Im Jahre 2000 veröffentlichte ein Flüchtlingskollektiv des Rathenower Asylbewerberheims am Birkenweg ein bundesweit beachtetes Memorandum. Hierin baten sie nach brutalen rassistisch motivierten Gewaltattacken um eine Verlegung ihrer Wohnunterkunft in eine andere Stadt außerhalb des Landes Brandenburg.
Betroffenheit und Mitgefühl folgten in der nun folgenden öffentlichen Diskussion, ein Forum „Tolerante Stadt Rathenow“ wurde initiiert und eine Unternehmerinitiative gegen Rechtsextremismus medienwirksam gefeiert.
Sechs Jahre und zwei verbotene Kameradschaften später sind Rassismus und Nazismus in Rathenow – im Gegensatz zu den bürgerlichen und administrativen Gegeninitiativen – immer noch spürbar vorhanden.
Inzwischen hat sich nämlich eine neue Generation rechtsextremer Gewalttäter gefunden und in der Szene etabliert, die da ansetzen wo ihre „verbotenen“ Vorbilder „aufgehört“ haben. „Weisse Wölfe“ und „Anti – Antifa Rathenow“ hauchen so dem rechtsextremen Komplex im Raum Rathenow neues Leben ein.
Und was zunächst mit dem streuen von Nazipropaganda und Provokationen auf Stadt – und Dorffesten begann, steigert sich nun hinsichtlich der Gewaltbereitschaft progressiv.
Besonders bemerkenswert ist dabei wieder die zunehmend rassistische Motivation der braunen Schläger. Seit Anfang 2006 gab es so allein in Rathenow drei bewaffnete Übergriffe mit eindeutig rassistischem Hintergrund.
Am Freitag, den 20. Januar 2006, wurden zwei Jugendliche dunkler Hautfarbe von mehreren Rechtsextremisten im Bereich der Diskothek Remix / Dance House in der Berliner Straße mit mindestens einem Messer bedroht, angepöbelt und anschließend bis in die Puschkinstraße verfolgt.
Am ersten Februarwochenende 2006 griffen mehrere, zum Teil vermummte Nazis in der Engelsstraße, Höhe Einfahrt Diskothek Remix / Dance House, einen dunkelhäutigen Jugendlichen in Begleitung eines jungen Mädchens an und verletzten beide durch Schläge ins Gesicht.
In der Nacht vom 18. zum 19. Februar 2006 beschimpften zwei Rechtsextremisten zunächst einen 15-jährigen Jugendlichen mit dunkler Hautfarbe in der Nähe einer Disko am Heimstättenweg und sprühten ihm anschließend Pfefferspray in Gesicht.
Zwar wird nach bisherigem Erkenntnisstand in zwei der drei genannten Übergriffe bereits polizeilich gegen die namentlich bekannten Täter aus der rechtsextremen Szene ermittelt, in der offiziellen Berichterstattung aber nur von einem Streit unter Jugendlichen berichtet.
Der rassistische Hintergrund der Taten wurde nicht thematisiert.
Sechs Jahre nach dem viel beachteten Flüchtlingsmemorandum und vier Jahre nach den letzten rassistisch motivierten Übergriffen zwingt sich der Eindruck auf, dass es sich Rathenow, in diesem Jahr auch Ausrichter der Landesgartenschau, offenbar leisten kann solche gefährlichen Tendenzen zu ignorieren.