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Neuanfang verspielt

Schulge­setz in Bran­den­burg set­zt an die Stelle des drei­gliedri­gen Schul­sys­tems ein zwei­gliedriges. GEW und PDS kri­tisieren das “Spar­mod­ell” als Mogelpackung.

Gemäß der in der ver­gan­genen Woche vom Land­tag in Pots­dam mit den Stim­men der Regierungskoali­tionäre von SPD und CDU beschlosse­nen Schulge­set­znov­el­le wer­den im kom­menden Jahr an die Stelle von Real- und Gesamtschulen soge­nan­nte Ober­schulen treten. Damit wird das beste­hende drei­gliedrige Schul­sys­tem fak­tisch in eine zwei­gliedrige Struk­tur über­führt und die Chance für einen nach zwei PISA-Schlap­pen gebote­nen schulpoli­tis­chen Neuan­fang ver­spielt. Die PDS-Oppo­si­tions­frak­tion lehnt das “Reformw­erk” eben­so ab wie die Gew­erkschaft Erziehung und Wis­senschaft (GEW). Die GEW Bran­den­burg will laut Lan­deschef Gün­ther Fuchs in ein­er Pressemit­teilung vom Fre­itag eine lan­desweite Kam­pagne gegen die Ein­führung der Ober­schulen ini­ti­ieren und im Früh­jahr gemein­sam mit Lehrern, Eltern und Schülern ein alter­na­tives Schulkonzept vorlegen. 

Laut Beschluß des Par­la­ments kön­nen die 146 Gesamtschulen ohne gym­nasiale Ober­stufe sowie die 73 Realschulen des Lan­des mit Beginn des neuen Schul­jahres im Som­mer 2005 in Ober­schulen zusam­mengeschlossen wer­den. Die auf die sech­sjährige Grund­schule fol­gende neue Schul­form soll Haupt- und Realschu­la­b­schlüsse anbi­eten und nach erfol­gre­ichem Abschluß der 10. Klasse zum Besuch der gym­nasialen Ober­stufe berechti­gen. Bei “Vor­liegen beson­der­er Leis­tun­gen” soll der Zugang zum Gym­na­si­um nach Empfehlung der Klassenn auch schon vor der 10. Klasse möglich sein. Das Abitur soll kün­ftig bere­its nach zwölf Schul­jahren abgelegt wer­den. Fern­er sieht das neue Schulge­setz die Möglichkeit dreier For­men der Unter­richt­sor­gan­i­sa­tion vor: ein inte­gra­tives Sys­tem (Unter­richt in Kursen und Klassen­ver­band), ein koop­er­a­tives Sys­tem (auss­chließlich im Klassen­ver­band) sowie ein Mis­chmod­ell, das heißt, für die 7. und 8. Klasse inte­gra­tiv­en und für die 9. und 10. Klasse koop­er­a­tiv­en Unterricht. 

So sehr sich Bil­dungsmin­is­ter Hol­ger Ruprecht (partei­los) auch müht, das neue Mod­ell als großen Wurf und “zukun­ftsweisende Schul­struk­tur­reform” zu verkaufen, so offen­sichtlich ist das neue Schulge­setz aus schier­er Not geboren. Hin­ter­grund sind die drama­tisch sink­enden Schülerzahlen im Land. Besucht­en die Sekun­darstufe 1 an Bran­den­burgs Schulen im Schul­jahr 2002/03 noch 140000 Schüler, wer­den es 2008/09 voraus­sichtlich nur noch 62000 sein. Schon heute kann jede vierte weit­er­führende Schule im Land keine 7. Klasse mehr auf­bi­eten. Für die GEW ist die Ein­rich­tung von Ober­schulen in erster Lin­ie ein “Spar­mod­ell”, das die Abwick­lung von Schulen beschle­u­ni­gen wird. Mit­tel­fristig wird mit einem Abbau der Hälfte der rund 400 Bran­den­burg­er Schulen gerech­net. Nach Auf­fas­sung der Lehrergew­erkschaft dro­he den Ober­schulen außer­dem eine gerin­gere finanzielle Ausstat­tung. Heute schon rang­iert Bran­den­burg bei den öffentlichen Aufwen­dun­gen pro Schüler und Jahr im Län­derver­gle­ich am unter­sten Ende der Skala. 

Die PDS-Land­tags­frak­tion geißelt das neue Schulge­setz als “Mogel­pack­ung”, das keines­falls die richtige Antwort auf die demographis­che Entwick­lung gebe. Mit Blick auf das aber­ma­lige PISA-Desaster Deutsch­lands habe die Koali­tion die Chance ver­tan, ein “sozial gerecht­es, leis­tungs­fähiges Schul­sys­tem zu schaf­fen”, erk­lärte die PDS-Abge­ord­nete Ger­rit Große in der Land­tags­de­bat­te in Pots­dam. Der laut­stark geäußerten Forderung nach einem län­geren, gemein­samen Ler­nen der Schüler set­ze das Land ein unverän­dert selek­tives Sys­tem entgegen.

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