ALTLANDSBERG. “Wir haben nicht mehr viel Zeit”, sagt Ravindra Gujjula, der Bürgermeister von Altlandsberg (Märkisch-Oderland). “Am 4. April endet die Duldung für die Familie Nguyen, bis dahin muss der Fall geklärt sein.” Obwohl die vierköpfige vietnamesische Familie weiterhin offiziell keinen Asylanspruch hat und von der Abschiebung bedroht ist, fordern er und viele Altlandsberger ein dauerhaftes Bleiberecht für die Familie.
“Es ist unmenschlich, sie auszuweisen”, sagt Gujjula. Die Eltern hätten Arbeit und seien bestens integriert. Am Wochenende startete er eine Unterschriftenaktion, mit der er die Abschiebung der Nguyens verhindern will. 400 Einwohner unterschrieben bis Dienstag. Gujjula will sich auch beim Auswärtigen Amt und bei Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) für die Familie einsetzen. Sollte der Kampf erfolglos bleiben, kündigte die Kirchengemeinde bereits an, den Nguyens erneut Kirchenasyl zu gewähren. Einmal schon hatte ein solches Asyl die Familie vor der Abschiebung bewahrt. “Wir werden alle rechtliche Wege gehen, um den Nguyens zu helfen”, sagt Gujjula. “Notfalls verklagen wir den Staat.”
“Die Kinder sind Deutsche”
Familie Nguyen lebt seit mehr als zehn Jahren hier. Die Eltern zählen aber nicht zu den vietnamesischen Vertragsarbeitern in der DDR, die bleiben dürfen. Die kleine Tochter wurde vor fünfzehn Monaten in Altlandsberg geboren. Ihr elfjähriger Bruder Duc Toan ist nicht nur Klassenbester, sondern auch Klassensprecher. “Die Kinder sind für mich Deutsche”, sagt der gebürtige Inder Gujjula. Es sei absurd, dass die Familie ausreisen soll, weil der Vater am Stichtag für eine Duldung keine Arbeit hatte. “Beim Arbeitsamt hatte er sie beantragt und auch eine Antwort erhalten”, sagt Gujjula. Das soll jetzt aber nicht ausreichen.
Die zuständige Kreisverwaltung sieht keine Alternative zur Abschiebung. “Die Gesetzeslage ist eindeutig, da gibt es keinen Spielraum”, sagt Verwaltungssprecher Jürgen Krüger. Die Familie sei illegal und damit “gesetzesbrecherisch” aus Tschechien eingereist. Der Kreis könne dies nicht dulden, ohne selbst das Gesetz zu brechen. “Nicht wir als ausführende Ämter sind unmenschlich, bestenfalls sind es die Gesetze.”
Gujjula sieht das anders und verweist auf eine namensgleiche vietnamesische Familie in Guben. “Der Fall ist ähnlich und auch dort gelten dieselben Gesetze”, sagt Gujulla. “Aber der dortige Landrat hatte den Mut, die Gesetze so menschlich zu interpretieren, dass die Familie bleiben konnte.”