An diesem Wochenende wollen Nazis in Potsdam eine Solidaritätskundgebung für einen wegen antisemitischer Beleidigungen verurteilten Neonazi durchführen. Das Datum, das sie sich dafür ausgesucht haben, ist der 18. März, der Tag der politischen Gefangenen. Dies ist nur ein weiterer, wenn auch besonders dummer Versuch von (Neo-)faschistInnen, sich Daten und Symbole linker Bewegungen anzueignen.
1923 erklärte die Internationale Rote Hilfe (IRH) den 18. März zum „Internationalen Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen“. Das Datum wurde in Erinnerung an den Beginn der Pariser Commune am 18. März 1871 gewählt. Die Pariser Commune war ein Signal des Aufbruchs und der Hoffnung für die Linke weltweit. Entstanden während des Deutsch-Französischen Krieges verkörperte sie einen Gegenentwurf zu Nationalismus und Chauvinismus. In der Erinnerungskultur der ArbeiterInnenbewegung stand dieses Datum für das Gedenken einerseits an einen der ersten politischen Erfolge der revolutionären ArbeiterInnenbewegung und andererseits an die Opfer, die die Niederschlagung der Revolution in Paris kostete. 25.000 Menschen fielen dem konterrevolutionären Terror unmittelbar zum Opfer, weitere 3000 starben in den Knästen und 13700 wurden zu meist lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Nach der Niederschlagung der revolutionären Kämpfe Anfang der 1920er Jahre saßen weltweit wieder viele RevolutionärInnen im Knast, mussten untertauchen und wurden verfolgt. Um die Kämpfe gegen diese Verfolgung zu bündeln führte die IRH den Tag der politischen Gefangenen ein. Er war ein Symbol einer internationalen solidarischen Emanzipationsbewegung, die sich auch dem aufkommenden Faschismus entgegenstellte. In den Reihen der Roten Hilfe Deutschlands (RHD) engagierten sich viele Linke mit einem jüdischen Hintergrund, viele jüdische JuristInnen und Intellektuelle unterstützen die RHD.
Seit den 1990er Jahren begeht die Rote Hilfe als linke strömungsübergreifende Solidaritätsorganisation den 18. März wieder als Tag der politischen Gefangenen. An diesem Tag erinnern wir an Menschen, die wegen ihres Eintretens für eine Welt ohne Krieg, Ausbeutung und Rassismus in den Knästen sitzen. Wir stellen uns damit in die Tradition internationaler Kämpfe um Emanzipation.
Das Vorhaben der Nazis steht diesen Traditionen und damit der Idee des „Tages der politischen Gefangenen“ diametral entgegen. Als Rote Hilfe Potsdam rufen wir deshalb dazu auf, am 18. März die Nazikundgebung vor dem Landgericht Potsdam zu verhindern.
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