
Asylgegner_innen bleiben wortlos, aber ablehnend
Selbstverständlich waren natürlich auch Asylgegner_innen im Saal anwesend. Allerdings blieben die sieben Sympathisanten von „Wittstock sagt nein zur Asylpolitik“, darunter auch mehrere bekannte Neonazis, heute erstaunlich ruhig. Desinteressiert spielte sie mit ihren Handys oder schliefen ab und zu ein. Dennoch ist die Ruhe möglicherweise trügerisch. Denn für den 28. März 2015 ruft „Wittstock sagt nein zur Asylpolitik“ unter dem Motto „Nein zu dieser Asylpolitik“ zu einem erneuten Aufmarsch in der Stadt auf.
Fotos: hier
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