POTSDAM/SENFTENBERG Hunderte von Neonazis aus Deutschland und mehreren
€päischen Ländern planen nach Informationen der MAZ für den heutigen
Sonnabend eines der größten Skinheadkonzerte seit Jahren in Brandenburg.
Erwartet werden etwa 600 Teilnehmer. Als Treffpunkt vorgesehen ist offenbar
ein Privatgrundstück nahe der Grenze des Landkreises Oberspreewald-Lausitz
(OSL) zu Sachsen. Angekündigt sind Auftritte der Neonazi-Bands “Eisenherz”
aus Pirna sowie “Voice of Thunder” und “Act of Violence” aus Bayern.
Letztere soll nach Insider-Informationen in der rechtsextremen Kameradschaft
“Widerstand Schwaben” organisiert sein. Das brandenburgische
Innenministerium gab dazu gestern keine Stellungnahme ab.
Neonazis versuchen offenbar seit einiger Zeit, ihre Aktionen in Süden
Brandenburg zu verstärken und dabei auch das Verhalten der Polizei zu
testen — trotz des hohen Verfolgungsdrucks, den Innenminister Jörg Schönbohm
(CDU) schon seit Jahren auf die Neonazi-Szene ausüben lässt.
Schon am vergangenen Wochenende hatten sich etwa 120 Neonazis auf dem
Gelände eines Kleintierzüchtervereins in Calau (OSL) getroffen. Die
Versammlung — bei der die Neonazi-Band “Frontalkraft” aus Cottbus/Spremberg
spielte — wurde von der Polizei nicht aufgelöst. In Brandenburg gelte jedoch
weiterhin die Handlungsrichtlinie für die Polizei, möglichst jedes
Skin-Konzert aufzulösen, betonte Innenministeriumssprecher Wolfgang Brandt.
Einen Zusammenhang zwischen dem zurückhaltenden Verhalten der Polizei in
Calau und der Massenversammlung heute schließt man im Ministerium aus.
Die Auflösung von Neonazis-Konzerten ist laut Brandt an strenge rechtliche
Vorgaben gebunden und somit nicht einfach. Sobald Privatfeiern in
geschlossener Gesellschaft stattfinden, sinkt die Eingriffsmöglichkeit der
Polizei. Verursacht jedoch eine Feier ruhestörenden Lärm oder ertönen
verbotene, den Nationalsozialismus verherrlichende Texte, schreitet die
Polizei in der Regel ein. In Calau jedoch soll die Musik außerhalb des
Saales kaum wahrnehmbar gewesen sein. Ob verbotene Texte gesungen wurden,
ist unbekannt. Die Polizei hatte den Veranstaltungsort nicht betreten,
sondern lediglich aus der Distanz beobachtet.
Bedenklich erscheint Sicherheitsexperten dennoch, dass, wie in Calau,
“Frontalkraft” ungestört auftreten durfte. Auf der rechtsextremen
Schulhof-CD, die deutschlandweit in Hunderttausender-Auflage als Köder für
die braune Ideologie verschenkt werden sollte, findet sich auch Musik von
“Frontalkraft”.
Nach Angaben des Verfassungsschutzes wurden 2003 und 2004 in Brandenburg
jeweils acht Skinheadkonzerte bekannt. Zwei weitere Konzerte verhinderte die
Polizei 2004 durch ihr Eingreifen.