ORANIENBURG Xuan Khang Ha lächelt, schaut ein wenig verlegen zur Seite.
Angst? “Oh, ja”, sagt der 49-Jährige. Am Freitag beginnt am Oranienburger
Amtsgericht der Prozess gegen ihn. Verhandelt wird, ob der vietnamesische
Asylbewerber, der am 5. November 2002 für zwei Monate zu Pfarrer Johannes
Kölbel ins Kirchenasyl nach Schwante flüchtete, mit seiner Flucht gegen das
Ausländergesetz verstieß. In der Anklageschrift werde Ha vorgeworfen, er
habe sich ohne Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung in Deutschland
aufgehalten, sagte die Flüchtlingsreferentin des Kirchenkreises Oranienburg
Simone Tetzlaff. Sie wird Ha am Freitag gemeinsam mit seinem Anwalt
begleiten.
Has Kirchenasyl hatte landesweit Aufsehen erregt. Denn die Polizei versuchte
Ha und seinen damals fünfjährigen Sohn Minh aus dem Schwantener Kirchenhaus
zu holen. Erst nach einem Gespräch zwischen Bischof Wolfgang Huber und
Ministerpräsident Matthias Platzeck entschärfte sich die Situation. Ende
Januar schließlich stellte das Potsdamer Verwaltungsgericht Ha unter
Abschiebeschutz. Der Fall Ha müsse erst in einem erneuten Asylverfahren
geklärt werden, argumentierten die Richter.
Seitdem lebt Ha mit seinem Sohn wieder in Hennigsdorf. Minh geht dort in die
Kita, im Herbst soll der in Hennigsdorf geborene Junge in die Schule gehen.
“Er spricht kaum Vietnamesisch”, sagt Ha. Einen Zeichentrickfilm, den Sohn
und Vater am Nachmittag miteinander sehen, kommentiert Minh in Deutsch. Der
allein erziehende Vater kann sich nicht vorstellen, jemals wieder nach
Vietnam zurückzugehen. Wegen seines Sohnes nicht. Aber auch aus Angst um
sich selbst nicht. Ha hat sich in Deutschland in einer exilpolitischen
Organisation engagiert. “Gehe ich zurück, komme ich ins Gefängnis”,
befürchtet er.
Ha genießt derzeit eine befristete Duldung — bis das Hauptverfahren zu
seinem Asylbegehren am Potsdamer Verwaltungsgericht entschieden ist. Im
Moment allerdings gibt es für dieses Verfahren noch keinen Termin, sagte
Gerichtssprecherin Ingrid Schott.
Die Gerichtsverhandlung in Oranienburg und das Asylverfahren in Potsdam
haben keinen inhaltlichen Zusammenhang. Schott wagt keine Prognose über
einen künftigen Aufenthaltstitel Has. Sein exilpolitsches Engagement, seine
Auftritte im Fernsehen und im Internet — “das allein reicht vermutlich nicht
aus, dass das Gericht von einer Bedrohung in Vietnam ausgeht”, sagte Schott.
Allerdings müsse auch berücksichtigt werden, dass Ha seinen Sohn alleine
umsorgt. Und dass der Medienrummel um das Kirchenasyl seinen Fall auch in
Vietnam bekannt gemacht hat.