Potsdam » Bhf. Charlottenhof
12 Uhr » Naziaufmarsch verhindern!
Am 5.11. ist es mal wieder soweit. Christian Worch, ein seit Jahren bundesweit agierender Neonazi aus Hamburg möchte unter dem Motto „Gegen die Verunglimpfung deutscher Opfer von links — Keine Einteilung in Opfer 1. und 2. Klasse“ durch die Potsdamer Innenstadt ziehen. Zuletzt versuchte er dies am 30. Oktober letzten Jahres, als jedoch durch antifaschistische Gegenwehr trotz massiver Polizeigewalt zumindest verhindert werden konnte, dass die Nazis durch die Innenstadt zogen. Die Finger mit im Spiel werden auch diesmal wieder die zwar verbotenen, jedoch immer noch aktiven Berliner Kameradschaften Tor und BASO und die Potsdamer „Antiantifa“ sowie deren Umfeld haben. Diese Gruppen sind maßgeblich für die seit Monaten in Potsdam anhaltende Welle rechter Gewalttaten verantwortlich.
[Chronologie]
Wir wollen an die Erfolge des 30. 10. letzten Jahres anknüpfen und hoffen die Nazis diesmal daran hindern zu können, überhaupt erst loszulaufen.
Antiantifa ohne uns!
Die Potsdamer Kommunaladministration, die schon im letzten Jahr mit erstaunlicher Dreistigkeit den militanten Widerstand verurteilte und im gleichen Atemzug sich und ihre Gefolgschaft mit dessen Erfolg schmückte, möchte auch dieses Mal einen – selbstverständlich anständigen, also friedlichen, also mit der Polizei abgesprochenen – Aufstand inszenieren. Die historische Erfahrung liefert einige Gründe für Antifaschisten, sich in bestimmten Situationen mit solchen Kräften gegen die Faschisten zu verbünden.In Potsdam jedoch hat der Staat in diesem Sommer vor dem Hintergrund einer rechtsextremen Gewaltserie eine fanatische Repressionswelle gegen Antifaschisten in Gang gesetzt. Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und Bespitzelung sind die Erfahrungen, die diese in den letzten Monaten mit den Agenturen des staatlichen „Antifaschismus´“ machen mussten. Als es zu einem Fall von antifaschistischer Gegenwehr in der Potsdamer Innenstadt kam und ein bekanntes Mitglied der rechten Szene eine leichte Platzwunde davontrug (die ihn nicht daran hinderte am nächsten Tag auf einem Stadtfest wieder „Zeckenjagd“ zu gehen), ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes. Während eine der fünf Beschuldigten seit über vier Monaten in Untersuchungshaft sitzt, sind die anderen nur nach Zahlung einer abenteuerlich hohen Kaution wieder auf freiem Fuß. Kurze Zeit später stoppten Mitglieder der besagten Kameradschaften eine Straßenbahn und stürzten sich auf offener Straße zu fünfzehnt auf zwei Studenten, schlugen mit einer Flasche auf den Kopf der einen Person und zogen den abgebrochenen Flaschenhals durch das Gesicht der anderen, knapp an der Halsschlagader vorbei, während sie auf den bereits bewusstlos am Boden liegenden weiter einsprangen. Gegen diese Personen wurde lediglich der Vorwurf der schweren Körperverletzung erhoben und die Untersuchungshaft außer Vollzug gesetzt. An den Realitäten komplett vorbei schloss sich die städtische öffentliche Meinung unter der Federführung der Provinzjournaille dem profiln€tischen Staatsanwalt Peter Petersen an und lamentierte gebetsmühlenartig von einer von links in Gang gesetzten Gewaltspirale. Dieser Anständigenaufstand wird sich am 5. November unter Führung des Oberbürgermeisters mit der Polizei in die Arme fallen und man wird sich gegenseitig Blumen und Komplimente überreichen während die Büttel auf der Schattenseite dieses Szenarios den Nazis den Weg frei prügeln. Wir werden nicht an abseitigen Orten mit der staatlichen Antiantifa paktieren und uns an der Volksgemeinschaft „gegen rechts“ beteiligen!
Geschichtsrevisionismus ohne uns!
Es gibt aber einen weiteren Grund, aus dem wir die Veranstaltung der Stadtoberen nicht für den richtigen Ort für antifaschistisches Handeln halten. Dieser liegt in der weitgehenden Identität zwischen dem Anliegen der Nazidemo und dem des Engagements der Stadt Potsdam für die Vertriebenenlobby und den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Wenn wir am 5. November die Nazis bekämpfen, dann greifen wir sie nicht als Vertreter eines abstrakt „Bösen“ an, dass ungehobelt von außen in die Harmonie der demokratischen Kultur Potsdams einfällt, sondern als die grölenden Lautsprecher genau jenes Geschichtsrevisionismus, den das offizielle Potsdam selbst praktiziert! Denn den von den Nazis verherrlichten „deutschen Opfern“, die von Potsdamer Linken als das benannt worden sind, was sie tatsächlich waren, nämlich freiwillige Angehörige einer antisemitischen Mörderbande, ist auf dem Alten Markt mit dem „Vertriebenenstein“ längst ein Denkmal gesetzt worden. Auch die Proteste gegen diesen Akt der Rehabilitierung deutscher Täter hatte die Polizei seinerzeit zum Anlass einer Hetzjagd auf Antifaschisten durch die Innenstadt genommen. Die Deutschen – und in besonderem Maße auch dort, von wo sie nach ihrem Krieg umgesiedelt worden sind – hatten sich mit wehenden Hakenkreuzfahnen aus der Menschheit in die Volksgemeinschaft verabschiedet. Die Deutschen waren die Täter. Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Russen, Polen und Kommunisten u.a. waren die Opfer. Es handelte sich keinesfalls um Einzeltäter, sondern um ein Kollektiv, nämlich der zu Deutschen abstrahierten Individuen, das einen Verwaltungsmassenmord betrieb. Wer sich als Deutscher identifiziert, identifiziert sich auch mit dem Massenmord, ob er will oder nicht. Im Gegensatz zu den anständigen Deutschen geht es uns nicht allein um die Verhinderung eines Aufmarsches bekennender Nationalsozialisten, sondern auch um die Schmähung und Verächtlichmachung „deutscher Opfer“, um ihre korrekte Bezeichnung als [Mit-]Täter und die Bekämpfung ihrer Rehabilitierung! Wir rufen dazu auf, den Naziaufmarsch am 5. November kreativ, mit den notwendigen Mitteln und besonnenem Handeln zu verhindern und gleichzeitig den „Anständigen“ zu zeigen, dass wir an diesem Tag aus guten Gründen nicht mit ihnen zusammen gehen!
Deutsche Täter sind keine Opfer!
Nazis vertreiben!
Freiheit für Julia!