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Antifaschismus

NPD-Kader als Mitarbeiter der Universität Potsdam

Studierende der Uni­ver­sität Pots­dam kön­nen sich in der Bib­lio­thek Büch­er bei einem Neon­azi auslei­hen. Der NPD-Kad­er Steve Schmidt geht in der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek ein­er Aus­bil­dung zum Fachangestell­ten für Medi­en- und Infor­ma­tions­di­en­ste nach. Einge­set­zt wurde er min­destens an den Stan­dorten Neues Palais und Golm. Den schulis­chen Teil absolviert er am Ober­stufen­zen­trum Bürowirtschaft und Ver­wal­tung “Louise-Schroed­er-Schule” in Berlin.

Steve Schmidt (li.) am 19. April 2014 in Gransee
Steve Schmidt (li.) am 19. April 2014 in Gransee

Steve Schmidt, geboren 1989 in Hen­nings­dorf, ist Mit­glied der “Junge Nation­aldemokrat­en” (JN), der Jugen­dor­gan­i­sa­tion der NPD, und seit 2013 Press­esprech­er des NPD-Kreisver­ban­des Ober­hav­el. Erst­mals ins Licht der Öffentlichkeit stellte er sich am 27. Feb­ru­ar 2013 auf ein­er soge­nan­nten Bürg­er­frages­tunde des Kreistages Ober­hav­el. Dort stellte er Fra­gen zum Ober­stufen­zen­trum Zehdenick und informierte sich über Strate­gien der Ver­wal­tung gegen den Wegzug von Jugendlichen aus dem struk­turschwächeren Nor­den des Kreis­es Ober­hav­el. Durch die anwe­senden Abge­ord­neten wurde er bejubelt und für sein Engage­ment gelobt. Dass er zuvor dem NPD-Abge­ord­neten Axel Dreier die Hand schüt­telte, und so seine Verbindung zur neon­azis­tis­chen Szene öffentlich zeigte, wurde für Außen­ste­hende offen­bar nicht ersichtlich. [1]
Für die NPD engagierte er sich bish­er bei ver­schiede­nen Wahlkamp­fak­tio­nen, war Teil­nehmer mehrerer Kundge­bun­gen und hing u.a. im Bun­destagswahlkampf 2013 Plakate für die neon­azis­tis­che Partei auf. Außer­dem war er an Flug­blatt-Verteilak­tio­nen im Rah­men des Bun­destagswahlkampfes 2013 u.a. in Mit­tel­stadt beteiligt. Ins­beson­dere beim The­ma Asyl bemühte er sich, sich und seine Partei ins Licht der Öffentlichkeit zu rück­en. Am 23. Okto­ber 2013 ver­suchte er zusam­men mit anderen NPD-Mit­gliedern, auf ein­er Bürger_innenversammlung zu einem geplanten Geflüchteten­wohn­heim in Gransee ras­sis­tis­che Stim­mung zu ver­bre­it­en. Die Polizei belegte die Gruppe und ihn jedoch mit Platzver­weisen. [2] Weit­er­hin nahm er an mehreren Kundge­bun­gen gegen geplante Geflüchteten­wohn­heime in Neu­rup­pin, Gransee und Rheins­berg teil.
Auf dem Lan­desparteitag der NPD-Bran­den­burg am 22. März 2014 in Oranien­burg hielt Steve Schmidt die Eröff­nungsrede und het­zte gegen Geflüchtete. [3] Dies zeigt seinen Stand inner­halb der NPD. Wer einen Parteitag ein­er Partei eröffnet, kann nicht als Mitläufer gel­ten und als solch­er behan­delt wer­den. Bei ihm ist von ein­er fes­ten Ein­bindung in die Struk­turen der NPD und einem gefes­tigten men­schen­feindlichen Welt­bild auszugehen.
Steve Schmidt (am Transparent zweiter von rechts) am 8. Februar 2014 auf dem neonazistischen “Day of Honour” in Budapest
Steve Schmidt (am Trans­par­ent zweit­er von rechts) am 8. Feb­ru­ar 2014 auf dem neon­azis­tis­chen “Day of Hon­our” in Budapest

