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Neonazis stehen wegen brutalen Überfalls vor Gericht


Anwälte der acht Opfer kri­tisieren späten Prozess­be­ginn als “Ermu­ti­gung zu
neuen Tat­en” / Polizis­ten grif­f­en nicht ein

(Frank­furter Rund­schau, 5.10.) Fünf Jahre nach einem Über­fall auf deutsche und pol­nis­che Punks müssen sich
neun Neon­azis vor dem Amts­gericht Parchim in Mecklenburg-Vorpommern
ver­ant­worten. Ihnen wer­den schw­er­er Land­friedens­bruch und gefährliche
Kör­per­ver­let­zung vorgeworfen. 

VON KARL-HEINZ BAUM 

Berlin · 4. Okto­ber · Die neun Män­ner zwis­chen 27 und 29 Jahren sollen an
dem bru­tal­en Über­fall auf der Rast­stätte Stolpe an der Autobahn
Berlin-Ham­burg im Juli 1999 beteiligt gewe­sen zu sein. Der Prozess, der am
heuti­gen Dien­stag begin­nt, ist bere­its der vierte gegen die 16 beteiligten
Neon­azis. Dies­mal muss sich auch der bekan­nte Recht­sex­trem­ist Lutz Giessen
vor Gericht verantworten. 

Alle Beteiligten gehörten damals ein­er Kam­er­ad­schaft an, die sich inzwischen
aufgelöst hat. Zeu­gen sind neben den Opfern zwei Polizis­ten einer
bran­den­bur­gis­chen Son­dere­in­heit, die die Neon­azi-Gruppe beschat­tete. Nach
eige­nen Angaben grif­f­en sie wegen der großen Zahl der Angreifer nicht ein,
son­dern forderten Ver­stärkung an. 

In den vor­ange­gan­genen drei Prozessen in Berlin, Luck­en­walde und
Neubran­den­burg sagten die Polizis­ten aus, die Neon­azis seien in zwei
Klein­bussen auf dem Rück­weg von ein­er NPD-Kundge­bung in Ham­burg gegen die
Wehrma­cht­sausstel­lung gewe­sen. Die acht späteren Opfer hät­ten auf der
Rast­stätte “ganz friedlich” vor ihrem Klein­bus Fußball gespielt. Plötzlich
seien die Neon­azis ver­mummt aus den Bussen gestürmt und hät­ten die anderen
mit Steinen und Flaschen bewor­fen; eine Flasche habe einen Jugendlichen
direkt unter dem Auge getrof­fen. Ein­er der Neon­azis habe mit einer
Eisen­stange zugeschla­gen. Nach­dem sich die Opfer in ihren Bus geflüchtet
hät­ten, schlu­gen die Recht­sex­trem­is­ten dessen Scheiben ein. Ein Polizist
sagte, alles sei blitzschnell gegan­gen; die Opfer hät­ten sich nicht wehren
können. 

Milde Urteile 

Die Gerichte urteil­ten in dem Fall bis­lang milde: 1500 Euro oder 60 Stunden
Arbeit; Frei­heitsstrafen wur­den zur Bewährung aus­ge­set­zt. Ein einschlägig
vorbe­strafter Angeklagter bekam eine Haft­strafe von 26 Monat­en. Der
Behaup­tung eines weit­eren Angeklagten, er habe während der Tat im Bus
geschlafen, fol­gte das Gericht nicht. 

Die Anwälte der Opfer kri­tisieren, dass zwis­chen dem Über­fall und dem
Ver­fahren in Parchim so viel Zeit ver­gan­gen sei. Dies sei eine “Ermu­ti­gung
zu neuen Taten”. 

Neon­azi-Aktivist Giessen trat laut Opfer­vere­in Lob­bi (Ros­tock) allein dieses
Jahr auf sechs Kundge­bun­gen von Recht­sex­trem­is­ten in Mecklenburg-Vorpommern
als Red­ner auf. Wegen Äußerun­gen bei der Kundge­bung ein­er Bürgerinitiative
im Sep­tem­ber ermit­telt gegen ihn zurzeit auch die Stralsunder
Staat­san­waltschaft. In ein­er Rede hat­te er die Demokratie als “Herrschaft
des Abschaums” bezeichnet. 

Für das Ver­fahren in Parchim sind nach Auskun­ft der Schweriner
Staat­san­waltschaft zunächst vier Ver­hand­lungstage ange­set­zt. Das Urteil wird
für den 14. Okto­ber erwartet, melde­ten Agenturen.

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