Im folgenden dokumentieren wir einen Artikel des Brandenburger Verfassungsschutzes
Drei Männern aus der rechtsextremistischen Szene — dort teils noch heute aktiv, teils schon seit Jahren nicht mehr — wurden vom Amtsgericht Potsdam Geldstrafen auferlegt, weil sie in der ersten Hälfte des Jahres 2000 illegal im Besitz von Waffen waren. Zwei der Verurteilten waren der interessierten Öffentlichkeit schon vorher nicht ganz unbekannt: Uwe M., der Sänger der rechtsextremistischen Potsdamer Band “Proissenheads”, und Carsten S., ein ehemaliger V‑Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes, der seit seiner Enttarnung im Sommer 2000 unter polizeilichem Zeugenschutz steht.
Vor vier Wochen war Toni S., ein anderer V‑Mann der brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde, verurteilt worden. Mit was für Leuten lassen sich die Verfassungsschützer ein? Geben sie ihnen gar Rückendeckung für Straftaten? Solche Fragen sind sehr verständlich. Sie lassen sich jedoch gut beantworten.
Wie zuverlässig sind V‑Leute?
V‑Leute liefern dem Verfassungsschutz geheime Informationen aus extremistischen Gruppierungen. Sie bewegen sich nicht nur in solch fragwürdigem Milieu, sie gehören ihm selber an; sie sind von ihm geprägt. Aber der Verfassungsschutz lässt sich auf eine begrenzte Zusammenarbeit mit solchen Personen nur ein, wenn er nach sorgfältiger Prüfung in jedem Einzelfall zu dem Schluss kommt: Dieser Mann, diese Frau ist dennoch zuverlässig, wird sich an Weisungen halten und keine Straftaten begehen. Eine solche Prognose ist die unabdingbare Voraussetzung für den Einsatz einer V‑Person!
Es gibt keine Prognose, die nicht durch unerwartete Ereignisse widerlegt werden kann. Und auch dies ist eine Selbstverständlichkeit: Das Verhalten von Menschen lässt sich nicht absolut sicher vorhersehen. Deshalb kann es eben auch vorkommen, dass eine V‑Person sich an Weisungen nicht hält und hinter dem Rücken der Verfassungsschutzbehörde Straftaten begeht. Dieses Risiko suchen die Verfassungsschutzbehörden durch Kontrolle und Führung so weit wie möglich zu minimieren, ausschließen können sie es nicht.
V‑Mann lässt Waffengeschäfte platzen
Carsten S. saß wegen eines schweren, fremdenfeindlich motivierten Gewaltverbrechens im Gefängnis, als er einst dem Verfassungsschutz eine Zusammenarbeit anbot. Konnte und durfte die Behörde dieses Angebot annehmen? Darüber wurde seinerzeit sehr gründlich nachgedacht. Neben vielen anderen Gesichtspunkten waren auch diese beiden wichtig: Würde sich Carsten S. künftig strikt jeder Gewaltanwendung enthalten? Prognose: ja. Ergebnis: Prognose zutreffend. Würde Carsten S. sich an Weisungen und Verhaltensmaßregeln der Verfassungsschutzbehörde halten? Prognose: ja. Ergebnis: Prognose ganz überwiegend zutreffend.
Carsten S. hatte durch Szenekontakte verschiedentlich Kenntnis von Waffengeschäften bekommen, die jetzt oder auch in anderen Verfahren abgeurteilt wurden. Brisant waren insbesondere die Fälle mit terroristischem Hintergrund, gegen die sich die jetzt verhandelte Sache — die keinen solchen Hintergrund hat — doch harmloser ausnimmt. Über alles, was ihm hierüber zu Ohren kam, hatte Carsten S. der Verfassungsschutzbehörde wahrheitsgemäß und umfassend berichtet. Nur ein Detail hatte er ihr verschwiegen: dass er eine Waffe, an der Uwe M. als Sammler interessiert war, kurzzeitig in seinem Ladenlokal deponiert hatte. Denn er wusste recht wohl, dass er dies nicht hätte tun dürfen. Oft genug war er ermahnt worden, keine Waffe in die Hand zu nehmen!
Wichtiger aber erscheint die andere Seite der Medaille: Weil die Verfassungsschutzbehörde von Carsten S. entsprechend informiert worden war, konnte sie ihrerseits die Strafverfolgungsbehörden über Waffen in der rechtsextremistischen Szene unterrichten. Erst diese Informationen also lösten die Ermittlungen aus, an deren Ende — nach früheren Gerichtsverhandlungen zu anderen, wesentlich schwereren Delikten — schließlich der heutige Prozess stand! Im Zuge dieser Ermittlungen kam denn auch das erwähnte Detail ans Licht, das Carsten S. zunächst für sich behalten hatte und das ihm nun eine Strafe eintrug.
Das Fazit: Carsten S. hat der Verfassungsschutzbehörde zahlreiche wertvolle Informationen geliefert, von denen viele auch den Strafverfolgungsbehörden zugute kamen. In einer dieser Informationen hat er sich nun selbst verfangen, weil er eine Weisung des Verfassungsschutzes nicht ernst nahm.