Struck kündigt neues Lärmgutachten für “Bombodrom” an
(RBB online) Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat ein neues Lärmgutachten für den geplanten Truppenübungsplatz bei Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) angekündigt.
Er gehe davon aus, dass es “die jetzt ins Spiel gebrachten Vorwürfe zur Lärmbelästigung” entkräften werde, sagte er am Freitag in Berlin. Es sei “nicht unser Ziel”, an den Plänen für den Schießplatz in Brandenburg etwas zu ändern, sagte Struck.
Ende 2004 hatte Brandenburgs Oberverwaltungsgericht “erheblichen Zweifel” an den Lärmberechnungen des Verteidigungsministeriums für den Flugbetrieb angemeldet. Gegen den Schießplatz sind mehrere Klagen bei Gericht anhängig. Bis zur Entscheidung in der Hauptsache darf die Bundeswehr den Übungsbetrieb nicht aufnehmen.
Zuvor hatten jahrzehntelang sowjetische Kampfflieger über dem Gelände ihre Bomben zu Übungszwecken abgeworfen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Abzug ihrer Streitkräfte aus Ostdeutschland übernahm die Bundeswehr das Gelände, um es weiter für Bomben- und Artillerieübungen zu nutzen.
Dagegen regt sich seit langem öffentlicher und politischer Widerstand in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
“Bombodrom”: Gegner zeigen sich optimistisch
(MAZ) NEURUPPIN Die Gegner des Bombenabwurfplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide gehen optimistisch in die anstehenden Prozesse gegen die Bundeswehr. Seit 1995 habe die Bundeswehr in dieser Sache alle 19 Gerichtsverfahren vor Verwaltungsgerichten in allen Instanzen verloren, sagte der Sprecher der Unternehmensvereinigung “Pro Heide”, Thomas Marquard, am Samstag. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hatte zuvor bekräftigt, er halte dennoch an den Plänen für den Übungsplatz fest.
Am Freitagabend hatte Kläger-Anwalt Rainer Geulen bei einer Veranstaltung in Neuruppin eine Zwischenbilanz gezogen. Demnach sind noch neun Klagen von Kommunen, Naturschutzorganisationen und Privatleuten aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern anhängig. Die Bundestagsabgeordneten Ernst Bahr (SPD) und Winfried Nachtwei (Grüne) erklärten, sie hätten genügend Unterzeichner für ihren Gruppenantrag gegen den Übungsplatz gesammelt. Damit könne der Bundestag noch vor der Sommerpause entscheiden. MAZ/dpa
“Wenn die Bundeswehr Prügel braucht …”
Freie-Heide-Anwalt Reiner Geulen plauderte in der Pfarrkirche aus dem Nähkästchen
(TOBIAS FELSCH, MAZ) NEURUPPIN Die Vorlage aus Berlin kam den Gegnern des Wittstocker Übungsplatzes wie gerufen: Verteidigungsminister Peter Struck hatte am Freitag angekündigt, “die jetzt ins Spiel gebrachten Vorwürfe zur Lärmbelästigung” mit einem neuen Lärmgutachten auszuräumen. Wenige Stunden später versammelten sich in der Neuruppiner Pfarrkirche 200 jener Menschen, die diese Vorwürfe äußern — seit gut 13 Jahren.
Vertreter der Bürgerinitiativen “Freie Heide” und “Pro Heide” hatten die Ruppiner zu einer Info-Veranstaltung rund um das Bombodrom geladen. Als Experte saß ein Mann auf dem Podium, den Freie-Heide-Sprecher Benedikt Schirge schlicht als “Dr. Reiner Anwalt” vorstellte: Reiner Geulen, seit 1993 Anwalt der Bürgerinitiative. Außerdem berichteten die Bundestagsmitglieder Ernst Bahr und Winfried Nachtwei (Grüne) über ihren geplanten Gruppenantrag im Berliner Parlament.
19 Verhandlungen hat Geulen bislang in der Sache Bombodrom bestritten — 19 Gerichte gaben seiner Argumentation recht: “Es gibt kein Verfahren, das die Bundeswehr gewonnen hat. Und um das Gelände zu nutzen, müsste sie jedes einzelne gewinnen.”
Dass Struck ein neues Gutachten fordert, verwundert Geulen nicht: “Das alte wurde der Bundeswehr vor Gericht um die Ohren gehauen.” Der Gutachter, ein Angestellter des Rüstungskonzerns EADS ohne wissenschaftliche Kenntnisse, habe den Schall auf dem Übungsplatz gemessen: “Die Dörfer daneben hat er nie betrachtet und kam deshalb zu dem Ergebnis, niemand werde belästigt. Auf dem Bombodrom lebt ja niemand.”
Geulen gestand ein, der Konflikt könne nur von politischer Seite endgültig gelöst werden: “Aber wenn die Bundeswehr noch mehr Prügel braucht, sind wir dazu bereit.”