Aktiv ist Schmidt jedoch nicht nur in NPD-Kreisen. Auch Demon­stra­tio­nen und Aktio­nen außer­par­la­men­tarisch­er “Kamerad_innen” besuchte er und ist Teil bei deren Organ­isierung und Durch­führung. Anlässlich des Jahrestages der Bom­bardierung der Stadt Magde­burg während des Zweit­en Weltkrieges fand ein Neon­azi­auf­marsch am 12. Jan­u­ar 2013 statt, den er beispiel­sweise als Ord­ner begleit­ete und so bei der Durch­führung half. Am 8. Mai 2013 war Schmidt außer­dem Fack­el­träger auf ein­er jährlich stat­tfind­en­den neon­azis­tis­chen Demon­stra­tion in Demmin.
In diesem Jahr, am 8. Feb­ru­ar, nahm Steve Schmidt erst­mals am “Day Of Hon­our” in Budapest teil. Diese Demon­stra­tion wird jährlich aus dem Spek­trum der Neon­azi-Struk­tur “Blood & Hon­our” oder der neon­azis­tis­chen Partei Job­bik organ­isiert und soll an den “Helden­mut” der Waf­fen-SS und ungarisch­er Faschis­ten während ein­er Schlacht 1944 erin­nern. Regelmäßig wer­den dort faschis­tis­che und anti­semi­tis­che Parolen und Trans­par­ente ver­nom­men. Schmidt besuchte die Demon­stra­tion u.a. zusam­men mit dem NPD-Vor­standsmit­glied aus Ober­ha­vel, Robert Wolin­ski, und weit­eren Neon­azis aus Deutsch­land. [4] Eben­so dabei war auch der mit­tler­weile in Pots­dam ansäs­sige Neon­azi und NPD-Kad­er Maik Schnei­der, der zur Zeit sein Abitur an der “Heinrich-von-Kleist”-Schule in der Pots­damer Innen­stadt macht. [4]
Maik Schneider (ganz rechts) am 8. Februar 2014 auf dem neonazistischen "Day of Honour" in Budapest
Maik Schnei­der (ganz rechts) am 8. Feb­ru­ar 2014 auf dem neon­azis­tis­chen “Day of Hon­our” in Budapest

Neben diesen offen neon­azis­tis­chen Machen­schaften ver­sucht sich Steve Schmidt auch an Quer­front-Aktiv­itäten. Auf sein­er Face­book-Seite ver­sieht er neben ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Seit­en oder anti­semi­tis­chen und ras­sis­tis­chen Inhal­ten auch linke und emanzi­pa­torische Pro­jek­te mit einem “Like”. Der Anti­semit Ken Jeb­sen, Ini­tia­tor mehrerer “Mon­tags­demos” in Berlin, ras­sis­tis­che The­o­rien von Thi­lo Sar­razin und das ver­schwörungside­ol­o­gis­che Mag­a­zin “Com­pact” von Jür­gen Elsäss­er sind eben­so auf sein­er “Gefällt Mir”-Liste zu find­en wie die linke Tageszeitung “Junge Welt” und das Musikpro­jekt “Früchte des Zorns”. Passend zu seinen ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Ansicht­en besuchte Schmidt zusam­men mit weit­eren Neon­azis am 28. April 2014 auch eine der “Mon­tags­demon­stra­tio­nen” in Berlin. Diese erhiel­ten wegen ihrer anti­semi­tis­chen Aus­fälle bun­desweite Aufmerksamkeit.
Dass ein aktiv­er, organ­isiert­er Neon­azi in der Bib­lio­thek der Uni­ver­sität Pots­dam arbeit­et und so auch Zugang zu den per­sön­lichen Dat­en der Studieren­den erhält, stellt ein großes Sicher­heit­srisiko für all jene dar, die sich gegen neon­azis­tis­che und andere men­schen­feindliche Aktiv­itäten engagieren und Nutzer_innen der Uni-Bib­lio­thek sind. Darüber hin­aus soll­ten Neon­azis nie Ämter bek­lei­den kön­nen, ohne dass es öffentlich the­ma­tisiert wird, für welche men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie diese Men­schen ein­treten. Es liegt nun an der Pots­damer Uni­ver­sität, dies zu the­ma­tisieren und einen Umgang mit Steve Schmidt zu finden.
[1] http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2013/03/01/neonazi-halt-rede-vor-kreistag-und-erhalt-danksagungen-und-applaus_11694
[2] http://jungle-world.com/artikel/2013/45/48759.html
[3] https://www.youtube.com/watch?v=wzdPcEqGF6Y
[4] https://inforiot.de/brandenburger-npd-funktionaere-beim-day-of-honour-in-ungarn/ und https://pusztaranger.wordpress.com/2014/02/08/tag-der-ehre-2014-in-budapest-nazis-marschieren-im-burgviertel-auf/ und https://www.kombinat-fortschritt.com/2014/02/14/npdler-aus-mv-beim-ungarischen-day-of-honour/
[5] http://arpu.blogsport.eu/2013/09/07/neonazistischer-kader-maik-schneider-npd-bundestagskandidat-an-potsdamer-schule/

