Potsdam (MOZ) Nach den Terroranschlägen in London sorgt die Videoüberwachung öffentlicher Plätze in Brandenburg erneut für Streit. Während Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ein laufendes Pilotprojekt der Polizei als Erfolg bezeichnet, warnt die PDS vor einer Fortsetzung des Programms. Im Dezember endet die fünfjährige Probezeit für die Kontrollen. Überwacht werden Plätze in Bernau, Erkner, Potsdam und Rathenow.
Innenminister Schönbohm ist sich sicher: „Der offene Einsatz von Videotechnik hat die Plätze sicherer gemacht.” Die Zahlen der Polizei geben dem CDU-Politiker Recht. Seitdem die Kameras — zumeist auf Bahnhofsvorplätzen — installiert wurden, sank dort die Zahl der Straftaten. Am deutlichsten machte sich die Entwicklung in Bernau (Barnim) bemerkbar. Dort ging die Zahl der Delikte um stattliche 80 Prozent zurück. In Erkner (Oder-Spree) wurden im Jahr 2001 noch 180 Diebstähle — im Jahr 2003 nur noch 71 angezeigt.
Die Ergebnisse nimmt der Innenexperte Sven Petke (CDU) nun zum Anlass, eine Ausweitung der Überwachung in Brandenburg zu fordern. Derzeit arbeite er an einem Entwurf zur Änderung des Polizeigesetzes, sagt der 37-Jährige. Seiner Ansicht nach habe das Pilotprojekt der Polizei vor allem eine Schwäche aufgezeigt. Die Videokameras übertragen die Bilder zwar live in die Schutzbereiche. Dort werden die Aufnahmen jedoch nicht aufgezeichnet. Nur wenn ein Beamter einen Verdächtigen ausmacht, darf er einen Knopf drücken. So sind die Vorschriften, die Petke nach den Anschlägen auf dem Dresdener Hauptbahnhof und in London nicht mehr für zeitgemäß hält. „Stellen Sie sich vor, so was passiert in Brandenburg. Hier haben wir zwar Kameras, die zeichnen aber keine Bilder auf. Die Terroristen bleiben also unerkannt. Das wäre doch ein Skandal”, ist der CDU-Politiker überzeugt.
Mit seinem Vorstoß erntet Petke nun heftige Kritik. Die kommt von der brandenburgischen PDS. Deren Sprecher für Rechtspolitik hält die Idee Petkes „für symptomatisch”, wie Stefan Sarrach sagt. Die CDU nutze nach den Anschlägen „die Atmosphäre der Angst”, sagt er und warnt vor einer Einschränkung der Freiheitsrechte. Die Videotechnik hält der 34-Jährige ohnehin für unnütz. Schließlich habe die Überwachung in London die Anschläge nicht verhindern können.
Unterdessen warnt der PDS-Politiker vor an-deren Gefahren. „Durch die Videoüberwachung wiegen sich die meisten Menschen in Sicherheit. Sie glauben, dass ihnen die Polizei bei Überfällen rasch zu Hilfe kommt”, sagt Sarrach und erklärt sich damit die enorme Akzeptanz der Kameras. „Das ist aber ein Trugschluss”, ist er sich sicher.
Ende des Jahres schließt das Innenministerium das Pilotprojekt mit einem Bericht ab. Minister Schönbohm spricht schon jetzt von einer „Erfolgs-geschichte”. Ob die Videoüberwachung fortgeführt werden soll, sei bislang unklar, erklärt Pressesprecher Wolfgang Brand. Dennoch scheinen Kreisen des Innenministeriums eine Weiterführung zu befürworten. Als Argument dafür spräche laut Brand auch der Fakt, dass die Krimina-lität von den überwachten Plätzen nicht an andere Orte verdrängt wurde. Zumindest nicht in die Nachbarschaft. Weiterreichende Erhebungen gebe es allerdings laut Brand nicht.