20. Juni 2005 · Quelle: Tagesspiegel

Wo sind die Demokraten?

(Tagesspiegel) Da hil­ft kein Schönre­den. Die Bekämp­fung des erstark­enden Recht­sex­trem­is­mus in Bran­den­burg hat am Woch­enende einen dop­pel­ten Rückschlag erlit­ten – poli­tisch und juris­tisch. Es alarmiert, dass sich statt der erwarteten dre­itausend nur einige hun­dert Bürg­er am Sol­daten­fried­hof Halbe ein­fan­den, um die braunen Wehrma­chtsver­her­rlich­er zu stop­pen. Man halte fest: Bran­den­burg ist – lei­der – nicht Berlin, wo am 8. Mai ein ganz anderes Sig­nal gegen die NPD möglich war. Dabei hat­ten in Halbe 16 Ver­bände, darunter die Lan­desparteien von SPD und PDS, der DGB, Lan­dess­port­bund, die evan­ge­lis­che Kirche, ja sog­ar der Anglerver­band zur Gegen­demon­stra­tion aufgerufen. Außer­dem waren Bun­destagspräsi­dent Wolf­gang Thierse und Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck als Red­ner angekündigt. Woran liegt es, dass das oft geforderte bre­ite gesellschaftliche Bünd­nis gegen Recht­sex­treme seine Bewährung­sprobe nicht bestanden hat? 

Es wirft ein schlecht­es Licht auf den Zus­tand dieses Lan­des: Die man­gel­nde Res­o­nanz zeigt, wie ger­ing der Ein­fluss, die Bindungs- und Mobil­isierungskraft der demokratis­chen Insti­tu­tio­nen, Parteien und Organ­i­sa­tio­nen Bran­den­burgs ist. Und CDU-Lan­deschef Jörg Schön­bohm muss sich vorhal­ten lassen, mit dem Boykott der Ver­anstal­tung durch die Union und seinen Hor­rorszenar­ien von anreisenden gewalt­täti­gen Berlin­er Autonomen auch noch zur Abschreck­ung beige­tra­gen zu haben. Schön­bohm allein den schwarzen Peter zuzuschieben, greift zu kurz: Offen­bar kann nicht ein­mal mehr die mit­glieder­starke PDS in Bran­den­burg, die gern den moralis­chen Zeigefin­ger hebt, ihre Anhänger mobil­isieren. Ganz zu schweigen von der SPD-Regierungspartei. 

Der CDU-Lan­deschef und Innen­min­is­ter wiederum hat keinen Anlass zum Tri­umph. Im Gegen­teil: Das extra zum Schutz des Sol­daten­fried­hofs vor Neon­azi-Aufmärschen ver­ab­schiedete Gesetz, das vom Frank­furter Oberver­wal­tungs­gericht für Maku­latur gehal­ten wird, kommt aus seinem Min­is­teri­um. Wenn sich die dur­chaus frag­würdi­ge Frank­furter Recht­sauf­fas­sung durch­set­zt, wird es am Volk­strauertag wie im vorigen Jahr einen Großauf­marsch der Recht­sex­tremen geben. „Der Weg zum Sol­daten­fried­hof ist frei”, jubeln die Neon­azis bere­its im Internet.

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