15. März 2018 · Quelle: Presseservice Rathenow

Neonaziaufmarsch zum 18. März

Am kommenden Sonntag beabsichtigen Neonazis in Potsdam eine Kundgebung abzuhalten. Für diese geplante Veranstaltung wird derzeit in den sozialen Medien u.a. mit Videoclips und Aktionsfotos geworben.

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Sol­i­dar­ität­skundge­bung für verurteilte Neon­azi-Funk­tionäre geplant / Kaser­nen in Elstal als Kulisse für Mobil­isierungsvideos / Freie Kräfte spie­len Haup­trol­le / Gefan­gene­nun­ter­stützung bei Neon­azis Dauerthe­ma / Ver­such der Beset­zung von linken und  anti­ras­sis­tis­chen Aktion­sta­gen /  Gegen­proteste angekündigt

Am kom­menden Son­ntag beab­sichti­gen Neon­azis in Pots­dam eine Kundge­bung abzuhal­ten. Für diese geplante Ver­anstal­tung wird derzeit in den sozialen Medi­en u.a. mit Video­clips und Aktions­fo­tos gewor­ben. Tat­säch­lich liegt, laut Infor­ma­tio­nen von PNN und MAZ, eine Ver­samm­lungsan­mel­dung bei der Polizei vor. Dem­nach beab­sichtigt eine nicht näher genan­nte Pri­vat­per­son eine Kundge­bung vor dem Jus­tizzen­trum in der Jäger­allee durchzuführen. Hin­ter­grund der Ver­samm­lung soll der „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ sein. Gegen die Kundge­bung wur­den bere­its zwei Protestver­anstal­tun­gen angemeldet.

Sol­i­dar­ität­skundge­bung für verurteilte Neonazi-Funktionäre

02_2012.08.04 Bad Nenndorf Ursula Haverbeck spricht auf Neonaziaufmarsch
Kult­fig­ur des neon­azis­tis­chen Milieus: Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck. Hier während eines Neon­azi­auf­marsches am 4. August 2012 in Bad Nen­ndorf (Nieder­sach­sen)

Wer sich hin­ter den Organ­isieren­den der Neon­azi-Kundge­bung am kom­menden Son­ntag ver­birgt ist jedoch derzeit noch nicht abschließend gek­lärt. Die Ver­anstal­tenden sel­ber hal­ten sich auf ihren Mobil­isierungs­seit­en jeden­falls eher bedeckt. Sie fordern dort u.a. allerd­ings die Freilas­sung von verurteil­ten Führungs­fig­uren aus dem neon­azis­tis­chen Milieu, darunter der Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck und des Anti­semiten Sascha Krolzig (DIE RECHTE). Bei­de wur­den unlängst wieder wegen Volksver­het­zung verurteilt. Haver­beck hat­te am 30. Jan­u­ar 2016 in ein­er Berlin­er Gast­stätte wieder­holt den Holo­caust geleugnet, Krolzig den Vor­sitzen­den der jüdis­chen Gemeinde Herford/Detmold in einem Online Bericht 2016 als „frechen Juden­funk­tionär“ bezeichnet.

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Anti­semit Sascha Krolzig (DIE RECHTE) beze­ich­nete den Vor­sitzen­den der jüdis­chen Gemeinde Her­ford / Det­mold als „frechen Juden­funk­tionär“. Das Foto zeigt Krolzig während eines Neon­azi­auf­marsches am 18. März 2017 in Leipzig (Sach­sen).

Bei­de besitzen auch über neon­azis­tis­che Partei­gren­zen hin­aus eine gewisse Pop­u­lar­ität im Milieu, so dass beispiel­sweise der kür­zliche Rück­tritt des gesamten Bran­den­burg­er Lan­desvor­standes von DIE RECHTE sowie dessen Empfehlung an alle 36 Mit­glieder des Lan­desver­ban­des bis Ende Jan­u­ar 2018 die Partei zu ver­lassen nicht unbe­d­ingt eine Rolle spielt.

Andere Bran­den­burg­er Neon­azistruk­turen küm­mern sich offen­bar um die Bewer­bung der geplanten Ver­anstal­tung in Potsdam.

Kaser­nen in Elstal als Kulisse für Mobilisierungsvideos 

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Die Löwen-Adler-Kaser­nen in Elstal nutzten Neon­azis als Kulisse für Mobilisierungsaufnahmen.