Eine Antwort auf „NPD-Kader als Mitarbeiter der Universität Potsdam“

die uni pots­dam hat sich auch dazu geäußert. ziem­lich frag­würdig finde ich…
Hier nun die angekündigte Stel­lung­nahme: „Steve Schmidt ist als Auszu­bilden­der (Fachangestell­ter für Medi­en- und Infor­ma­tions­di­en­ste) tätig und wird in der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek aus­ge­bildet. Die Aktiv­itäten von Her­rn Schmidt für die NPD sind der Uni­ver­sität Pots­dam seit April 2014 bekan­nt. Zum Zeit­punkt sein­er Ein­stel­lung lagen keine Anhalt­spunk­te auf recht­sex­trem­istis­che Aktiv­itäten vor. Unmit­tel­bar nach Ken­nt­nis­nahme der Hin­weise auf recht­sex­treme Aktiv­itäten ist mit dem Bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz Kon­takt aufgenom­men wor­den, der auch weit­er beste­ht. Von dort wurde bestätigt, dass Herr Schmidt Funk­tionär der NPD (u.a. Press­esprech­er der NPD Ober­hav­el) ist. Mit Her­rn Schmidt ist im Sep­tem­ber 2014 ein Per­son­alge­spräch geführt wor­den. In diesem Gespräch erk­lärte Herr Schmidt, dass er sich vor etwa zwei Monat­en von der NPD getren­nt und keinen Kon­takt mit der Partei mehr habe. Auf die Loy­al­ität­spflicht der im öffentlichen Dienst Beschäftigten hingewiesen, erk­lärte er, diese sei ihm wohl bekan­nt und er wisse um die arbeit­srechtlichen Kon­se­quen­zen eines Ver­stoßes. Der Ver­fas­sungss­chutz kon­nte die Aus­sagen Schmidts über seinen Ausstieg nicht bestätigen.
Im Rah­men sein­er Aus­bil­dung hat Herr Schmidt wie andere Beschäftigte der Uni­ver­sitäts­bib­lio­thek auch im Zusam­men­hang mit dem Ausleih­sys­tem Zugang zu Dat­en der Studieren­den. Es sind bish­er aber keine daten­schutzrechtlichen Ver­stöße zu verze­ich­nen. Herr Schmidt unter­liegt als Auszu­bilden­der der Loy­al­ität­spflicht. Die Loy­al­ität­spflicht wird nicht bere­its dadurch ver­let­zt, dass Beschäftigte ver­fas­sungs­feindliche Ziele ein­er Organ­i­sa­tion für richtig hal­ten und dies durch eine Mit­glied­schaft oder andere Aktiv­ität zum Aus­druck brin­gen. Ver­stöße und Zuwider­hand­lun­gen gegen die Loy­al­ität­spflicht kön­nen nach der Recht­sprechung des BAG eine Abmah­nung oder Kündi­gung nach sich ziehen, wenn das außer­di­en­stliche Ver­hal­ten sich unmit­tel­bar auf das Arbeitsver­hält­nis auswirkt. Störun­gen im Arbeitsver­hält­nis von Her­rn Schmidt sind derzeit nicht zu verzeichnen.
Die Uni­ver­sität Pots­dam wird Steve Schmidts Aktiv­itäten auch weit­er­hin mit großer Sorgfalt ver­fol­gen und ihre rechtlichen Möglichkeit­en zur Ahn­dung jeglichen Fehlver­hal­tens ausschöpfen.“

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