im folgenden ein text von indymedia.de
Wie eine Presseerklärung ein wenig Spannung in den Bernauer Bundestagswahlkampf brachte.
Beginnen wir mit der Vorgeschichte. Wie in vielen anderen Städten und Dörfern fielen hunderte Wahlplakate der Schill-Partei und der NPD unbekannten Plakatedieben zum Opfer. Das führte zur Anzeigen und Ermittlungsverfahren wegen Diebstahl und Sachbeschädigung. Die Schill-Partei setzte dabei ihre Propaganda für die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes in die Tat um. Sie observierte heimlich ein Wahlplakat in der Goethestrasse mit Hilfe einer Videokamera. Ein Videoband auf dem zwei Plakatediebe in Aktion zu sehen sein sollen, führte dann zu einer Hausdurchsuchung bei einem der angeblich Betroffenen. Diese blieb aber Ergebnislos.
Am selben Tag kam dann der Herr Schill höchst persönlich nach Bernau für eine Wahlkampfkundgebung. Die endete in einem totalen Desaster für die Partei. Dabei kam es zu einigen unverhältnissmässigen Festnahmen, eine Person wurde sogar vorher zu Hause festgenommen und in Vorbeugegewahrsam gesteckt.
In den Gästebüchern der Internetseiten der Brandenburger Schill-Partei www.schillbrandenburg.de (GB inzwischen zensiert) und www.wesslau.de (GB existiert inzwischen nicht mehr) tauchten zahlreiche kritische Beiträge auf. Der Beitrag “Nazis Raus!” führte zu einer Anzeige wegen Verleumdung. Daraufhin lud die Polizei mehrere Menschen als Beschuldigte vor, die ihre Personalien bei einer Protestaktion vor einer Veranstaltung der Schill-Partei abgeben musste. Ob diese Vorgehen rechtmässig war, wird auf jeden Fall den Brandenburger Datenschutzbeauftragten beschäftigen.
Doch nun zur besagten Presseerklärung. In dieser kündigten “Bernauer Bürger und Bürgerinnen” an, am Donnerstag den 12. September um 17 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz zu erscheinen und dort die Plakate der NPD und der Schill-Partei zu entfernen. Obwohl die regionale Presse diese Erklärung verschwieg, erreichten Mundpropaganda und Internet doch eine schnelle Verbreitung der Informationen. Die Polizei ermittelte wegen “Aufruf zur Straftat” und die NPD stellte Strafanträge gegen die bisher unbekannten Autoren und Indymedia auf dessen Internetseite die Presseerklärung zu lesen ist.
Am Donnerstag-Vormittag durchsuchte die Polizei dann den Bernauer Jugendtreff “DOSTO”. Da auch auf den Seiten des DOSTO (www.dosto.de) die Presseerklärung zu lesen ist, wird hier wegen “Aufruf zur Straftat” ermittelt. Ein Rechner und zahlreiche CDs wurden beschlagnahmt. Am Nachmittag besetzten dann über hundert Polizisten teilweise in Kampfmontur den Bahnhofsvorplatz. Trotzdem erschienen etwa 75 Bernauer und Bernauerinnen mit einer grossen Holzleiter um die Plakate zu entfernen. Die Polizei konnte das zwar verhindern, es wurden aber trotzdem zahlreiche Flugblätter verteilt. Ausserdem wurden auf dem Hin- und auf Rückweg einige Wahlplakate von NPD und Schill-Partei entfernt. Die Polizei sprach reichlich Platzverweise aus und nahm ca. 15 Menschen in Gewahrsam. Während die meisten nach kurzer Zeit wieder entlassen wurden, blieb eine Person bis 1.30 Uhr in der Nacht im Vorbeugegewahrsam, da sie bereits mit einem zerrissenen Wahlplakat der Schill-Partei auf dem Bahnhofsvorplatz erschien.
Zu erwähnen ist noch, das die Nazis des “Nationalen Widerstandes Berlin-Brandenburg” zur Verteidigung der Wahlplakate aufgerufen hatten. Obwohl zahlreiche Kameradschaften angekündigt wurden (Autonome Nationalisten Berlin, Märkischer Heimatschutz, Kam. Mitte, Kam. Pankow und Kam. Prenzlauer Berg), erschienen dann doch nur etwa 10 Nazis, unter ihnen die Bernauer NPD-Kader XXXXXXX und Ricardo G., die sich unter Polizeischutz ungestört auf dem Platz bewegen konnten.
Insgesamt ist die Aktion positiv zu bewerten, weil es gelang, die Auseinandersetzung um die Wahlplakate rechter Parteien in die Öffentlichkeit zu bringen. Das ist aber nicht als Plädoyer gegen nächtliche Aktionen zu begreifen, sondern als sinnvolle Ergänzung.