(Berliner Zeitung, Jens Blankennagel) NEURUPPIN. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin plant ein Eilverfahren wegen
Körperverletzung gegen zwei Neonazis. Sie hatten am Samstagabend zwei Polizisten bei einer Ausweiskontrolle in Neuruppin verletzt. Der Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Wolfgang Bauch, forderte am Montag
eine schnelle Reaktion der Justiz und empfindliche Strafen.
Die 19 und 20 Jahre alten Angreifer gehörten einer Gruppe von zehn angetrunkenen Neonazis an, die an einer Tankstelle fremdenfeindliche Parolen skandiert hatten. Anwohner alarmierten die Polizei. “Wir schickten zwei
Streifenwagen los”, sagte Polizeisprecherin Anja Breyer. Während der Ausweiskontrollen kamen immer mehr Jugendliche von einem nahen Parkplatz hinzu. Ihrer Kleidung nach waren sie mehrheitlich Neonazis. Einige waren der
Polizei bereits durch andere Vorfälle bekannt. Die Beamten forderten weitere
Kräfte an. Insgesamt 29 Polizisten umstellten die 45 Jugendlichen
schließlich. “Einige versuchten, gewaltsam die Absperrung zu durchbrechen”,
sagte die Polizeisprecherin. Dabei erlitten ein 51-jähriger Beamter und eine
22-jährige Polizistin Hautabschürfungen und Prellungen. “Es konnten 24
Jugendliche vorübergehend festgenommen werden”, sagte sie. Die beiden
Haupttäter haben die Körperverletzung gestanden. Deshalb ist nun ein
Eilverfahren möglich. Die gesonderten Ermittlungen wegen des Grölens
ausländerfeindlicher Parolen dauern an.
“Die Gewaltbereitschaft von Rechtsradikalen hat in erschreckender Weise
zugenommen”, sagte Anja Breyer. Zuletzt wurden bei einer Ausweiskontrolle am
1. Juli in Wittstock zwei Polizeibeamte verletzt. Der Landeschef der
Gewerkschaft der Polizei, Andreas Schuster, erklärte am Montag: “Als
Polizisten vertrauen wir auf den Rechtsstaat und auf eine schnellstmögliche
Reaktion der Justiz.” Doch bei der Bestrafung dürfe es keine Sonderregelung
geben, weil die Täter Polizisten angegriffen hätten. “Es muss das gleiche
Strafmaß gelten, als hätten sie normale Bürger angegriffen.”
Die latente Gewaltbereitschaft der Neonazis gegenüber der Polizei hat im
Land nach Ansicht Schusters deutlich zugenommen. “Noch sind es Einzelfälle”,
sagte er. Die Polizei werde verhindern, dass Neonazis versuchen, Polizisten
durch gezielte Angriffe einzuschüchtern.
Wegen rechtsextremistisch motivierter Angriffe — beide Fälle ereigneten sich
am 19. Juli — sitzen derzeit zwei Brandenburger Bundeswehrsoldaten in
Untersuchungshaft. Ein Soldat verletzte in Brandenburg/Havel einen Kenianer
mit einer Glasscherbe lebensgefährlich. In Burg wurde ein Mann so
misshandelt, dass er auf Dauer entstellt bleiben wird.
“Eine Häufung solcher Übergriffe durch Soldaten sehen wir nicht”, sagte ein
Bundeswehrsprecher. Die Soldaten müssten sich nicht nur vor Gericht, sondern
auch dienstrechtlich verantworten. Im Vorjahr habe die Bundeswehr 139
rechtsradikale oder fremdenfeindliche Vorfälle überprüft. “Wer zu mehr als
einem Jahr Haft verurteilt wird, den entlässt die Bundeswehr automatisch”,
sagte er. Auch bei geringeren Strafen würden die politischen Motive der
Täter akribisch geprüft. “Wer dem Ansehen der Bundeswehr schadet, hat keinen
Platz bei uns.”
Bei dem Überfall des Soldaten auf den Kenianer in Brandenburg griffen
übrigens zwei Frauen ein. Die Polizei geht davon aus, dass sie dadurch das
Leben des Opfer retteten. Eine der Helferinnen ist 19 Jahre alt — und
Soldatin.
Neonazi-Angriff: Verband fordert Konsequenzen
(BM) Neuruppin — Nach der Verletzung zweier Polizisten durch randalierende Neonazis in Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) hat der Bund Deutscher
Kriminalbeamter (BDK) eine schnelle Reaktion der Justiz und empfindliche
Freiheitsstrafen gefordert. Derartige Übergriffe seien nicht hinnehmbar und
müssten konsequent geahndet werden, forderte gestern BDK-Landeschef Wolfgang
Bauch.
Am Sonnabendabend waren aus einer Gruppe von 45 angetrunkenen Männern heraus
Polizisten angegriffen worden. Eine 22 Jahre alte Polizistin und ein 51
Jahre alter Beamter zogen sich Schürfungen und Prellungen zu. Ein 19- und
ein 20-Jähriger waren danach festgenommen worden. Sie gaben die Attacken auf
die Beamten nach Angaben der Polizei zu und wurden noch am Sonntag wieder
auf freien Fuß gesetzt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin strebt ein
beschleunigtes Verfahren an. Insgesamt waren 24 Rechtsextreme zwischen 15
und 30 Jahren wie berichtet zeitweilig in Gewahrsam genommen worden.
An einer Tankstelle hatten sich zunächst zehn Rechtsextreme
zusammengerottet, von denen einige ausländerfeindliche Parolen grölten. Als
Polizisten die Identität der Männer feststellten, kamen weitere Mitglieder
der Szene hinzu. Aus der auf 45 Personen angewachsenen Gruppe griffen
Schläger die Einsatzkräfte an. Eine Polizeiabsperrung wurde durchbrochen,
einige Randalierer flüchteten.