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Neonazis im Pfadfinderpelz

31.07.2008:

Der recht­sex­treme Vere­in Heimat­treue Deutsche Jugend erzieht in Ferien­lagern Kinder zu Kadern. Experten hof­fen auf ein rasches Verbot

Ver­steckt hin­ter Feldern und Wäldern schla­gen Neon­azis jeden Som­mer für ihren Nach­wuchs die Zelte auf. Auf dem Pro­gramm des recht­sex­tremen Vere­ins Heimat­treue Deutsche Jugend (HDJ) ste­hen Märsche, Appelle und Mut­proben, wie Fotos und Pub­lika­tio­nen doku­men­tieren. Sog­ar von Schein­hin­rich­tun­gen war in der Ver­gan­gen­heit die Rede. Mäd­chen in lan­gen Röck­en und Jun­gen in Zun­ftho­sen wer­den in den Ferien­lagern mil­itärisch gedrillt.

Ziel ist die ide­ol­o­gis­che Schu­lung und kör­per­liche Ertüch­ti­gung der Kinder. Wo die Camps stat­tfind­en, ist streng geheim. Doch viele Experten sind sich­er, dass die HDJ auch in Berlin und Bran­den­burg aktiv ist.
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Einige führende Aktivis­ten lebten nördlich von Berlin, sagt der Poli­tik­wis­senschaftler Gideon Botsch vom Moses-Mendelssohn-Zen­trum in Pots­dam. Die “Ein­heit Preußen” sei ein aktiv­er Ver­band, der auch bun­desweit eine Rolle spiele. Gemein­sam mit anderen recht­sex­tremen Grup­pen richte die HDJ den jährlich stat­tfind­en­den “Märkischen Kul­turtag” aus, bei dem vor zwei Jahren in Blanken­felde eine Jour­nal­istin von Neon­azis ange­grif­f­en wurde. Zulet­zt erregte die Ein­heit Aufmerk­samkeit, als ihre Anhänger laut Ver­fas­sungss­chutz im ver­gan­genen Jahr in Uni­form durch Oranien­burg marschierten.

Doch viel sei in der Öffentlichkeit über die Aktiv­itäten nicht bekan­nt, betont Botsch. “Es herrscht eine extreme Abschot­tung.” Die Mit­glieder woll­ten unbeobachtet bleiben — zumal sie bere­its ihre Lager abbrechen mussten, als Pächter von der wahren Gesin­nung der schein­bar harm­losen Pfadfind­er erfuhren. Bei den Camps seien auch schon Waf­fen ent­deckt wor­den, sagt Botsch. Er gehe davon aus, dass der HDJ bun­desweit rund 400 Jugendliche angehörten.

Nach Ein­schätzung von Ulli Jentsch vom Antifaschis­tis­chen Pressearchiv (apabiz) hat die “Ein­heit Preußen” min­destens 50 Mit­glieder. In Berlin und Bran­den­burg fän­den regelmäßig Aktio­nen statt.

Die HDJ ist nach eige­nen Angaben eine “aktive, volks- und heimat­treue Jugend­be­we­gung für alle deutschen Mädel und Jun­gen im Alter von 7 bis 29 Jahren”, wie es auf ihrer Home­page heißt. Doch laut Jentsch ste­ht dahin­ter das Prinzip des Lebens­bunds: “Sie arbeit­en mit Men­schen vom Still- bis zum Rentenal­ter.” Bei den Lagern hät­ten Frauen ihre Babys dabei, für alle gebe es in der braunen Par­al­lel­welt ein Betä­ti­gungs­feld. Ziel der HDJ sei es, den Nach­wuchs im nation­al­sozial­is­tis­chen Sinn zu erziehen. “Das ist die Kader­schmiede der Neon­azis”, sagt der Apabiz-Sprecher.

Der Chef des Mobilen Beratung­steams in Bran­den­burg, Dirk Wilk­ing, hebt den elitären Charak­ter des Vere­ins her­vor: “Da soll nicht jed­er rein.” Seit den 50er-Jahren gebe es eine rel­a­tive Kon­ti­nu­ität — sowohl per­son­ell als auch ide­ol­o­gisch. Nach Ansicht der Experten ste­ht die HDJ in der Tra­di­tion der 1994 ver­bote­nen Wik­ing-Jugend (WJ), die als eine der größten und mil­i­tan­testen Grup­pen in der recht­sex­tremen Szene galt. Das Bun­desin­nen­min­is­teri­um ver­wies damals auf Par­al­le­len zur NSDAP und Hitler­ju­gend. Es wurde aus­drück­lich ver­boten, Ersat­zor­gan­i­sa­tio­nen für die Wik­ing-Jugend zu bilden.

In den Augen von Wilk­ing ähnelt die HDJ ein­er Sek­te. Es sei eine her­metis­che Gruppe. “Für Jugendliche ist es total schw­er, da rauszukom­men.” Wer während der Pubertät nicht dage­gen rebel­liere, sei für die demokratis­che Gesellschaft verloren.

Die Ein­schätzun­gen der Experten gehen darüber auseinan­der, ob die HDJ in dem geplanten Schu­lungszen­trum der NPD in Biesen­thal einen Unter­schlupf für ihre Aktiv­itäten find­en kön­nte. Während Jentsch und Botsch von der engen Koop­er­a­tion überzeugt sind, sagt Wilk­ing: “Das wird sich die NPD nicht trauen.” Die Partei wisse, dass der Vere­in kurz vor einem Ver­bot ste­he und wolle sich­er keine Razz­ia in ihrem Gebäude riskieren.

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