Als Aus­drucksmit­tel dienen offen­bar in der Region gefer­tigte Aktions­fo­tos und Video­clips. Ein Großteil der auf der entsprechen­den Social­me­dia-Seite zum „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ veröf­fentlicht­en Auf­nah­men ent­standen beispiel­sweise in den leer ste­hen­den Löwen-Adler-Kaser­nen in Wuster­mark OT Elstal (Land­kreis Havelland).

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Auch dieses Gebäude auf dem Kaser­nen­gelände diente als Kulisse

Auf den Fotos und Videos sind mehrere ver­mummte Per­so­n­en erkennbar die wahlweise Parolen an Wände schreiben, Luft­bal­lons steigen lassen oder Fah­nen und Ban­ner zeigen. Auf einem Spruch­band wurde u.a. ein­mal mehr die Freilas­sung von Ursu­la Haver­beck gefordert. Weit­er­hin sind auf den Auf­nah­men die Bran­den­bur­gis­che Lan­des­flagge, eine schwarz-weiß-rote Reichs­fahne sowie eine schwarze Fahne von „Freien Kräften“ deut­lich erkennbar.

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In einem Raum ein­er mehrstöck­i­gen Kaserne hin­ter­ließen die Neon­azis einen Aufruf für den 18. März

Die ehe­ma­li­gen Mil­itärein­rich­tun­gen in Elstal wur­den in den 1930er Jahren ursprünglich für das Heer des NS Staates errichtet. Unter anderem waren dort Infan­terie­ver­bände der Wehrma­cht sta­tion­iert. Nach dem Zweit­en Weltkrieg wur­den dort zunächst Geflüchtete unterge­bracht. 1947 bis 1992 war das Gelände Teil ein­er großen Gar­ni­son der sow­jetis­chen Armee.

Seit dem Abzug des Mil­itärs ste­hen die Kaser­nen leer. Sie sind heute in einem ver­wahrlosten Zus­tand und rel­a­tiv leicht begehbar.

Freie Kräfte spie­len Hauptrolle

2016.03.22 Potsdam POGIDA Marsch Aktionsgemeinschaft Asylhuette
Pots­damer Neon­azis und Sym­pa­thisierende der „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“ liefen im Früh­jahr 2016 als Aktion­s­ge­mein­schaft „Asyl­huette in Pots­dam? Kannste Knick­en!“ bei POGI­DA-Aufmärschen in Pots­dam mit.

An Hand der bish­er veröf­fentlicht­en Mobil­isierungsaufrufe zum geplanten „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ , ins­beson­dere dem Video­ma­te­r­i­al aus Elstal, scheinen vor allem so genan­nte „Freie Kräfte“ aus West­bran­den­burg  eine fed­er­führende Rolle in der Organ­isierung der Ver­samm­lung zu spielen.

Ins­beson­dere die „Freien Kräfte Prig­nitz“ und die „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“ (FKN) treten darüber hin­aus bei der Bewer­bung der Kundge­bung auf ihren Social­me­dia-Seit­en in den Vorder­grund. Einzelne bekan­nte Akteure dieser Grup­pierun­gen sind zu dem, trotz Ver­schleierung der Gesichter, auf Mobil­isierungsauf­nah­men, die auf der Social­me­dia-Seite „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ erstveröf­fentlicht wur­den, erkennbar.

Aktivis­ten der FKN trat­en in der jüng­sten Ver­gan­gen­heit auch gemein­sam mit Pots­damer Neon­azis unter dem Label „Asyl­huette in Pots­dam? Kannste knick­en!“ in Erschei­n­ung. Mehrfach wur­den Ban­ner dieser Aktion­s­ge­mein­schaft beispiel­sweise bei Aufzü­gen des Pots­damer PEGI­DA-Ablegers POGIDA im Früh­jahr 2016 gezeigt.

Gefan­gene­nun­ter­stützung bei Neon­azis Dauerthema

04_2015.10.24 Neuruppin Kundgebung von NPD und Freien Kraeften
Braune Gefan­genen­hil­fe: Neon­azikundge­bung am 24. Okto­ber 2015 vor dem Amts­gericht in Neuruppin.

Es ist übri­gens auch nicht das erste mal das Neon­azis aus West­bran­den­burg Sol­i­dar­ität­skundge­bun­gen für verurteilte und/oder inhaftierte Gesin­nungsgenossen organisieren.

