Am 13. November diesen Jahres werden sich Alt- und Neonazis wieder bemühen die totale Niederlage der Kesselschlacht in Halbe 1945 als ruhmreiche Tat deutscher Soldaten darzustellen. Ihr „Heldengedenken“ soll die auf dem Waldfriedhof Halbe begrabenen 22.000 Soldaten aus Wehrmacht, SS und Volkssturm ehren und der nationalsozialistischen Ideologie in der vorgeblichen Trauer Legitimation verleihen.
Halbe – Friedhof fanatisierter Nationalsozialisten
In der letzten großen Schlacht des zweiten Weltkriegs zur Verteidigung Berlins vor der Roten Armee, die in der Gegend um Halbe, ca. 70 km südöstlich von Berlin stattfand, fiel das letzte Aufgebot des Dritten Reiches. Trotz der offensichtlichen Überlegenheit der sowjetischen Truppen ließen sie lieber ihr Leben, als sich vom Nationalsozialismus loszusagen. Dieser grenzenlose Fanatismus dient den Nazis der Gegenwart als positiver Bezugspunkt für ihre heutige Politik. Durch die Identifikation mit dem Nationalsozialismus kann die extreme Rechte eine Tradition bzw. Vergangenheit aufweisen, die zum einen die Szene eint und einen Brückenschlag von Alt- und Neonazis herstellt. Zum anderen wird es durch das Vorweisen einer fantastisch anmutenden Geschichte einfacher Interessierte zu integrieren. Aktuelle Sachverhalte können mittels dieser Geschichtsbilder einfacher bewertet werden und es wird der Eindruck erweckt man sei im Besitze einer absoluten Wahrheit. Dass der Nationalsozialismus alles andere als ruhmreich war und die begangen mörderischen Verbrechen der deutschen Bevölkerung eher dazu dienen, sich selbst als größtes Opfer des Dritten Reiches zu fühlen ist dabei natürlich nebensächlich.
Neonaziaufmärsche in Halbe 1990–2003
Seit 1990 versucht die Naziszene am „Volkstrauertag“ eine Gedenkveranstaltung für ihre „Helden“, also für die Wehrmacht, für die SS-Einheiten und den Volkssturm durchzuführen. Damit knüpfen die Nazis unverhohlen an das nationalsozialistische „Heldengedenken“ im Dritten Reich an. Das politische Ziel ist die Durchsetzung der Möglichkeit, Politik und Gedenkveranstaltung mit direktem Bezug zum Nationalsozialismus zu ermöglichen.
In den Jahren 1990 und 1991 sammelte sich die gesamte militante Naziszene der Bundesrepublik am „Volkstrauertag“ in Halbe. Danach wurde der Naziaufmarsch bis zum Jahr 2003 verboten. Aufgrund einer veränderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts scheiterten die Verbotsabsichten der Behörden 2003 und das „Heldengedenken“ fand mit etwa 700 TeilnehmerInnen erstmalig unter dem Motto „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten“ statt.
Schien der offene Bezug auf den Nationalsozialismus zwar verhaltener als bei den nazistischen Veranstaltungen Anfang der neunziger Jahre, erfüllte die Ehrung von Wehrmachtssoldaten und Soldaten der Waffen–SS doch den gleichen Zweck – die Schaffung eines positiven Bezugs zum Nationalsozialismus.
Organisiert vom Kameradschaftsverbund „Widerstand Nord“ ist der Aufmarsch vor allem ein Steckenpferd von dem Berufsnazi Christian Worch aus Hamburg, der neben unzähligen anderen auch die jährlichen Aufmärsche am 1. Mai in Leipzig anmeldet.
Nazistische Gedenkbewegung
Mittlerweile existieren eine Vielzahl rechtsextremer Gruppierungen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben mittels geschichtsverfälschender Gedenkpolitik die Verbrechen der Wehrmacht zu einer ruhmvollen Geschichte umzudeuten. Öffentlichkeitswirksame Beispiele dafür sind die seit 2001 stattfinden Gedenkmärsche im bayrischen Wunsiedel zu Ehren des Hitlerstellvertreters Rudolf Heß mit tausenden TeilnehmerInnen und das Errichten symbolischer Friedhöfe durch das Aufstellen selbstgezimmerter Holzkreuze wie z.B. im April diesen Jahres nahe Neustrelitz. Großer Beliebtheit erfreut sich auch die Pflege von Kriegerdenkmälern von im 2. Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten durch organisierte Putzwutaktionen. Zu „Ruhm und Ehre“, so Organisationen wie das „Ehrenkomitee 8. Mai“, das ebenfalls nach Halbe mobilisiert oder auch der „Arbeitskreis Mädelschar“ aus Norddeutschland, solle damit den deutschen Frontsoldaten verholfen werden.
