(Erschienen in 6.“Rosen auf den Weg gestreut” )
In der letzten Ausgabe wurde bereits über die bevorstehenden Kommunalwahlen im September in
Brandenburg berichtet. Nun folgt ein Text von aktiven Antifaschist_innen aus Bernau und
Biesenthal – zwei Städte nordöstlich von Berlin (Landkreis Barnim).
Part 1: Der „Alte Dorfkrug“ in Schönow und die gestörte Ruhe
Die Stadt Bernau – auch bekannt als Hussitenstadt und schon immer eine rote Insel im braunen
Meer, trat in den letzten Jahren vor allem durch seine alternative und antifaschistische
Jugendszene in die Öffentlichkeit. Versuche von Brandenburger und Berliner
Neonazikameradschaften in den Jahren 2004 und 2005 in Bernau Fuß zu fassen scheiterten
kläglich. Doch seit einigen Monaten sorgt der ca. 5.900 Einwohner_innen starke Ortsteil Schönow
für Gesprächsstoff.
Im vergangenen Dezember fand in einer Gaststätte, dem „Alten Dorfkrug“ in Schönow
der Landesparteitag der NPD statt. Daraufhin berichtete die Polizei Barnim von regelmäßigen
monatlichen Treffen der NPD im Dorfkrug. Im März diesen Jahres kam es dann zu einem weiteren
größeren Neonazitreffen. Bei einem so genannten „Kameradschaftsabend“ waren neben „freien
Kameradschaftlern“ und NPD´lern aus Berlin und Brandenburg auch bekannte Neonazis, wie Jörg
Hähnel (seit kurzem NPD- Landesvorsitzender Berlin) und Mike Sandow (NPD- Kreisvorsitzender
Barnim-Uckermark) anwesend. Ebenso wie Michael „Lunikoff“ Regener, Sänger der verbotenen
Neonaziband „Landser“.
Seit einigen Jahren ist der „Alte Dorfkrug“ im Besitz von Frau Spahn und ihrem Lebensgefährten.
Regelmäßigen finden neben den bereits erwähnten Veranstaltungen, Konzerte und Parties statt.
Gegen die Annahme, der Dorfkrug habe schon lange finanzielle Probleme, und die NPD kam zur
rechten Zeit mit dem nötigen Geld, spricht u.a.:
Punkt 1: Die Wirtin hat nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein ideologisches Interesse. So
sind Lebensgefährte und besonders der Sohn selbst aktiv in der rechten Szene.
Neben örtlichen Neonazis wurden auch die so genannten „Rechtspopulisten“ — Verordnete der
„Unabhängigen Fraktion“ der Bernauer Stadtverordnetenversammlung, ehemals „Schillpartei“, bei
den NPD Veranstaltungen in Schönow gesehen. Diese Verbindung wundert nicht, so ist Mike
Sandow – Vorsitzender der NPD Barnim bei einem Mitglied der, drei Personen starken Fraktion,
als Hausmeister angestellt ist.
Punkt 2: Bereits im September 2004 sollte ein rechtsextremer Liederabend im Dorfkrug stattfinden.
Dieser, zu dem sich bereits 70 bis 80 Nazis versammelte, wurde schon im Vorfeld durch die Polizei
verhindert. Damals hatten auch die örtlichen Neonazis der „Nationalen Jugend Barnim“ und des
„Nationalen Bündnis Preußen“ zu dem Abend aufgerufen.
Punkt 3: Vor einigen Jahren sollte der Saal – weil er der einzige größere Raum in der Umgebung
ist — für Jugendliche im Ort geöffnet werden. Nach ersten Problemen mit Wirt und Wirtin, die ihre
rechte Propaganda an den Jugendlichen ausprobierten, suchte man nach einem anderen Ort für
die Jugendlichen.
Geht man nach der Ortsbürgermeisterin Adelheid Reimann (SPD) oder anderen Bürger_innen des
Ortes, stellen die regelmäßigen Treffen und Veranstaltung jedoch kein Problem dar. Da die Nazis
nicht offensichtlich mit Springerstiefeln, Glatze und Bomberjacke im Ort herumlaufen und Jagd auf
Migrant_innen, Homosexuelle, Behinderte oder Linke machen, sondern „ordentlich“ und meist in
Anzügen auftreten, stört sich niemand an den Veranstaltungen im Dorfkrug.
Die Bürger_innen wollen ihre Ruhe im Ort, deswegen sollte lieber nicht über die Nazis geredet
werden. Das könnte auch dem Ansehen der ganzen Stadt schaden.
Im Alten Dorfkrug in Schönow haben die Nazis nun einen „ruhiges Plätzchen“ gefunden um sich
ungestört auf die kommenden Wahlen vorzubereiten.
Doch es gibt einige Wenige, die nicht länger mit ansehen wollen, wie sich die Nazis breit machen.
