Widerstand gegen die Grüne Gentechnik wurde bis jetzt über die Bildung gentechnikfreier Regionen oder in radikaler Form durch geheim-gehaltene Feldverwüstungen ausgeübt. Die Initiative »Gendreck weg« plant eine neue Form zivilen Ungehorsams – Ende Juli eine öffentliche Feldbefreiung in Ostbrandenburg.
Auch wenn es in letzter Zeit wieder stiller um den Widerstand gegen den Anbau von genveränderten Pflanzen geworden ist, geht der von Renate Künast prophezeite »Krieg auf den Dörfern« weiter. Daran ändert auch das in Teilen verabschiedete neue Gentechnikgesetz nichts, denn die wichtigsten Sicherheitsbestimmungen gegen die Kontamination durch genveränderte Pollen sind entweder noch nicht beschlossen oder könnten im Vermittlungsausschuss wieder gekippt werden.
Zentrum des Widerstand ist derzeit das Land Brandenburg. Dort hat die Bürgerinitiative »Gendreck weg« für das nächste Wochenende eine »Freiwillige Feldbefreiung« angekündigt. Es ist die erste öffentlich angekündigte Zerstörung von Gentech-Feldern in Deutschland. Bis jetzt wurden Anbauflächen meist in Nacht- und Nebelaktionen von kleineren Gruppen verwüstet. Die Bürgerinitiative hingegen hat sogar schon Ort und Zeitpunkt des »Vergehens« bekannt gegeben: Hohenstein bei Strausberg am 31. Juli um 14 Uhr.
Die Initiatoren wollen im Anschluss an eine Kundgebung auf einem ca. zehn Hektar großen Maisacker mit der genmanipulierten Sorte »MON 810« Pflanzen herauszureißen, bis die Polizei einschreitet, erklärt Jürgen Binder, der zusammen mit seinem Kollegen Michael Grolm die Aktion koordiniert, gegenüber ND. An die hundert Aktivisten wollen an der »Feldbefreiung« teilnehmen und sich notfalls verhaften zu lassen. Weitere 300 Bürger werden die Aktivisten begleiten. Unter den Gentechnikgegnern finden sich neben Biobauern und Naturkostladenbesitzern eine bunte Mischung aus Angestellten, Selbstständigen, Arbeitern und Studenten. Unterstützung erfährt die Initiative zudem aus dem Ausland – u.a. von dem legendären französischen Bauernführer Jose Bové, von Vandana Shiva, Preisträgerin des alternativen Nobelpreises, sowie dem äthiopischen Umweltminister Tewolde Berhan Egzabher.
Jürgen Binder ist fest entschlossen, den Anbau von genveränderten Organismen (GVO) in Deutschland zu verhindern. Als Imker ist er besonders von der Einführung der Grünen Gentechnik betroffen. Die Bienen würden die gentechnisch veränderten Pollen von den Maisfeldern sammeln, um ihren Nachwuchs damit zu füttern. So könne längerfristig kein GVO-freier Honig mehr garantiert werden. Außerdem würden die Insekten die Pollen auf konventionelle Felder oder anliegende Naturschutzgebiete verteilen. Binder sorgt sich wegen möglicher Gefahren für die Sortenvielfalt und Insektenresistenzen. So wirkt das in der Maissorte »MON 810« enthaltende Gen nicht nur gegen den Maiszünsler, sondern auch gegen andere Insekten. In Ungarn, Polen, der Slowakei und Österreich ist diese Maissorte verboten, in Deutschland dagegen bedingt zugelassen.
Die Idee zu der »Feldbefreiung« sei letzten April entstanden, als in Stuttgart über tausend Bauern gegen die Grüne Gentechnik demonstrierten, sagt Binder. Die Aktivisten der Bürgerinitiative »Gendreck weg« hätten sich schließlich auf Ost-Brandenburg geeinigt, da dort die größte Anbauregion von GVO in Deutschland liege. Hier befinden sich 123 der insgesamt 300 Hektar, auf denen in diesem Jahr gentechnisch veränderter Mais in Deutschland ausgesät wurde. Außerdem liegt das Maisfeld unweit des Naturparks Märkische Schweiz.
»Unsere Aktion ist eine öffentliche Willensäußerung«, betonte der Imker. Und nicht die letzte. Auf die Frage, wie die Gentechnikgegner dem voraussichtlichen Regierungswechsel hin zu einer gentechnikfreundlichen Politik entgegen sähen, antwortet Binder entschlossen: »In Deutschland bleibt kein Gen-Feld stehen.«