Joachimsthal — Die Antifa Bernau hat für den morgigen Samstag zu einer Demonstration gegen den Aufmarsch von NPD-Anhängern in Joachimsthal aufgerufen. Die NPD Barnim-Uckermark will dort unter dem Motto: “Sicherheit, Recht und Ordnung — keine Gnade für die Täter” gegen die Freilassung des Sexualstraftäters Werner K. protestieren und sich den besorgten BürgerInnen von Joachimsthal als einzig wahren Sachverwalter ihrer Interessen präsentieren.
Während sich die Nazis gegen 10:00 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz versammeln, schlägt die Antifa als Treffpunkt die Kirche in Joachimsthal vor. Die NPD Barnim-Uckermark geht bei der Anmeldung ihres Aufmarsches von etwa 100 Demonstranten aus.
Auf der Website der NPD Barnim-Uckermark im sogenannten “Nationalen Netztagebuch” wird versucht, die Stimmung gegen die Antifa-Demonstranten mit Falschinformationen aufzuheizen und die eigenen Truppen auf eine Prügelei vorzubereiten. Dort heißt es unter anderem: “Sie empfehlen den Anhängern ihrer verkommenen Weltanschauung sich mit der Bahn um 10.00 Uhr am Bahnhof in Joachimsthal einzufinden. Anscheinend will die Antifa Bernau die Demonstration gegen Triebtäter und Kinderschänder bewußt stören. … Will sie die eigenen Genossen ´verheizen´?” Weiter heißt es: “Auf jeden Fall stellt sich die Antifa Bernau damit im Prinzip auf die Seite von Triebtätern und Kinderschändern.” Warum das so ist, wird ebenfalls erklärt: “Gelegentlich hörte man doch Gerüchte auf der Strasse, daß bei so manchem ANTIFA Vater und Mutter auch gleichzeitig Bruder und Schwester sein sollen.”
Stadtverordneten distanzieren sich
Die Stadtverordneten und die Bürgerinitiative “Nachbarschaftliche Solidaritätsgemeinschaft” haben sich zwischenzeitlich von dem Aufmarsch der NPD distanziert. Mit denen haben wir nichts gemein”, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative, Peter Brobowski, der “Märkischen Oderzeitung” am Donnerstag. Die NPD wolle den Menschen vorspielen, die passende Antwort zu haben, doch das sei nicht der Fall. Damit sei er der gleichen Auffassung wie die Stadtverordneten und die Evangelische Kirchengemeinde.
Peter Brobowski sollte sich allerdings ein paar Gedanken machen mit welcher Kleidung er vor die Kameras tritt. Das rosa HH des norwegischen Arbeits‑, Outdoor und Seglerbekleidungsherstellers Helly Hansen, das auf dem schwarzen T‑Shirt bei seinem Statement in einem Beitrag von Brandenburg Aktuell prankte, erinnert zwar mehr an das Kinder- und Jugendbuch “Als Hitler das rosa Kaninchen stahl” von Judith Kerr, könnte aber bei seinem Engagement gegen den Sexualstraftäter Werner K. auch anders verstanden werden.
Pfarrerin Beatrix Spreng, die sich seit Jahren gegen rechtsextreme Tendenzen in der Gegend engagiert, äußerte sich in der Berliner “Tageszeitung” zu Einflussnahmeversuchen der Nazis auf die Bürgerinitiative. Für sie ist die Gefahr der Unterwanderung durch rechte Extremisten abgewehrt. Nur ganz am Anfang habe sich eine Gruppe Rechter in die Sache einzuklinken versucht. Die Initiative habe sich eindeutig von diesen Leuten distanziert, die Einflussnahme “sofort gestoppt”, indem sie sich eine feste Struktur und einen Sprecher gegeben habe.
Vorgeschichte
Werner K. war Mitte April nach 22 Jahren Haft wegen mehrfacher Vergewaltigung von Frauen und Kindern freigekommen und zu Verwandten nach Joachimsthal gezogen. Zuvor hatte der Bundesgerichtshof einen Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung wegen rechtlicher Mängel zurückgewiesen. Nach Protesten der Bevölkerung verließ der als gefährlich geltende Mann Ende April den Ort, um sich in einer Klinik behandeln zu lassen. Nach Indiskretionen musste er seine Therapie allerdings Ende Mai abbrechen. Ein neuer Platz wurde bisher nicht gefunden.
Sommerfest der DVU
Die Befürchtungen der Antifa, dass die rechtsextremen Demonstranten Unterstützung aus dem nahegelegenen Finowfurt erhalten, wo die Deutsche Volksunion auf dem Gelände von Klaus Mann, Kreischef der DVU für den Bereich Oberhavel, Barnim und Uckermark, ihr alljährlich stattfindendes Sommerfest veranstaltet, werden sich wohl nicht bestätigen. Es ist kaum anzunehmen, dass sich die mit Kind und Kegel anreisenden DVUler an einer militant wirkenden Demonstration beteiligen.
Es ist zwar richtig, dass sich dort im letzten Jahr etwa 400 Menschen versammelten, aber durch die Strategie- und Übernahmediskussionen in der NPD, herrscht zwischen beiden Parteien eher Eiszeit. Allerdings hat der DVU-Funktionär Klaus Mann sein Gelände auch für rechtsextreme Konzertveranstaltungen zur Verfügung gestellt, so zum Beispiel am 11. August 2007. An diesem Treffen, bei dem auch Propagandamaterialien von NPD und JN verteilt wurden, beteiligten sich laut Brandenburger Verfassungsschutz rund 120 Personen. Das Spektrum reichte von DVU, NPD, JN und ehemaligen Märkischen Heimatschützlern bis hin zur unorganisierten rechtsextremistischen Szene. Das entspricht in etwa dem Potenzial, das die NPD Barnim-Uckermark für die Demonstration in Joachimsthal erwartet.
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Nach der Gegendemonstration in Joachimsthal gibt es eine Kundgebung, ab 15 Uhr, gegen das DVU-Sommerfest in Finowfurt am Erzbergerplatz. Ein Shuttle-Bus vom Bahnhof Eberswalde wird eingerichtet. Organisiert wird die Kundgebung von Linksjugend und Jusos.