NEURUPPIN Der Flüchtlingsrat Brandenburg übte herbe Kritik am Zustand des Asylbewerberheims in Neuruppin. Dieser sei “katastrophal”, schreibt Dominique John vom Flüchtlingsrat in seinem Bericht. Zweimal hatte in den vergangenen Wochen das Heim besucht. John fasst sein Eindrücke zusammen. “Insgesamt ist das Heim baulich und hygienisch in einem nicht verantwortbarem Zustand.” Karl Wiesemann, Betreiber der Einrichtung, sagte dazu: “Ich weiß gar nicht, wovon Herr John spricht. Der Bericht spottet jeder Beschreibung.” Die Stätte sei ein “vergleichbares gutes Haus” zu anderen Heimen. Auch ein Vertreter der Mobilen Heimberatung in Potsdam, die Gutachten für das Landes-Gesundheitsministerium erstellt, können dies bestätigen. Doch dort war trotz mehrmaliger Versuche gestern niemand zu erreichen.
“Es kann kein Zuhause sein”
Flüchtlingsrat übt scharfe Kritik am baulichen Zustand des Neuruppiner Asylbewerberheims
NEURUPPIN “Es ist in einem katastrophalen Zustand”, schreibt Dominique John vom Flüchtlingsrat Brandenburg übers Asylbewerberheim in Neuruppin. Unter anderem kritisierte er, die Heimbewohner hätten, “hätten ihre Betten rausgeschmissen, weil diese vollkommen unbrauchbar waren”.
Zweimal hatte Dominique John in den vergangenen Wochen die Stätte an der Erich-Dieckhoff-Straße besucht, sich mit den Bewohnern unterhalten. John schreibt in seinem Bericht: “Die Heimbewohner beklagen sich insbesondere über den schmutzigen Zustand und darüber, dass es im Winter sehr kalt sei.” Schmutzig war es gestern im Heim nicht. Bei einem zwei Stunden zuvor angemeldeten Rundgang mit dem Sozialarbeiter des Heimes, Klaus Randahn, waren lediglich Kleidungsstücke zu finden, die die Bewohner im Duschraum zurückgelassen hatten. Auch waren die Zimmer nicht kalt. “Die Stauwerke heizen hier genauso wie im Neubaugebiet”, so Randahn, Von 5 bis 23 Uhr werde voll aufgedreht, in den anderen Stunden die Fernwärme gedrosselt. Dass die Asylbewerber nicht in Betten schlafen, liege auch an der Kultur in der sie aufgewachsen sind. So sei es für den jungen Mann aus dem Tschad normal, auf einer Matratze auf dem Boden zu liegen, erklärt der Sozialarbeiter. Der Mann, seit 5 Monaten in Neuruppin untergebracht, nickt. Wenn er sich damit wohl fühle , können auch fünf Colabüchsen in seinem Zimmer stehen, meinte Randahn, der den Bericht von Dominique John für “unsachlich” hält. Die Bettgestelle sind im Keller gelagert. Denn: “Wenn die Leute sie in den Flur stellen, stehen sie im Weg.”
163 Asylbewerber seien in dem Heim untergebracht. Die oberen drei Stockwerke des fünfstöckigen Hauses werden bewohnt. “Die Zimmer sind äußerst spartanisch eingerichtet”, schreibt John. Tatsächlich gehören “drei Betten, ein Schrank ein Tisch und ein Kühlschrank zur Grundausstattung”, sagt Randahn. Viel ist das nicht, aber “es kann auch kein richtiges Zuhause sein”. Doch in einem anständigen Zustand soll es sein, beklagt der Vertreter des Flüchtlingsrates Brandenburg und kritisiert: “Schon ein kurzer Gang durch einige Zimmer zeigt, dass das Haus feucht ist, etliche Fenster kaputt sind und insgesamt einen äußerst schmutzigen Eindruck macht.” Es habe schon einmal eine Pfütze vor dem Fenster gegeben, berichtet Klaus Randahn. Aber nur deshalb, weil ein Bewohner das Fenster geöffnet hatte, selbst außer Haus war und es geregnet hatte. Dass die Fenster nicht in bestem Zustand sind, weiß auch der Sozialarbeiter. “Es zieht ein wenig durch.” Allerdings werden derzeit im Asylbewerberheim neue Fenster eingebaut, 115 Stück waren es bis gestern, so Randahn. Schmutzig war das Zimmer einer vietnamesischen Familie nicht. “Bei mir ist immer Ordnung”, meint Nguyen Thi Huyen. seit drei Jahren wohnt sie im Heim. Die offenbar verunsicherte kleine Frau ist im achten Monat schwanger. “Es stand in den letzten Monaten zuviel in der Presse”, sagt Klaus Randahn. Die Vietnamesin schaut misstrauisch und zeigt nur widerwillig ihr Zimmer. Denn auch hinter ihr verbirgt sich eine Geschichte, die Dominique John in seinem Bericht festgehalten hat. Sie sei von Frau Dauksch gestoßen worden, “weil sie der Heimleiterin nicht erlauben wollte, an ihrem Zimmer ein neues Schloss anzubringen”. Einen ähnlichen Vorfall habe es schon im Oktober gegeben. Damals musste die Vietnamesin mit Unterleibsschmerzen ins Krankenhaus gebracht werden. Laut John habe sie die Schmerzen auf “situationsbedingten Stress” zurückgeführt. Im Bericht heiß es weiter: Ursprünglich hatte sie Anzeige gegen die Heimleiterin erstatten wollen, nahm davon aber Abstand, “weil sie nicht noch mehr Schwierigkeiten haben möchte”. Frau Dauksch war gestern krankheitsbedingt nicht im Asylbewerberheim anzutreffen. Der Heimleiterin wurde von den Bewohnern vor allem “Rassismus” und “Bösartigkeit” vorgeworfen, schreibt John. Randahn dazu: “Wer hier arbeitet, kann nicht ausländerfeindlich sein.”
“Insgesamt ist das Heim baulich und hygienisch in einem nicht verantwortbaren Zustand”, urteilt Dominique John. “Ich weiß gar nicht, wovon er spricht”, meinte Betreiber Karl Wiesemann dazu. “Der Bericht spottet jeder Beschreibung.” Das Neuruppiner Asylbewerberheim sei ein “vergleichbar gutes Haus” gegenüber anderen Einrichtungen. Auch erklärte er, dass die Mobile Heimberatung in Potsdam, die Gutachten für das Gesundheitsministerium des Landes erstelle, “regelmäßig zu uns kommt” und die Einrichtung lobe. Dort war gestern trotz mehrmaliger Versuche niemand zu erreichen.