An das
Ministerium des Innern
Verfassungsschutzbehörde
H.-v.-Tresckow-Straße 9–13
14467 Potsdam
Hinweis aus der Bevölkerung zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen in der brandenburgischen CDU
Sehr geehrte Damen und Herren,
in den letzten Jahren geriet unsere Initiative immer wieder mit Ihrer Behörde in Streit darüber, ob denn der Verfassungsschutz in Brandenburg nicht überflüssig sei.
Durch die Speicherung ordnungsgemäß angemeldeter und durchgeführter Demonstrationen als verfassungsfeindliche Bestrebung, die grundlose und peinliche Warnung vor Attacken wildgewordener Hausbesetzer auf die Blumenbeete der BUGA und eine allgemeine Überschätzung linksradikaler Strukturen entstand bei uns mitunter der Eindruck, der brandenburgische Verfassungsschutz wäre zur Sicherung der Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter/innen angesichts mangelnder Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung dazu übergegangen, verfassungsfeindliche Strukturen in der rechten Szene finanziell zu unterstützen und sich angesichts der angespannten Haushaltslage in der linken Szene mit weniger ergiebigen Taten zu begnügen.
Wir freuen uns, Ihr Augenmerk nunmehr auf tatsächlich verfassungsfeindliche Bestrebungen lenken zu können und damit einen sinnstiftenden Beitrag zur Legitimation der Verfassungsschutzbehörde leisten zu können.
Unterstützung eines Angriffskrieges durch Jörg Schönbohm
In der Ausgabe 05/2003 des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ äußerte sich Jörg Schönbohm in einem Interview wie folgt:
Schönbohm .… Wenn Saddam nicht mit den Vereinten Nationen kooperiert, muss er mit Konsequenzen rechnen, dazu gehört auch sein Sturz.
SPIEGEL: Soll sich Deutschland daran militärisch beteiligen?
Schönbohm: Unsere Mittel sind durch die vielen Auslandseinsätze der Bundeswehr ziemlich erschöpft. Aber wenn wir noch logistische Kapazitäten haben, könnten wir sie anbieten. …
SPIEGEL: Sie glauben an den “gerechten Krieg”?
Schönbohm: Nein, aber wenn es sich um Notwehr handelt, ist ein Präventivschlag gerechtfertigt.
Weder das Völkerrecht, noch das Grundgesetz legitimieren einen Präventivkrieg. Die Grundsätze von Notwehr oder Nothilfe, die sinngemäß auch im Völkerrecht gelten, sind nur auf Verteidigungsfälle anzuwenden. Schon begrifflich ist der präventive, also vorbeugende Krieg und die Notwehr, also die erforderliche Gegenwehr zur Abwehr eines gegenwärtigen Angriffes unvereinbar. Präventivkriege sind also rechtlich völkerrechtswidrige Angriffskriege. Ihre Unterstützung verstößt gegen Art. 26 GG und ist gem. § 80 StGB strafbar. Daher ist die Forderung nach Unterstützung des Krieges gegen den Irak, trotz entgegenstehender Rechtslage und des Verbotes des Grundgesetzes den Verdacht einer verfassungsfeindlichen Bestrebung Herrn Schönbohms dar.
Forderung nach Einführung der Folter durch Sven Petke u. Jörg Schönbohm
Sven Petke
Am 26.02.03 heißt es in den PNN auf Seite 1 unter der Überschrift „Petke für härtere Gangart bei Polizeiverhören”:
„Wenn es um die Rettung von Menschenleben geht, muß die Androhung von körperlicher Gewalt möglich sein“ sagte Petke vor dem Hintergrund der bundesweiten Folterdebatte. .… Petke widersprach Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg, der bei Gewaltandrohungen in Polizeiverhören … die „Grundlage unseres Staates in Frage gestellt“ sieht.
Jörg Schönbohm
Ebenfalls am 26.02.03 berichtet Spiegel-Online:
Nun schaltete sich Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm in die Debatte ein und brachte eine ganz neue Idee auf den Tisch. Man müsse über Folter in Polizeiverhören nachdenken, wenn durch Terroristen eine Gefahr für eine Vielzahl von Menschen drohe, sagte Schönbohm am Montagabend in der “Phoenix”-Sendung “Unter den Linden”. Der Moderator hatte den Minister gefragt, ob man sich Strafmaßnahmen wie im Fall von Metzler auch für potentielle Terroristen überlegen müsse. Wörtlich sagte der Minister: “Diese Frage kann ich nicht mit Ja oder Nein beantworten. Ich kann mir vorstellen, wenn eine unmittelbare Gefahr für Tausende bevor steht, dass man über solche Maßnahmen nachdenkt.”
Die Abschaffung der Folter ist wesentlicher Bestandteil der bundesrepublikanischenn Rechtsordnung. Das ergibt sich sowohl aus dem strafprozessualen Verwertungsverbot (§ 136 a StPO verbotene Vernehmungsmethoden) für Beweismittel, die durch Folter oder Drohung mit Folter gewonnen wurden, als auch aus dem im Artikel 16 a des Grundgesetzes verankerten Verbot der Abschiebung in Länder, in denen die Folter droht. Folgerichtig ist die Bundesrepublik auch der UN-Antifolterkonvention beigetreten. Die Folter verstößt gegen Art. 1 des GG, der die Unantastbarkeit der Menschenwürde garantiert. Artikel 1 gehört nicht nur zu den Grundrechten, sondern ist als Kernbereich des Grundgesetzes von der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 III GG geschützt.
Die Forderung nach Anwendung der Folter ist daher nicht einmal durch eine Änderung des Grundgesetzes ohne gewaltsame Änderung oder Ausschaltung der Rechtsordnung durchzusetzen. Daher stellen die Äußerungen Herrn Petkes und Herrn Schönbohms schon für sich genommen verfassungsfeindliche Bestrebungen dar.
Gesicherte Hinweise, daß CDU-Mitglieder z.B. in der Türkei, Afghanistan oder Südamerika Folterlehrgänge besucht haben, liegen uns derzeit noch nicht vor.
Da die beiden genannten Personen sich häufig in der Tresckow-Straße 9–13 aufhalten, ist die Beobachtung auch mit einem relativ geringen Aufwand durchzuführen.
Dabei wünschen wir Ihnen gute Unterhaltung und viel Erfolg. Bedenkt man, daß die Äußerungen, auf die wir in diesem Schreiben hingewiesen haben, öffentlich gemacht wurden, kann man sich lebhaft vorstellen, was Herr Petke und Herr Schönbohm erst von sich geben, wenn sie unter sich sind.
Wir hoffen, mit unserem Hinweis aus der Bevölkerung dazu beigetragen zu haben, Ihren Überwachungseifer in verfassungskonforme Bahnen zu lenken.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Netzler,