Fünf Tage nach dem brutalen Überfall auf einen 16-jährigen Hipphopper konnte dieser das Krankenhaus wieder verlassen. Nahrung kann er in der nächsten Zeit nur schlurfend oder per Strohhalm zu sich nehmen.
Am Sonntag hatte er Freunden gegenüber, die ihm am Krankenbett besuchten, die Tat geschildert. Demnach war er mit dem Rad auf dem Heimweg gewesen als er Rufe hörte. Er glaubte die Stimme eines Freundes zu erkennen und wartete auf die Heraneilenden. Ohne ein weiteres Wort war er vom Fahrrad gezogen und auf den Boden geschleudert worden. Sein Kopf schlug gegen die Bordsteinkante. Dann kam schon der Tritt, und er war ohnmächtig geworden.
Der Tritt brachte ihm einen Splitterbruch des Kiefers ein und langwierige Behandlungen werden notwendig sein, um sein Gesicht wieder vernünftig zu gestalten. Er selbst glaubt, dass es nie wieder richtig zusammenheilen wird. Bis gestern ging er davon aus, dass er von einem Linken zusammengetreten worden ist. Was ihn zu dieser Vermutung veranlasste, ist im Moment nicht zu klären.
Der 19 Jahre alte Tatverdächtige, der am Montag nach seiner Flucht festgenommen worden war, und der nun in Untersuchungshaft sitzt, war mit seinem Bruder und einer Freundin aus Milmersdorf nach Templin gekommen. An diesem Abend sollen sie schon einen anderen Mann am Wickel gehabt haben, der sich aber als zugehörig zur rechten Szene erwies und deshalb dann doch in Ruhe gelassen wurde. Welche Rolle die anderen Frauen spielten, die mit auf dem Aldi-Parkplatz standen, ist noch ungeklärt.
In Milmersdorf gehören der vermeintliche Täter und seine Begleitung zur rechten Szene. Beide Brüder A. gelten bei der Polizei als äußerst gewaltbereit und skrupellos. Für die Neuruppiner Staatsanwaltschaft ist diese Tat am „Rande eines versuchten Tötungsdelikts“ einzuordnen.
Harald Löschke, der Dienststellenleiter der Templiner Polizei, stellt den Beschuldigten auf eine Stufe mit dem Potzlow-Täter Sebastian F., der gerade vor einer Woche wegen zweier Gewaltdelikte und dem Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu Haftstrafen von insgesamt zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt worden war. Er spricht hier ebenfalls von einer „tickenden Zeitbombe“.
Solche klaren Einschätzungen aus dem Munde des Templiner Polizeichefs lassen es immer erstaunlicher klingen, wenn der Templiner Bürgermeister Ulrich Schoeneich behauptet, dass er von der Polizei über die Umtriebe der Rechtsradikalen in der Stadt völlig im Unklaren gelassen worden ist.