Am 12. Dezember 2008 wurde der aus Bad Freienwalde stammende Hans Keilson 99 Jahre alt. Er war zu Zeiten des Nationalsozialismus aufgrund seines jüdischen Glaubens gezwungen Deutschland zu verlassen und ging ins niederländische Exil, wo er in einer Untergrundbewegung aktiv war. Nach dem Krieg betreute er mit Hilfe seiner psychoanalytischen Fähigkeiten verwaiste jüdische Kinder, da er sich selbst mit dieser Situation identifizieren konnte. Seine eigenen Eltern wurden im Konzentrationslager Birkenau ermordet.
Heute gilt Hans Keilson als einer der bedeutendsten Lyriker und Psychoanalytiker. Noch immer ist er politisch interessiert und versucht die jüngeren Generationen zu antifaschistischer Arbeit zu motivieren. Er selbst sagte dazu bei einem Zeitzeugengespräch: “Wir alle sind Zeugen unserer Zeit.” Und so wie er, sollten auch wir die Zeichen unserer Zeit erkennen und gegen Rassismus, Diskriminierung, Faschismus und Antisemitismus vorgehen.
Aufgrund des besonderen Anlasses, dem Geburtstag Keilsons, gestalteten SchülerInnen des Gymnasiums “Bertolt Brecht” eine Vorlesung, bei der mehrere bedeutende lyrische Werke dargestellt, sowie Auszüge aus seinem ersten Roman “Das Leben geht weiter” gelesen wurden. Etwa 25 BesucherInnen, darunter SchülerInnen und LehrerInnen des Gymnasiums als auch der Bürgermeister, waren bei der Veranstaltung in der nach Hans Keilson benannten Bad Freienwalder Bibliothek zugegen.
Eines seiner Gedichte wollen wir hier mit aufführen. Er verfasste es während seinem Exil in Anlehnung an das Gedicht “Nachtgedanken“ von Heinrich Heine mit den allgemein bekannten Versen “Denke ich an Deutschland in der Nacht / dann bin ich um den Schlaf gebracht”. Das Gedicht Keilsons beschäftigt sich ebenfalls mit den Gedanken an das einstige Heimatland während dem Exil.
“Variation” – von Hans Keilson
Denke ich an Deutschland in der Nacht — Wie oft hab ich den Vers gelesen und dessen, der ihn schrieb gelacht. Er wär mein Bruder nicht gewesen.
Ich nicht – ich bin aus andrem Holz, dacht ich, mich kann die Axt nicht kerben, ich trage meinen harten Stolz im Leben hart – hart auch im Sterben
Doch lieg ich jetzt und gar so wund in fremden Land und scheu das Licht. Es tönt aus meines Kindes Mund ein andrer Klang als mein Gedicht.
Und wenn es dämmert, ziehn vom Meer Flieger herauf zur Phosphorschlacht. Ich lieg auf meinem Lager, schwer. Denk ich an Deutschland in der Nacht.