Am 5. Juli 2014 ver­anstal­tete eine „Alter­na­tive Jugend Havel­land“ eine Kundge­bung mit 25 Teil­nehmenden, der Großteil bekan­nte Sym­pa­thisierende der „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“, in Bran­den­burg an der Hav­el. Dabei wurde sich u.a. mit dem in ein­er örtlichen JVA inhaftierten Holo­caustleugn­er Horst Mahler solidarisiert.

Am 25. Okto­ber 2014 ver­anstal­tete die neon­azis­tis­che „Gefan­genen­hil­fe“ unter dem Mot­to: „Sol­i­dar­ität gegen staatliche Repres­sio­nen – Gemein­sam gegen Iso­la­tion“ eine Ver­samm­lung in Bran­den­burg an der Hav­el. Unter den 80 Teil­nehmenden waren vor allem Partei­funk­tionäre von NPD und JN, vom III. Weg sowie bekan­nte Akteure „Freier Kräfte“ aus Westbrandenburg.

Am 24. Okto­ber 2015 ver­sam­melten sich 80 Neon­azis unter dem Mot­to: „Die Gedanken sind frei…“ zu ein­er Kundge­bung vor dem Amts­gericht in Neu­rup­pin (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin). In einem Rede­beitrag erin­nerte u.a. ein führen­der Kopf der „Freien Kräfte Neu­rup­pin-Osthavel­land“ an die Inhaftierten Holo­caustleug­nen­den Ursu­la Haver­beck, Horst Mahler und Ernst Zündel.

Ver­such der Beset­zung von linken und anti­ras­sis­tis­chen Aktionstagen

Bemerkenswert ist jedoch, dass Neon­azis ihre Gefan­genen­hil­fe erst­mals am 18. März zu propagieren und damit offen­bar ein­mal mehr ver­suchen einen Aktion­stag der radikalen Linken für die Ver­bre­itung  neon­azis­tis­ch­er Ide­olo­gie zu besetzen.

Der 18. März wurde näm­lich ursprünglich 1923 unter dem Mot­to: „Inter­na­tionaler Tag der Hil­fe für die poli­tis­chen Gefan­genen“ von der „Inter­na­tionalen Roten Hil­fe“ ins Leben gerufen und 1996 als „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ von der Roten Hil­fe eV wiederbelebt.

Das Datum soll an den Auf­s­tand der Paris­er Kom­mune im Jahr 1871, deren Zer­schla­gung sowie an die anschließende Verurteilung von mehreren tausend Kom­mu­nar­den zu meist lebenslanger Haft erinnern.

Des Weit­eren find­en im Zeitraum vom 12. zum 25. März 2018 die „inter­na­tionalen Wochen gegen Ras­sis­mus“ statt. In Pots­dam wird es in diesem Rah­men u.a. Work­shopange­bote und Lesun­gen geben. Hin­ter­grund dieser Ver­anstal­tun­gen ist der „Inter­na­tionale Tag für die Besei­t­i­gung ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung“ (21. März).

Gegen­proteste angekündigt 

Indes rief das zivilge­sellschaftliche Aktions­bünd­nis „Pots­dam beken­nt Farbe“ im Social­me­dia zu Protesten gegen die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung auf. „Wenn neona­tion­al­sozial­is­tis­che Kräfte in unser­er Stadt Geschicht­sre­vi­sion­is­mus betreiben, müssen sie selb­stver­ständlich mit entsch­ieden­em Wider­spruch rech­nen“, so das Bünd­nis im Socialmedia.

Ab 14:00 Uhr ist beispiel­sweise eine Kundge­bung unter dem Mot­to: „Für eine men­schen­fre­undliche Gesellschaft ohne Hass“ in der südlichen Jäger­allee, in der Nähe der Neon­aziver­samm­lung, geplant.

Eine weit­ere Demon­stra­tion gegen die Neon­azis wurde von ein­er Poli­tik­erin der Partei DIE.LINKE angemeldet und soll außer­dem ab 13.00 Uhr am Platz der Ein­heit starten. End­punkt dieser Ver­samm­lung wird das nördliche Ende der Jäger­allee, eben­falls in Nähe zur Neon­aziver­samm­lung, sein.

Foto­ma­te­r­i­al auf Flickr: HIER

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