GegendemonstrantInnen, die Zeit, Geld und oft genug auch ihre Gesundheit aufs
Spiel setzen, um den Rechtsextremen nicht die Straße zu überlassen, sehen sich
häufig der Kriminalisierung durch staatliche Behören und weite Teile der Presse
ausgesetzt. Oftmals werden sie angegangen, sie sollten die Nazis doch
marschieren lassen — diese seien doch friedlich. Nichtsdestotrotz nehmen viele
junge und jugendliche Menschen diese Strapazen immer wieder auf sich.
Nico Unkelbach vom Landesarbeitskreis Antifaschismus (kurz: LAK Antifa) in und
beim neuen linken Jugendverband Brandneburgs, erklärte vor diesem Hintergrund
heute morgen: “Gerade dass immer mehr junge Menschen sich den Faschisten
entgegenstellen zeugt von einem couragierten und starken Grund- und
Selbstverständnis, welches Nazis und ihren dumpfen Parolen keinen Platz bietet.
Es handelt sich um junge Menschen, die keinen revisionistischen
Geschichtsunterricht à la ´Die Flucht´ brauchen, die wissen, dass Flucht,
Vertreibung, Vergewaltigung und Mord nicht mit der Roten Armee, sondern mit den
Deutschen in die Länder Europas getragen wurden.”
Die “Zunahme staatlicher Repression” gegenüber Menschen, die sich den alten und
neuen Nazis entgegenstellen, bezeichnete Unkelbach als bedenklich: „Es wirkt
nicht gerade wie eine Werbekampagne für antifaschistisches Engagement, wenn
nach einer Demo ein hoher Bußgeldbescheid oder eine polizeiliche Vorladung ins
Haus flattert.” Nur wenn die Solidarität untereinander stark genug ist, könne
solche Repressionen gemeinsam getragen werden. Der Landesarbeitkreis ruft in
diesem Zusammenhang zur Unterstützung der “Roten Hilfe” auf, die auf diesem
Feld wichtige Arbeit leiste.
Unkelbach wies weiter darauf hin, dass der Rechtsstaat sich überlegen müsste,
was er lieber wolle: “Dass seine BürgerInnen gegen undemokratisches Gebaren auf
die Straße gehen oder dass sie sich das Erstarken der Rechten im gemütlichen
Sessel vorm Fernseher anschauen?”
Der 8. Mai als Tag der Befreiung spielt für den Potsdamer Studenten dabei eine
wichtige Rolle: “Es gibt viele Tage im Jahr, an denen antifaschistische
Erinnerungskultur begangen werden kann und auch begangen werden sollte. Sei es
der 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, der
8. Mai als Gedenktag an die Befreiung vom Faschismus oder der 29. September, an
dem beim Massaker von Babij Jar (Kiew) mehr als 33.000 Menschen ermordet
wurden.” Da sich vor allem am 8. Mai öffentliches Interesse gewinnen lasse, sei
es um so wichtiger, dieses Datum nicht den Nazis und ihren revisionistischen
Theorien zu überlassen. Darüber hinaus sei es wünschenswert, wenn nicht nur an
symbolischen Feiertagen eine Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte
und dem neuen Rechtsextremismus stattfände: “Moderne Rechtsextreme präsentieren
sich und ihre Gewalt heute gern als Sprachrohr einer vermeintlich schweigenden
Mehrheit. Die Bevölkerung sollte ihre Abneigung deswegen noch eindeutiger und
entschlossener zeigen, sowohl wenn Nazis aufmarschieren, als auch wenn es gilt,
Solidarität mit den Opfern rechter Gewalt zu beweisen — seien es nun
AusländerInnen, Homosexuelle oder Linke.“
Zur laufenden NPD-Verbots-Kampagne des VVN/BdA erklärte Unkelbach im Namen des
Landesarbeitskreises: „Die Kampagne geht in die richtige Richtung, aber mit
Verboten allein kann die NPD und die Ideologie, auf der sie basiert und die in
vielen Köpfen verankert ist, nicht bekämpft werden.” Hierzu bedürfe es großer
gemeinsamer Anstrengungen, ein Ende der Kriminalisierung antifaschistischen
Engagements und die Sicherstellung der Finanzierung von Initiativen wie der
Opferperspektive oder der Mobilen Beratungsteams gegen Rechts seien erste
wichtige Schritte.