In völkischer Tradition – Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge
Beziehen sich Rechtsextremisten einmal im Jahr in Halbe ganz offen auf den Nationalsozialismus und versuchen ihre völkischen Traditionen zu pflegen, so kümmern sich andere Institutionen das ganze Jahr um den Erhalt des Soldatenfriedhofes in Halbe. Dieser wurde erst im Jahre 1951 durch die Bemühungen des Pfarrers Ernst Teichmann eingerichtet. Über 23.000 Wehrmachtssoldaten, von denen 8.000 namentlich bekannt sind, wurden in den Folgejahren aus den umgebenden Wäldern umgebettet. In Außerachtlassung der geschichtlichen Ereignisse wurden 1956 auf den gleichen Friedhof Opfer des NS umgebettet, zu denen neben Deserteuren auch sowjetische ZwangsarbeiterInnen gehörten, die aus den umliegenden Zwangsarbeiterlagern stammten. Noch heute werden im Jahr etwa 50 – 80 Tote aus der Umgebung auf den Friedhof in Halbe umgebettet. Mit dieser Arbeit ist seit Januar 2001 offiziell der Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge e. V. (VdK) betraut.
Der von der Bundesregierung subventionierte VdK gründete sich bereits 1919 und betreut vor allem Gräber deutscher Soldaten im Ausland. Stellt sich der VdK gern als Institution dar, die friedensstiftende Arbeit zur Aussöhnung leistet, ist er doch vor allem eins, eine Organisation zur Pflege völkisch nationaler Traditionen und Werte und dient zur Verfälschung deutscher Vergangenheit..
Unhinterfragt werden Gräber deutscher Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges gepflegt und eine Ehrung dieser als ruhmreiche Krieger durch teils aufwendige Restaurationen und nachträgliche Bestattungsfeiern wirkungsvoll in Szene gesetzt. „Wir wollen, dass die Bevölkerung daran teilnimmt und führen deshalb zweimal jährlich entsprechende Trauerfeiern durch. Bis dahin sollten die Toten allerdings im Nebenraum unserer Trauerhalle stehen!“ , so Erdmute Labes, stellvertretende Landesvorsitzende des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. Brandenburg, zum Friedhof in Halbe. Die Entpolitisierung und dadurch positive Aufwertung der deutschen Soldaten erreicht der VdK indem lediglich das erfahrene Leid und nicht die geschichtlichen Hintergründe fokussiert werden.
Grausige Jugendarbeit
Neustes Projekt des VdK soll die Errichtung einer sogenannten Jugendbegegnungsstätte in Halbe sein. Damit wolle man die Jugend an die Gräber führen und ihnen dort verdeutlichen, dass Frieden im eigenen Bereich und zwischen den Völkern das höchste Gut sei, das es zu schützen gelte. Wie sie das mit einer Überhöhung von Wehrmachtssoldaten und durch die Pflege völkisch militaristischer Denkmäler, erreichen wollen das lässt der VdK offen. Die Pfarrerin Labes lässt aber dennoch verlauten, dass sie sich in nächster Zukunft dafür einsetzen wolle, dass diese Begegnungsstätte entstehen werde, wo sich Deutsche, Russen und Ukrainer auf „historischem Boden“ treffen können. Bereits jetzt gibt es Führungen für Jugendliche, die dann einige Stunden auf dem Friedhofsgelände Laub kehren, Grabsteine putzen und deren Inschriften erneuern. Die Schüler sollten erkennen, dass hinter dem Krieg Einzelschicksale steckten und Krieg nicht nur ein Lehrstoff in der Schule sei. Als hätten sich die Angehörigen der Wehrmacht und der Waffen–SS ganz zufällig in der Umgebung getroffen und es nur ein trauriges Schicksal war, dass sie ungeklärter Weise und unverschuldet dahinraffte.
Falsches Gedenke
n wird gesellschaftsfähig
Erschreckend ist wie erfolgreich diese Methode ist: nationalsozialistische Verbrechen und die Kriegsführung der Wehrmacht in eine Anerkennung von Leid bzw. verschiedener Einzelschicksale umzudeuten. Dadurch, dass es sich beim VdK um eine gesellschaftlich anerkannte und nicht als rechtsextrem stigmatisierte Institution handelt, die von der Bundesregierung subventioniert wird, reichen solche geschichtsverfälschenden Positionen weit in die Mitte der Gesellschaft hinein. Dadurch wird eine Gedenkpolitik forciert bei der es nicht mehr als Tabu betrachtet wird sich positiv auf Verbrechen der Wehrmacht und der Waffen–SS zu beziehen.
Es muss also für die Zukunft zum klaren Ziel erklärt werden Vereine und Organisation, die geschichtsverfälschende Positionen vertreten und damit rechten und rechtsextremen Ideologien Vorschub leisten in die rechte Ecke zu stellen, in die sie gehören.
Ob nach sechzig oder hundert Jahren, wer positiv der deutschen Soldaten des zweiten Weltkrieges gedenkt, gedenkt Nazis. Hier gibt es keine Verjährungsfrist. Angehörige der Wehrmacht und der Waffen–SS waren und bleiben Verbrecher!
Faschistisches Heldengedenken in Halbe verhindern!
Nazistische Überzeugungstäter stoppen!
Antifa Demonstration
Gegen den Naziaufmarsch in Halbe am 13.11. um 12 Uhr
Bustreffpunkte für den 13.11.:
Berlin: 10 Uhr — Rosa Luxemburg Platz
Brandenburg: 11 Uhr – Bhf. Königs Wusterhausen
Tickets gibts für 3 Euro bei Schwarze Risse (Gneisenaustr. 2a, Kreuzberg // Kastanienallee 84, Prenzlauerberg)
Infos
12.11. 19 Uhr Mehringhof (Gneisenaustr. 2a)
Veranstaltung und Vollversammlung
Infotelefon: 0178 / 864 23 23