Z.B. sagte der örtliche Sportverein seine Weihnachtsfeier im vergangenen Jahr im Dorfkrug ab,
nachdem bekannt wurde, dass dort der NPD- Landesparteitag stattfand. Verschiedene
Bürger_innen des Bernauer Netzwerkes für Toleranz und Weltoffenheit, darunter auch
Schönower_innen, wollen nun im Ort aufklären.
Part 2: Biesenthal: Mikey, die NPD und das Schulungszentrum
Immer wieder liest man in der Zeitung „NPD plant Schulungszentrum“, NPD will Grundstück
erwerben“, etc. Zuletzt gab es solch eine Vermutung Anfang Mai in Rheinsberg (Landkreis
Ostprignitz-Ruppin). Nun hieß es Ende Mai in diversen Zeitungen: „Nazis im Flüchtlingsheim?“
oder auch „NPD will ins Asylbewerberheim“.
Der Grund: Die NPD sei bei ihrer fieberhaften Suche nach einer Immobilie endlich fündig
geworden. Das ehemalige Asylbewerberheim in Biesenthal solle nun Schulungszentrum werden.
Bereits im August des letzten Jahres hieß es, die NPD habe Interesse an einem Objekt, welches
bis dahin als so genanntes Asylbewerberheim genutzt wurde. Der Mietvertrag des Heimes lief im
März diesen Jahres aus und der Besitzer weigerte sich den Vertrag zu verlängern. Viele Zeitungen
berichteten, dass die NPD noch im Mai mit ersten Veranstaltungen anfangen wolle. Der
Tagesspiegel, hatte dies aus so genannten Sicherheitskreisen vernommen. Dort heißt es weiter:
„In Biesenthal habe die Partei offenbar genau die Immobilie entdeckt, die sie gesucht hatte“. Auch
der Verfassungsschutz bestätigt dies. Nur der Besitzer bestreitet gegenüber Stadt und Presse
einen Mietvertrag mit der NPD zu haben. Biesenthals Bürgermeister André Stahl kündigte an: “Wir
werden eine NPD-Einrichtung verhindern und dabei alle Möglichkeiten des Ordnungs- und
Verwaltungsrechtes ausschöpfen.“ Kurz darauf veranlasste der Landkreis Barnim eine Verfügung
gegen eine mögliche Ansiedlung der NPD. Demnach dürfen die Gebäude auf dem Gelände nicht
für einen Pensionsbetrieb genutzt werden.
Mit diversen Aktionen wehrt sich die Stadt nun gegen die Ansiedlungen der NPD:
Nach Bekanntwerden der NPD Pläne, gründete sich ein Netzwerk gegen Rechts, welches zu
einem Friedensgebet gegen die NPD aufrief. Ende Mai steckten junge Antifaschist_innen Flyer in
Briefkästen in Biesenthal um für die Kampagne „Keine Stimme den Nazis“ im Vorfeld der
Kommunalwahlen aufmerksam zu machen. Weitere Aktionen sollen folgen.
Die Möglichkeiten von Stadt, Land und Zivilgesellschaft sich gegen die Ansiedlung der NPD zu
wehren, sehen allerdings nicht immer rosig aus. In einem Artikel des Tagesspiegel Mitte Juni,
wurde die Brisanz nun deutlicher: Auf dem Gelände wolle nicht nur die NPD einen „Stützpunkt“ für
die Kommunalwahlen im September aufbauen, auch für die neonazistische Musikszene oder
andere Neonazivereinigung wie die „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ), sei es ein „ein
zentrales Objekt“, das „bundesweit in die Szene ausstrahlt“.
Ob Schulungszentrum oder nicht, Biesenthal ist hinsichtlich neonazistischer Aktivitäten kein
unbeschriebenes Blatt.
So wohnen der Vorsitzende der NPD- Kreisverbandes Barnim- Uckermark Mike Sandow, welcher
sich im Dezember 2006 gründete, und weitere NPD Mitglieder in Biesenthal. Ab und an trifft man
Mikey bei der Biesenthaler Stadtverordnetenversammlung oder liest Kommentare auf der
Internetseite der Stadt.
Auch auf dem Internetportal des NPD Kreisverbandes, dem „Nationalen Netztagebuch“, find
en
sich antisemitische und rassistische Äußerungen der Partei. Ende Mai bejubelte die NPD eine
Frau, die einen „dunkelhäutigen“ Mitarbeiter der Berliner Verkehrsbetriebe geschlagen und
beschimpft hatte. Im letzten Jahr musste die Seite wegen einer antisemitischen Äußerungen
vorübergehend offline gehen.
Weitere Informationen findet ihr bei der Antifaschistischen Aktion Bernau www.antifa-bernau.tk und
unter www.inforiot.de