NPD Propagandashow am Himmelfahrtstag in Rathenow
Wie die neonazistische Partei versucht, sich jenseits von Anspruch und Realität zu profilieren
Wird einer Pressemitteilung des Rathenower NPD Stadtverbandes vom 26. Mai 2012 glauben geschenkt, in der über die Propagandaaktivitäten am Himmelfahrtstag berichtet wird, entfaltet sich im Kopf der Leser_innen ein Bild einer aufstrebenden Bewegung. Eine vermutlich männlich geprägte Bewegung, die „auch am Vatertag“, statt sich zu betrinken, versucht Menschen für ihre ‚Ideale’ zu begeistern und ‚mutig’ gegen vermeintliche Missverhältnisse in Staat und Ökonomie „zu Felde“ zieht. Klingt mystisch und heroisch, hat aber mit der Realität, nichts zu tun.
Wie an jedem Himmelfahrtstag, seit Jahren, bestimmte auch in diesem Jahr hauptsächlich der Alkohol die Ereignisse an jenem Tag in Rathenow. Vor allem Männer von jung bis alt hatten sich, wie es der regionale Brauch am so genannten „Herrentag“ verlangt, zusammengetan und waren in kleineren und größeren Gruppen, zumeist per Fahrrad, in der Region unterwegs, um sich in diversen Gaststätten und an sonstigen Getränkeausschänken mit Bier und Schnaps zu berauschen.
Auch die Kampftrinker des regionalen (neo)nazistischen Milieus, Mitglieder und Sympathisant_innen der NPD sowie Anhänger der verbotenen Kameradschaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“, durften zur Feier des ihrerseits so bezeichneten „Vatertages“ natürlich nicht fehlen. Ungefähr 30 Personen dieses Klientels aus Rathenow und Premnitz wurden so an den neuralgischen Punkten, am Seeufer in Rathenow OT Semlin und vor dem Rathenower Kino gezählt. Allerdings schienen diese weniger die Mission gehabt zu haben, sich gegen den Euro zu erheben, sondern vielmehr im Alkoholdunst Pöbeleien und Rangeleien zu entfachen. Mehrere Menschen wurden in diesem Zusammenhang belästigt und beleidigt. Glücklicherweise hat ein großer Teil der Rathenower inzwischen gelernt diese Provokationen souverän zu begegnen und steht dem lokalen Nazimilieu ablehnend gegenüber. „Zuspruch“, den die NPD laut Pressemitteilung bei „vielen Gesprächen“ erfahren haben will, kann auch deshalb so nicht bestätigt werden.
Gelinde gesagt „übertrieben“ hat der lokale Parteipressesprecher auch bei der Schönmalerei der einzigen tatsächlichen Propagandaaktion an jenem Tag. Angeblich habe „eine kleine Delegation des Stadtverbandes Rathenow von 11 Uhr bis 17 Uhr mittels Infomobil seine Runden“ gedreht und „die Bürger mit Infomaterialien“ versorgt. Tatsächlich fuhr aber einzig allein die Rathenower NPD Stadtverbandsvorsitzende Sabrina Burchardt mit einem Autoanhänger, an dem zwei NPD Banner angebracht waren, die Hetze gegen die EU beinhalteten, herum. Von Möchtegern-Vätern die sich „auch am Vatertag“ politisch betätigen oder Informationen verteilen war hingegen weit und breit nichts zu sehen.
Peinlich mit anzusehen war stattdessen wieder das selbstherrliche Auftreten des NPD Kreisverbandsvorsitzenden Michel Müller. Dieser sieht sich offenbar besonders gerne in der Rolle des Landlord, wirkt aber tatsächlich, im visuellen Erscheinungsbild und in seiner Artikulation, wie eine plumpe Kartoffel. Selbst der stets wortgewandte Magdeburger NPD Bundesvorstandskader Andy Knape, der am Himmelfahrtstag wieder beim Rathenower Stadtverband zu Gast war, stand angesichts der Eskapaden des lokalen Milieus nur stumm in der Ecke herum. Für seine Partei gab es an diesem Tag nichts zu gewinnen.