(Thorsten Metzner, Tagesspiegel) Potsdam — Brandenburgs Politik hat das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Frankfurt (Oder) zum Neonazi-Aufmarsch in Halbe mit Enttäuschung, aber auch Kritik aufgenommen. Wie berichtet, greift nach Auffassung des Gerichts das erst im April vom Landtag verabschiedete „Gedenkstättenschutzgesetz“ nicht, um Neonazis vom Soldatenfriedhof in Halbe fernzuhalten. Das OVG begründet dies damit, dass der Waldfriedhof in Halbe – anders als beispielsweise die Gedenkstätte Ravensbrück – vom Landesgesetzgeber nicht zu einem besonders geschützten Ort im Sinne des Versammlungsgesetzes erklärt worden sei.
„Wir werden das Urteil gründlich prüfen“, sagte Wolfgang Brandt, Sprecher des Innenministeriums. Bislang sehe man keine Versäumnisse auf Seiten der Landesregierung. „Auch ein Oberverwaltungsgericht kann sich irren“, sagte Ralf Holzschuber, selbst Anwalt und rechtspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Zwar bedauerte auch PDS-Fraktionschefin Dagmar Enkelmann die OVG-Entscheidung, doch sieht sie auch Versäumnisse des Schönbohm-Ministeriums: „Das Gesetz war mit heißer Nadel gestrickt.“
Innenministerium und Koalitions-Experten verweisen auf die komplizierte Rechtslage: Die Versammlungsfreiheit sei ein Grundrecht, geschützt durch Bundesrecht. Tatsächlich hatte der Bundestag Anfang 2005 Einschränkungen im Versammlungsgesetz beschlossen, um wenigstens das Holocaust-Mahnmal in Berlin und Gedenkstätten in früheren NS-Konzentrationslagern vor rechtsextremen Provokationen zu schützen.
Dieser Schutz sei auf Gedenkstätten begrenzt, erläutert Ministeriumssprecher Brandt und erinnerte daran, dass Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) im Bundesgesetz auch Soldatenfriedhöfe wie Halbe schützen lassen wollte, damit aber abblitzte. Um Halbe trotzdem vor Neonazi-Aufmärschen zu bewahren, hatte Brandenburg zusätzlich das Landes-Gräbergesetz verschärft, was das Frankfurter OVG – anders als das Verwaltungsgericht Cottbus – aber nicht mitträgt.
In der Koalition hofft man nun, dass sich diese Bewertung im Zuge der Fusion mit dem Berliner Oberverwaltungsgericht zum 1. Juli 2005 ändert. Sven Petke, CDU-Generalsekretär und Rechtsausschussvorsitzender im Landtag: „Das gemeinsame Gericht kommt vielleicht zu Urteilen mit größerer Akzeptanz.“