Nedlitz — Dicht an dicht sitzen die Bewohner des Obdachlosenheims am Dienstagnachmittag bei der alljährlichen Weihnachtsfeier. Zum ersten Mal findet sie in dem neuen Bau am Lerchensteig 55 statt, in den die Bewohner zum 1. Oktober umgezogen sind. Bis dahin haben sie nebenan in flachen Barackenhäusern gewohnt, die nun zum Asylbewerberheim gehören. Eine Popband spielt Beatles-Lieder, es gibt Kaffee, Plätzchen und Stollen. Draußen wird gegrillt. Sponsoren und Potsdamer Politiker stehen in den Gängen. Die Stimmung ist gut.
Heimleiterin Christa Zinnecker nennt die Weihnachtsfeier lieber „Jahresabschluss-Party”. „Ein Hoffnungsschimmer” überschreibt sie die aktuelle Lage am Lerchensteig. 85 Bewohner leben dort, fast alle in Einzelzimmern. Das sind ungefähr so viele wie in den letzten Jahren. 2005 ist für junge Obdachlose ein Projekt geplant, berichtet sie. Sie sollen in einer betreuten Wohngemeinschaft in der Stadt untergebracht werden.
Für die älteren Bewohner am Lerchensteig gilt weiterhin, sie zu einem möglichst normalen Leben zu motivieren, erklärt Zinnecker. Sie sollen wieder Verantwortung übernehmen, lernen mit Geld umzugehen und ihre privaten Sorgen in den Griff zu bekommen. Jeder Bewohner wird individuell beraten, soziale Kontakte zu Bekannten und Freunden außerhalb des Heimes werden gefördert.
Mit dem neuen Haus sei auch ein neues Klima in das Wohnheim eingezogen, berichtet die Heimleiterin. Ein Gemeinschaftsgefühl habe sich entwickelt. Alle sorgen mit dafür, dass das Gebäude sauber und ordentlich bleibt. Von wöchentlich wechselnden Reinigungsteams wird das Haus auf Vordermann gebracht, es gibt Hausversammlungen, bei denen Regeln für das gemeinsame Wohnen besprochen werden. Beides hat es in dem Heim vorher nie gegeben. „Und es klappt”, sagt Zinnecker.
Die Einzelzimmer sind ein großer Fortschritt, meint die Heimleiterin. „Sie kommen den Bedürfnissen der Bewohner sehr entgegen.” Die Stimmung sei viel entspannter. Aggressionen und Konflikten würden einfacher gelöst. Das soziale Miteinander lebe auf. Die Obdachlosen besuchen sich in ihren Zimmern, sitzen zusammen, gucken gemeinsam Fernsehen. Auch Weihnachten werden viele mit Bekannten aus dem Heim verbringen. Nur wenige Frauen und Männer sind zu Feiern in der Stadt und dem Umland eingeladen.