POTSDAM Den Rücktritt des Innenministers hatte die PDS schon mehrfach gefordert. Jetzt stellte sie erstmals einen Antrag, der kommende Woche im Landtag zur Abstimmung steht. Danach wird Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) aufgefordert, Jörg Schönbohm zu entlassen.
Als Begründung heißt es, Schönbohm habe “dem Ansehen des Landes geschadet”. Dann zählte PDS-Fraktionschef Lothar Bisky auf, was einen Rücktritt aus seiner Sicht rechtfertigt: V‑Mann-Skandal, Streit mit dem Generalstaatsanwalt über den Umgang mit V‑Leuten, Interview in der rechtspopulistischen Zeitung “Junge Freiheit”. Die PDS-Innenpolitikerin Kerstin Kaiser-Nicht meinte, Schönbohm agiere “hart an der Grenze zum Rechtspopulismus”. Und er sei der “letzte kalte Krieger in der Landesregierung”.
Was die PDS alles gegen Schönbohm ins Feld führte — dazu zählt auch der Eklat im Bundesrat zur Zuwanderung — sorgte in den Koalitionsfraktionen einerseits für Empörung, aber auch — wegen der Aussichtslosigkeit der PDS-Forderung im Landtag — für Heiterkeit. “Das klingt zu sehr nach Wahlkampf, obwohl wir gar keinen haben”, sagte SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch. Nein, für die PDS-Kritik gebe es für ihn keinen Anlass.
Schönbohm selbst will sich erst im Landtag dazu äußern. Er deutete gestern lediglich an, dass er sich auf die Debatte mit der PDS freue und sie kräftig attackieren wolle. CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek nannte die PDS-Forderung “Spiegelfechterei”. Kein Innenminister in Brandenburg habe die Daumenschrauben gegen Rechtsextreme so angezogen wie Schönbohm.
Die PDS, seit Monaten wegen innerer Querelen und der Bundestagswahlniederlage in der Defensive, hat sich Schönbohm als Hauptangriffsziel herausgepickt, auch wenn sie weiß, dass ihr Antrag zur Entlassung wegen der klaren Mehrheitsverhältnisse keine Chance hat. Aber die PDS hofft, Unruhe in die Koalition zu bringen, die sich wegen der desaströsen Haushaltslage in einem angespannten Zustand befindet. Die PDS setzt dabei auf die Unzufriedenen in der SPD, aber auch in der CDU. Die könnten bei dieser Gelegenheit Schönbohm einen Denkzettel verpassen und mit der PDS stimmen. Unsicher ist man sich in der CDU, wie viele Abweichler aus der Koalition sich Schönbohm leisten kann, um politisch nicht beschädigt zu werden.
Derweil sorgt der kürzliche Rückzug von Uta Leichsenring als Landesbeauftragte für das Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” für heftige Debatten in der Koalition. Offen ist nach wie vor, wie die verschiedenen Extremismus-Gremien miteinander verbunden werden können. Der zuständige Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) soll bis Februar ein Konzept für neue Strukturen erarbeiten, wurde gestern mitgeteilt. Reiche plant, zunächst die beiden Geschäftsstellen des regierungsunabhängigen, überparteilichen Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus (Vorsitzender Rolf Wischnath) und des in seinem Haus angesiedelten Handlungskonzeptes “Tolerantes Brandenburg (bisher Leichsenring) zu verschmelzen. Außerdem sollen die rund 100 landesweit agierenden kommunalen Koordinatoren gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit künftig vom Aktionsbündnis betreut werden.
Der Landespräventionsrat wiederum — ein Gremium des CDU-geführten Innenministeriums mit Schönbohm als Vorsitzendem — soll parallel weiter bestehen. Ob alle Gremien künftig unter einem Dach Platz finden werden, ist offen. Dazu wären SPD und CDU wohl bereit, wie es gestern hieß. Nur wollen beide auch die Zuständigkeit haben.