15. Dezember 2008 · Quelle:

»Nicht politisch motiviert«?

Chef der rechten »Heimattreuen Deutschen Jugend« wegen Angriffs auf Journalistin zu Geldstrafe verurteilt

Der Bun­desvor­sitzende der neon­azis­tis­chen Jugen­dor­gan­i­sa­tion »Heimat­treue Deutsche Jugend« (HDJ), Sebas­t­ian Räbiger, ist am Fre­itag nach­mit­tag vor dem Amts­gericht Zossen wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung in Tatein­heit mit Sachbeschädi­gung zu ein­er Strafe von 3000 Euro verurteilt wor­den. Ver­han­delt wurde ein bru­taler Angriff auf die Jour­nal­istin Andrea Röp­ke in einem Super­markt in Blanken­felde. Zusam­men mit dem 23jährigen Friedrich Tinz hat­te Räbiger am 4. Novem­ber 2006 am Rande des alljährlichen »Märkischen Kul­turtages« in Blanken­felde die Jour­nal­istin und einen Kol­le­gen attack­iert. Die bei­den woll­ten unter anderem für den Nord­deutschen Rund­funk (NDR) von der kon­spir­a­tiv geplanten Zusam­menkun­ft im Lokal »Zur Eiche« bericht­en, in dem sich knapp 200 Recht­sex­trem­is­ten ver­sam­melt hatten.

Wohl auch im Zusam­men­hang mit aktuellen Ver­bots­be­stre­bun­gen des Bun­desin­nen­min­steri­ums gegen die HDJ war das öffentliche Inter­esse am Fre­itag außergewöhn­lich groß. Die bun­desweite Organ­i­sa­tion mit mehreren hun­dert Mit­gliedern hat den Sta­tus eines einge­tra­ge­nen Vere­ins. Die Ide­olo­gie und ihr paramil­itärisch­er Charak­ter erin­nern an die durch das Bun­desin­nen­min­is­teri­um im Jahr 1994 ver­botene Wiking-Jugend. 

In Zossen herrschte am Fre­itag Aus­nah­mezu­s­tand: Mehrere Ein­satzwa­gen der Bere­itschaft­spolizei patrouil­lierten vor dem Gerichts­ge­bäude, drin­nen durch­sucht­en Jus­tizbeamte Besuch­er peni­bel nach Waf­fen. Unter­stützung bekam Räbiger durch mehrere Neon­azis als Prozeßbeobachter, darunter Rag­nar Dam, führen­der Kopf der »HDJ-Nord« und Tino Müller, NPD-Abge­ord­neter im Land­tag von Mecklenburg-Vorpommern.

Zu Beginn des Ver­fahrens erk­lärte Räbiger, daß er Röp­ke zwar ver­fol­gt und sich vor ihr aufge­baut hätte, sie aber ohne sein Zutun im Super­markt plöt­zlich nach hin­ten umge­fall­en sei und er keines­falls zugeschla­gen habe. Wenig glaub­haft schien diese Ver­sion nicht nur Richter Böhm, auch das ärztliche Gutacht­en ließ an dieser Ver­sion Zweifel aufkom­men. Nach Angaben der bei­den Jour­nal­is­ten bedrängte der HDJ-Führer Röp­ke mehrfach, bevor er ihre Kam­era beschädigte und ihr heftig ins Gesicht schlug. Als ihr Kol­lege helfen wollte, griff Neon­azi Tinz ein, schlug und würgte ihn. Der Großteil der zum Zeit­punkt des Über­falls anwe­senden Kun­den weigerte sich anscheinend aus Angst vor Racheak­ten aus der recht­en Szene, vor der Polizei gegen die Neon­azis auszusagen.

Richter Böhm sagte in sein­er Urteils­be­grün­dung, »inves­tiga­tiv­en Jour­nal­is­mus« müsse Räbiger bei sein­er poli­tis­chen Tätigkeit »ertra­gen«. Auf­gabe des Staates sei, »sich vor und hin­ter Jour­nal­is­ten zu stellen«. Zum Erstauen viel­er Prozeßbeobachter wollte der Richter in der Urteils­be­grün­dung gegen Räbiger »keine poli­tisch motivierte Tat« erken­nen, der Neon­azi habe »nicht aus der Gesin­nung her­aus gehan­delt«, so Böhm. Das Ver­fahren gegen Friedrich Tinz wurde abge­tren­nt und vertagt.

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