(Wera Richter) Der Verdacht gegen die beiden festgenommenen Männer aus Potsdam, den dunkelhäutigen Ermyas M. Ostersonntag ins Koma geprügelt zu haben, hat sich erhärtet. DNA-Spuren an Splittern von Bierflaschen, die am Tatort gefunden wurden, könnten von einem der beiden Beschuldigten stammen, teilte Generalbundesanwalt Kay Nehm am Sonntag in Karlsruhe mit. Auch nach der Untersuchung der Stimmaufzeichnungen sei der zweite Beschuldigte »wahrscheinlich« einer der Sprecher, die auf der Handy-Mailbox der Frau des Verletzten zu hören seien. Der Ermittlungsrichter in Karlsruhe hatte am Freitag Haftbefehle gegen den 29jährigen Björn L. aus Wilhelmshorst und den 30 Jahre alten Thomas M. aus Potsdam erlassen. Beide bestreiten, die brutale Attacke auf den gebürtigen Äthiopier begangen zu haben und gaben Alibis an. Die Männer befinden sich in Justizvollzugsanstalten in Brandenburg.
Unterdessen hält der Streit zwischen Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und dem Generalbundesanwalt an. Nehm habe »aus der Sache ein Politikum gemacht und zu einer Stigmatisierung Brandenburgs beigetragen. Der politische Schaden, den er angerichtet hat, ist erheblich«, kritisierte Schönbohm. Ungeachtet der auf dem Mittschnitt der Mailboxaufzeichnung dokumentierten Beschimpfung »Scheiß Nigger« hatte er nach dem Überfall mehrfach gewarnt, einen rechten und rassistischen Hintergrund der Tat anzunehmen.
Jüngste Presseberichte, nach denen der Überfall anders abgelaufen sein soll als bisher dargestellt, mögen ihn in seiner Ansicht bestärken. Focus und die Märkische Allgemeine berichteten, daß Ermyas M. in der nahe dem Tatort gelegenen Diskothek »Art-Speicher« eine Auseinandersetzung mit zwei Personen hatte und stark alkoholisiert war. Der Streit sei am späteren Tatort, einer Haltestelle, wieder aufgeflammt. Nach Informationen des Spiegel gibt es Zeugen, die sagen, Ermyas M. sei aggressiv gewesen. Die Märkische Allgemeine zitiert eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft, wonach dem Opfer durch einen einzigen Faustschlag der Schädelknochen an einem Auge zertrümmert worden sei. Zuvor war berichtet worden, daß die Täter mehrfach auf den bereits am Boden liegenden eingeschlagen und ‑getreten hätten. Dem Bericht des Bundesanwaltes ist hingegen zu entnehmen, daß bisher unklar ist, ob weitere Verletzungen vorliegen. Der kritische Zustand des Geschädigten erlaube es zur Zeit nicht, alle Verletzungen, die Schlüsse auf mehrere Schläge zuließen, feststellen zu lassen.
Eine Woche nach der Tat wird offenbar versucht, den politischen Hintergrund der Tat herunterzuspielen. Übrigbleiben soll eine fortgesetzte Kneipenschlägerei mit viel Alkohol im Spiel, bei der das spätere Opfer seine Täter womöglich selbst provoziert hat. Daß die unter Tatverdacht Stehenden zumindest rechte Musik hören und in der Hooligan- und gewaltbereiten Rockerszene mit Kontakten zu Neonaziorganisationen zu Hause sind, spielt dann keine Rolle mehr. Auch nicht, daß sie ihr Opfer rassistisch beschimpft haben.
Der Gesundheitszustand von Ermyas M. hat sich unterdessen leicht stabilisiert. Die Ärzte im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum stellten am Sonntag fest, daß er erste eigene Atemzüge machen konnte. Der 37jährige Ingenieur liege aber weiter im künstlichen Koma, sein Zustand sei noch immer lebensbedrohlich.