Auch in Brandenburg soll ein neues Polizeiaufgabengesetz (PAG) durch den Landtag gebracht werden. Dabei geht es, wie in anderen Bundesländern auch, um eine massive Verschärfung des Polizeigesetzes und eine Erweiterung der Befugnisse. Das neue Gesetz ermöglicht es, Menschen auch ohne konkreten Verdacht anzuhalten und zu durchsuchen, in Präventivgewahrsam zu nehmen oder mit Hausarrest zu belegen. Die Polizei soll damit ohne richterlichen Beschluss digitale Razzien durchführen können, wie z.B. Smartphones hacken dürfen, um Messenger wie WhatsApp mitzulesen – nicht nur von vermeintlich verdächtigen Personen, sondern auch in deren sozialen Umfeld. Zudem soll die Videoüberwachung des öffentlichen Raums noch stärker ausgeweitet werden.
Der gesellschaftliche Kontext
Diese Gesetzesverschärfungen sind vor dem Hintergrund einer generellen autoritären Entwicklung in Politik und Gesellschaft zu sehen, die sich icht zuletzt in verschärfter Repression gegen alle äußert, die gegen die bestehenden Verhältnisse rebellieren. Dies zeigte sich etwa in dem brutalen Vorgehen der Polizei, mit dem während des G20-Gipfels in Hamburg versucht wurde, jede Äußerung von Widerstand auf den Straßen zu verhindern. Nach dem Gipfel bemüht sich der Staat darum, mit öffentlichen Fahndungsaufrufen, die die Springerpresse bereitwillig verbreitete, dem Verbot einer oppositionellen Internetplattform (linksunten.indymedia.org), exemplarischen Strafen und Hausdurchsuchungen, die bis heute anhalten, diejenigen einzuschüchtern, die sich nach grundsätzlicher Veränderung sehnen.
Das neue Polizeigesetz soll solch einer staatlichen Repression erweiterte Möglichkeiten verschaffen. Davon sind wir alle betroffen. Letzlich richtet sich die Repression gegen alle, die nicht in das Bild des „angepassten Bürgers“ passen, die eine andere Vorstellung vom Leben haben oder den Freiheitsbegriff anders belegen. Egal ob Aktivist*innen, Migrant*innen, Wohnungslose, Fußballfans, Grafitti-Zeichner*innen, usw. – alle sind bedroht. Und mit der faktischen Abkehr von der Unschuldsvermutung soll es der Polizei und den Repressionsbehörden ermöglicht werden immer und überall einzugreifen.
Uns kann es nicht allein darum gehen, das aktuell geplante Polizeigesetz zu verhindern. Wir wollen nicht den liberalen Rechtsstaat gegen autoritäre Entwicklungen verteidigen, die er aufgrund seiner eigenen Widersprüche hervorbringt. Auch unter liberalen Bedingungen gehört es zu den selbstverständlichen Aufgaben der Polizei, Leute aus ihren Wohnungen zu werfen, wenn sie die Miete nicht bezahlen können, die Besitzlosen daran zu hindern, sich aus den prall gefüllten Warenhäusern die Dinge zu nehmen, die sie zum Leben brauchen oder haben wollen und Menschen ins Elend abzuschieben, wenn sie den Aufenthaltsbestimmungen der Obrigkeit nicht entsprechen. Letztendlich besteht die Aufgabe der Polizei einfach darin, die bestehenden Eigentumsverhältnisse und Hierarchien aufrecht zu erhalten. Selbst die liberalste Polizei wird ungemütlich, wenn Menschen die kapitalistischen Verhältnisse oder Aspekte derselben bewusst in Frage stellen. Immer wieder gut daran zu erkennen, mit welcher Vehemenz besetzte Häuser geräumt werden. Die Verteidigung des heiligen Eigentums ist auch für diese sich gern sozial- und mieter*innenfreundlichgebende Landesregierung oberste Pflicht. Das zeigt: Wir brauchen keinen sozialeren Staat oder liberaleren Kapitalismus!
Wir halten dennoch an der Hypothese fest, dass eine Gesellschaft ohne Zwang und Ausbeutung möglich und wünschenswert ist. Kämpfen wir dafür, die Wahrheit dieser Hypothese praktisch zu beweisen! Nehmen wir die Proteste gegen das neue Polizeigesetz zum Anlass, uns zum Kampf gegen das System zu organisieren, das dieses Gesetz hervorgebracht hat und braucht, um seine verheerende Entwicklung auch in Zukunft fortsetzen zu können!
Darum kommt in den antikapitalistischen Block auf der Demo gegen das neue Polizeigesetz am 10.11.2018 in Potsdam.
Für weitere Infos über die Demo und das Polizeigesetz: nopolgbbg.de
Mit diesem Aufruf wollen wir allen ermöglichen, sich an der Demo zu beteiligen, denen es um mehr geht, als um die Verhinderung des neuen Polizeigesetzes. Wir sehen in einer gemeinsamen Demo aber auch einen guten Anlass, dass alle Menschen einmal die Grenzen ihrer jeweiligen Milieus überwinden und sich zu einem gemeinsamen Widerstand gegen diesen staatlichen Angriff zusammenfinden, den eine Gruppe von Betroffenen allein sicher nicht wird abwehren können.